Montag, 10. Dezember 2012

Steinbrücks Rede überzeugte

Eindreiviertel Stunde sprach der Herausforderer Merkels vor seinen Genossen.
Seine Taktik nach der unangenehmen Geschichte über die vielen überhöhten Honorarentschädigungen:
Steinbrück wählte die Taktik des Angriffes. Nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung.

- Er schwörte die Genossen ein

- Für ihn kommt nur eine Koalition ROT/GRUEN in Frage

- Er bittet um einen Schlussstrich

- Er wehrt sich gegen alle Vorwürfe

- Er kämpft für mehr Gerechtigkeit  (Dachbotschaft)

- Er fordert Angela Merkel heraus und greift sie an

- Er gibt sich transparent

Steinbrück versteht es, beim Auftritt viele  bewährte  rhetorischen Register zu ziehen.


BILD hat Hintergrundinfos:



SPD IM PEER-RAUSCH



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Foto: 

CDU-Bundesparteitag ebenfalls in Hannover erhalten hatte.
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Mit 93,45 Prozent Steinbrück wird offiziell Kanzlerkandidat


Kandidat Steinbrück weiß auch in seiner eigenen Partei nicht selten zu polarisieren und zu provozieren, sein Spruch von den „Heulsusen“ in der Partei ist legendär.
So macht man sich nicht nur Freunde.

Doch heute eroberte Steinbrück seine Genossen im Sturm.

Er begann seine Rede um 12:57 Uhr und legte dann über fast zwei Stunden hinweg bis 14:45 Uhr einen fulminanten Auftritt hin, der die SPD-Genossen zu einem gewaltigen Jubelsturm animierte. Fast elf Minuten Standing Ovations, drei Minuten länger als für Merkel auf dem CDU-Parteitag.
Selbst Steinbrücks eigentlicher Erzgegner Ralf Stegner aus Schleswig-Holstein vom linken Parteiflügel war hin und weg. „Eine klasse Rede“, schwärmte Stegner und legte noch drauf: „Das war eine Kanzlerrede.“ Johannes Kahrs, Chef des konservativen Seeheimer Kreises, sagte BILD.de zur Rede: „Traumschön. Er ist der beste Mann. Kann Kanzler. Wird Kanzler."

GENOSSEN IN EUPHORIE
Grund für die flügelübergreifende Begeisterung hatte Steinbrück mit einer Rede geliefert, die ihn einmal mehr als begnadeten Rhetoriker zeigte.

Mal bissiger Ironiker, mal kundiger Ökonom, mal giftiger Merkel-Kritiker, vor allem aber Sozialdemokrat mit messerscharfem Verstand und – erstaunlich selbst für viele Delegierte– diesmal auch mit bemerkenswert viel Gefühl für die komplizierte Seele der Sozialdemokratie.

„Immer dann, wenn Sozialdemokraten regiert haben, ging es diesem Land besser als zuvor“, hatte Steinbrück begonnen, den Stolz der Sozialdemokraten auf ihre Leistungen und Traditionen angesprochen.
In raschem Ritt eilte der Kandidat durch die SPD-Geschichte – von der Kaiserzeit, über die Verfolgung in der Nazi-Zeit, über Willy Brandt , Helmut Schmidt bis Gerhard Schröder.
Dann das glasklare Bekenntnis: „Ja, ich bin stolz, ein deutscher Sozialdemokrat zu sein.“
Das Eis war gebrochen. Die Genossen jubelten. Und noch einmal brandete der Beifall auf, als Steinbrück Helmut Schmidt begrüßte, dessen Kopf auf den zwei riesigen Videowänden im Saal erschien, während er sich eine Zigarette anzündete.

Vorher hatte Steinbrück Schmidt gerühmt und witzelnd angefügt: „Und deshalb darf er auch im Fernsehen rauchen.“

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Foto: Reuters

Mit solchen kurzen, witzigen Einwürfen lockerte Steinbrück seine Rede öfter auf. Hohe Kunst des Rhetorikers.
Steinbrück hielt aber vor allem eine bemerkenswert inhaltsreiche Rede, in der er ganz in der Art einer Regierungserklärung einen ganz weiten thematischen Bogen schlug und jedes Thema sehr präzise aus der sozialdemokratischen Programmatik herleitete und auch nicht mit Attacken auf Schwarz-Gelb sparte.

„Wir lassen uns von Frau Merkel auch nicht die Rendite der Reformpolitik der Regierung Schröder stehlen, die vielen ausländischen Beobachtern Deutschland heute wie ein Märchenpark erscheinen lässt.“
Es sei im Land etwas aus dem Lot geraten. Deutsche Politik müsse wieder von Haltung und Werten bestimmt sein. Es gebe eine Sehnsucht „nach mehr Gerechtigkeit, Maß und Mitte“.
Steibrücks Credo:

 „Deutschland braucht wieder mehr Wir und weniger Ich.“

Steinbrücks Fettnäpfchen


Peer Steinbrück: Hier hilft BILD Ihnen aus den Fettnäpfchen

SPD-Kanzlerkandidat BILD hilft Steinbrück aus den Fettnäpfchen

Steinbrück geht bisweilen sehr ins Grundsätzliche, was in der Programmpartei SPD stets gut ankommt.
Er betet fast den gesamten sozialdemokratischen Programm-Katalog herunter, der auch das Herz linker Genossen erwärmt: Mindestlohn, faire Löhne in Tarifbindung, Zwei-Klassensystem im Gesundheitswesen beseitigen, Ausbau von Ganztags-Kitas statt Betreuungsgeld, kein Pardon mit Steuersündern.

Da kam gewaltig Stimmung auf im Saal.

Die jetzige Merkel-Regierung nennt er rückwärtsgewandt: „Diese Koalition bestraft Frauen.“
Steinbrück will ins Kanzleramt eine Staatsministerin für Gleichstellung von Mann und Frau berufen.
.Fazit: Steinbrück hat mit einer grandiosen Rede die SPD von seiner Kandidatur überzeugt und das Selbstbewusstsein der SPD zweifellos gestärkt. Der Neustart ist gelungen. Bleibt er jetzt pannenfrei, kann Steinbrück für Merkel ein echter Angstgegner werden, den sie 2013 sehr fürchten muss.


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