Dienstag, 31. Dezember 2013

Der verunfallte Michael Schuhmacher und die Medien (Teil 2)

Wie die Aerzte  mit den Medien umgehen

(Fortsetzungsgeschichte meiner letzten Analyse am 30. Dezember/

Nun vom 31. Dezember - am Silvester)

Es gibt Leser, die ärgern sich enorm, dass bei einem Autorennfahrer alle Medien so detailliert über seinen Gesundheitszustand berichten und ein Heer von Journalisten den Spital belagern, in dem Michael Schuhmacher mit dem Tod kämpft.
Leider ist und bleibt es so, dass der Tod eines normal-sterblichen Unfallopfers kaum beachtet wird, hingegen der Unfall einer prominente Persönlichkeit für die Medien eine  Geschichte ist, die sich gut verkaufen lässt. Dann kommt noch der gekannte Sogeffekt dazu. Wenn sich wichtige Medien für etwas interessieren, sind alle andern Fernseh-, Radiostationen und Verlage gleichsam gezwungen, als Trittbrettfahrer mitzumachen.
So ist es nicht verwunderlich, dass bei so einem Fall die Medienkonferenz der Aerzte im Spital von einem Tross von Journalisten begleitet wird.




Nachdem wir in der ersten Analyse gesehen haben, dass die Informationspraxis im Spital bis jetzt recht professionell gehandhabt worden war und  bislang nur Sachverhalten und Fakten preisgegeben wurden - ohne auf Mutmassungen und Hypothesen einzugehen, betrachten wir heute die Fortsetzungsgeschichte:


Am Silvester (31. Dezember 2013) war es wiederum erfreulich, festzustellen, dass nicht die Aerzte vor Ort - sondern vor allem aussenstehende Experten und Spezialisten - Mutmassungen ausgesprochen haben. Beispielsweise: "Kein Schädeltrauma bleibt ohne Folgen."


Das Spital  schilderte dafür  erneut meist nur  Fakten.
Die Krisenkommunikationspraxis der Grenobler Klinik darf  weitgehend als richtig bezeichnet werden.


ES GIBT JEDOCH VORBEHALTE:


In Details lehnen sie sich leider etwas zu weit  zum Fenster hinaus.
Es besteht die Gefahr, dass sie später irgendwann zurückrudern müssen, dann aber mit zu viel Erklärungsaufwand.
(Warum wird eine 2. Op gemacht, wenn's dem Patienten besser geht?
Sprechen die Aerzte von einer Operation, müssten sie auch dazu etwas sagen: Was wurde genau getan? Sonst gibt dies Futter für Spekulationen ..)

Die Medien berichten aus meiner Sicht ziemlich unterschiedlich.
Ich vermute, die Grenobler hatten ihnen so manches Hölzchen zugeworfen, das sich nachher auf unterschiedliche Art verarbeiten lässt.

Eines gefällt  gar nicht:


Das Behandlungsteam dürfte auf keinem Fall auf Betrachtungen über das Unfallgeschehen eingehen! Das ist Sache der Polizei, allenfalls der Rechtsmedizin.
Auch noch so gut gemeinte Aussagen wie "Helm zerbrochen", sie sind ohnehin nutzlos. soche Zusatzbemerkungen gehen oft schief.
Das wichtigste Signal für Aerzte muss sein: Es hat sie nie zu kümmern, warum jemand krank ist. Ein Arzt behandlelt  immer bestmöglich.
Ein Spital könnte  rasch in hässliche oder moralisierende
Diskussionen verwickelt werden.
(Lifestyle-bedingte Krankheiten, Alkohol, AIDS, gefährliche
Sportarten usw.)





Heute am Silvester wurde bekannt, dass der Skihelm Schuhmachers  beim Aufprall gespalten worden sei und das Opfer nochmals  operiert werden musste. Der Druck im Gehirn habe leicht reduziert werden können. Auf den linken Seite des Gehirns sei ein Hämatom entfernt worden, das man gemäss Computertomographie (CT) entdeckt habe. Die Körpertemperatur des Patienten sei auf 35 Grad gesenkt worden. So gesehen könne von einer leichte Besserung gesprochen werden. Auf Prognosen wurde von den Spitalärzten wiederum verzichtet: Man wage keines Prognose."Wir sprechen nicht über Spätschäden, sondern nur über die Behandlung!" Es wurde deutlich gesagt, dass Schuhmacher immer noch in Lebensgefahr schwebe und noch nicht über dem Berg sei. Auf den folgenden Tag wurde eine weitere Medienmitteilung angekündigt. 
Die Familie Schuhmachers dankte heute dem Aerzteteam für ihren unermüdlichen Einsatz und bat die Medien, die Persönlichkeitsrechte der Familienangehörigen zu respektieren.
Die Mediensprecherin ragte aber mit ihren Aussagen den Kopf recht weit aus dem Fenster. Sie kolportierte Geschichten, die NICHT ERHAERTET sind (VERMUTUNGEN, BEHAUPTUNGEN, ANNAHMEN). Ich empfehle der Pressesprecherin den Besuch eines Seminares "Informieren in Krisenkommunikationen- aber wie?".




Folgende Aussage zähle ich eindeutig zu einer schlechten KRISENKOMMUNIKATION. So erfahren wir :
  1. Michael Schumachers Pressesprecherin Sabine Kehm: „Es scheint wie folgt gewesen zu sein – und das sage ich mit aller Vorsicht und nachdem ich mit diversen Leuten gesprochen habe, die dabei waren: Michael war nicht allein und er war auch nicht nur mit seinem Sohn unterwegs sondern mit einer kleinen Gruppe an Freunden. Ich glaube – ich betone, ich glaube – dass Folgendes passiert ist: Michael fuhr mit der Gruppe auf normaler Piste. Dazwischen war ein Bereich mit Tiefschnee. Da fuhr Michael rein. Er war aber nicht schnell, weil er wohl einem Freund geholfen hat, der gestürzt war. Also fuhr Michael gerade wieder an, fuhr in den tiefen Schnee und ist dann wohl wie wir vermuten – auf den Felsen getroffen, als er eine Kurve fuhr. Michael war nicht allzu schnell unterwegs. Aber leider offenbar bei der Schwungauslösung – das nehmen wir an – hat er den Felsen getroffen und dann hat es ihn hochkatapultiert und er ist mit dem Kopf voran auf einen Felsen geschlagen. Das ist eine extreme Verkettung von extrem unglücklichen Umständen. Das ist ein großes, großes Unglück gewesen. Das ist nicht darauf zurückzuführen, dass er zu schnell war.“

    DIESE MUTMASSUNGEN UND HYPOTHESEN DER MANGERIN WURDEN  VON "BILD" UND DEN MEDIEN ALS NEUE ERKENNTISSE SOFORT UEBERNOMMEN.




  2. Journalist wollte in Schumis Zimmer

    Michael Schumachers Pressesprecherin Sabine Kehm sagte nach der Pressekonferenz, dass ein Journalist versucht habe, als Priester verkleidet in Schumis Krankenzimmer zu gelangen!

    Quelle TAGI:

    Journalist wollte als Priester verkleidet zu Schumacher schleichen

     

    Das Spital im französischen Grenoble wird von Journalisten aus zahlreichen Ländern belagert. Einige von ihnen halten sich nun offenbar nicht an die Anweisungen des Personals. Mehr...



    Solche Geschichten verstärken das negative Image von Journalisten.
    Folgende Berichterstattung vom heutigen Tag unter NEWS ORF finde ich recht glaubwürdig. Sie beschreibt die heutige Lage recht sachlich ohne Sensationslust. Doch werden in diesem Beitrag  die Vermutungen der Pressesprecherin bereits als Fakten "verkauft":


    „Etwas Zeit gewonnen“

    Der Gesundheitszustand des beim Skifahren schwer verunglückten ehemaligen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher hat sich leicht verbessert. Dennoch befindet sich der 44-Jährige weiterhin in einem kritischen Zustand.

    Die behandelnden Ärzte im Krankenhaus von Grenoble teilten am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit, dass bei dem 44-Jährigen in der Nacht eine weitere Operation durchgeführt wurde. Dabei sei es gelungen, ein Hämatom zu entfernen. Die Operation sei mit der Familie abgesprochen gewesen.

    „Wir haben etwas Zeit gewonnen“, sagte Jacqueline Hubert, die Leiterin der Klinik. Bei dem neuerlichen Eingriff war es nach Angaben des behandelnden Arztes Jean-Francois Payen gelungen, etwas Druck auf das Gehirn wegzunehmen. Allerdings sei es zu früh, die Intensität der Therapie zu verringern. Es ließen sich noch keine Prognosen über den weiteren Verlauf treffen. „Es liegt noch ein langer Weg vor ihm.“ Man habe jedenfalls wichtige Zeit gewonnen. Schumacher werde aber weiter im künstlichen Koma gehalten.

    Zahlreiche „diffuse“ Blutergüsse
    Montagnachmittag habe sich durch eine Verbesserung des Zustands die Möglichkeit aufgetan, Schumacher zu operieren. Eine Computertomografie sei durchgeführt worden, dabei wurde festgestellt, dass ein großer Bluterguss auf der linken Seite risikolos entfernt werden könne. Das sei bei der zweiten Operation - die erste fand unmittelbar nach der Einlieferung des früheren Formel-1-Stars statt -, die am Abend durchgeführt wurde, dann auch geschehen. Es gebe aber zahlreiche weitere „diffuse Blutergüsse“, diese befänden sich teilweise im Gehirn, und keiner von ihnen könne entfernt werden. Bereits bei der ersten Operation war Schumacher laut Angaben der Ärzte ein Teil der Schädeldecke entfernt worden, um den Druck auf das Gehirn zu verringern.

    „Müssen realistisch sein“
    Der Innendruck in Schumachers Schädel konnte durch den Eingriff gegen 22.00 Uhr gemindert werden. Dass Schumachers Zustand sich so entwickelt hatte, dass die Operation möglich wurde, hatte die Ärzte nach eigener Aussage selbst überrascht. Es hatte ein Überdruck im Schädel vorgelegen, der größte Besorgnis ausgelöst hatte, erklärte Payen. Auf Journalistenfragen machten die Ärzte klar, dass Schumachers Gesund
    heitszustand am Montag noch viel kritischer war als derzeit.

    „Wir müssen realistisch sein. Die ganze Familie ist sich im Klaren darüber, dass die Situation kritisch ist“, betonte Professor Gerard Saillant, der als Freund mit nach Grenoble gereist ist. „Wir sind etwas weniger besorgt als gestern“, meinte Saillant, „wir wollen diese Schlacht gewinnen.“ Er kennt Schumacher seit vielen Jahren und behandelte den siebenmaligen Weltmeister nach dessen schwerem Rennunfall 1999 in Silverstone. Neben Schumachers Frau Corinna und deren beiden Kindern befinden sich auch Bruder Ralf und Vater Rolf im Spital.

    Landkarte zeigt den Unfallort von Michael SchumacherAPA; ORF.at
    Schumacher wurde nach seinem Skiunfall in Meribel zuerst ins Spital nach Albertville gebracht und anschließend ins Krankenhaus nach Grenoble verlegt

    Keine Prognose möglich


    Eine Prognose könne man nicht abgeben, so die behandelnden Ärzte. Zurzeit werde alles unternommen, um den Druck im Gehirn nicht ansteigen zu lassen. „Es ist eine kritische Situation, keine stabile“, hieß es weiter. Im Augenblick könne man nicht mehr dazu sagen. Saillang appellierte - auch im Namen der Familie - an die Medien, das Ärzteteam in Ruhe arbeiten zu lassen. Sobald es Neuigkeiten gebe, werde man die Öffentlichkeit informieren. Ein als Priester verkleideter Journalist versuchte laut Schumachers Managerin, Sabine Kehm, zu Schumacher vorzudringen. Und das war offenbar nicht der einzige Versuch. Kehm verurteilte dies scharf.

    Zugleich betonten die Ärzte, dass Schumacher so behandelt werde wie jeder andere Hirntraumapatient auch - sowohl was das Verfahren angehe als auch den Aufwand. Die Ärzte betonten ausdrücklich, dass alle Patienten mit der gleichen Aufmerksamkeit behandelt würden wie Schumacher.
    Familie unter Schock
    Schumacher hatte sich bei dem Unfall am Sonntagvormittag in Meribel schwere Kopfverletzungen zugezogen. Schumacher wurde nach einer Notoperation in ein künstliches Koma versetzt. Die Familie des schwer verunglückten siebenfachen Weltmeisters steht unter Schock. „Der Familie geht es natürlich nicht sehr gut“, sagte Managerin Kehm Reportern in Grenoble. „Sie sind geschockt.“ Sowohl Gattin Corinna als auch die beiden Kinder sind seit Sonntag ebenfalls in dem ehemaligen Olympiaort.

    Piste, auf der Michael Schumacher verunfallteAPA/EPA/David Ebener
    Auf dieser Piste soll Schumacher verunglückt sein

    Vor Unfall Freund geholfen
    Unterdessen wurden am Dienstag erstmals offiziell Details des Unfallhergangs bekannt: Schumacher half demnach unmittelbar vor seinem schweren Skiunfall einem auf der Piste gestürzten Freund. Anschließend sei er in den Tiefschneebereich zwischen zwei Pisten gefahren, berichtete Kehm am Dienstag in Grenoble unter Hinweis auf Schilderungen von Begleitern. Dort sei Schumacher beim Ansatz zu einer Wende gegen einen Felsen gefahren und in die Luft geschleudert worden. Kopfüber sei er dann auf einen Felsen gestürzt, sagte Kehm vor Journalisten.

    Schumacher war demzufolge nicht mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs. Dennoch schlug sein Kopf offensichtlich heftig auf. Medienberichten zufolge zersprang dabei sein Helm. Eine Bestätigung dafür gab es in Grenoble aber nicht. Die Ärzte hatten am Montag betont, dass Schumacher ohne Helm „es wohl nicht bis ins Krankenhaus geschafft“ hätte, wie es der Leiter der Anästhesieabteilung, Payen, ausdrückte. Schumacher sei mit der rechten Seite aufgeprallt und nach dem Unfall verwirrt gewesen. 
     
Nachtrag: Laut Spätausgabe der Nachtausgabe Tagesschau SRF1 werden die Aerzte im Spital von Grenoble vorläufig nicht mehr informieren, bis sich etwas am Zustand des Patienten verändert habe. Die vielen Journalisten wären eine zu grosse Belastung.

Aus 20 Min:

Spital verbannt alle Journalisten

Michael Schumachers (44) Zustand sei weiterhin kritisch, aber stabil. Das Krankenhaus hat derweil sämtliche Journalisten vom Gelände weggeschickt.





Das Krankenhaus in Grenoble, in dem Michael Schumacher im Koma liegt,
wird von zahlreichen Journalisten aus der ganzen Welt belagert. Weil sie die angeblich Arbeit behinderten wurden sie am 2. Januar vom Gelände verbannt.

Der Universitätsspital Innsbruck hatte dazumal bei Dani Albrecht (Der Schweizer Spitzensportler lag dort auch in einem künstlichen Koma) trotz zusätzlicher Belastung dennoch laufend Medienmitteilung  - über den IST-Zustand des Patienten - herausgegeben. Grenoble hätte nach meinem Dafürhalten die Information nicht vorübergehend aussetzen sollen. Denn:Wenn das Spital nicht weiter proaktiv informiert, suchen sich die Medien  andere Quellen.  

    Als das Inselspital in Bern dann bei Dani Albrecht nicht mehr informierte (man hatte früher mit einem Fotographen Probleme gehabt), beschafften sich die Journalisten die Informationen bei Albrechts Bruder und beim Chef Swiss Ski. 
    Auch in Grenoble beschaffen sich  nach dem Aussetzen der News die Journalisten ihre Informationen anderweitig. Diese Stellen sind aber meist nicht unabhängig. Wie beispielsweise  Schuhmachers Managerin, die gerne den Informationspart übernahm.


    Dass eine persönliche Managerin  nicht völlig neutral informieren kann, liegt auf der Hand. Ihre Aussagen könnten gefärbt sein. Die Medien wollen aber immer "Futter" und nehmen gerne Mutmassungen und Hypothesen entgegen.
    Die Medien holten sich am 2. Januar Informationen beim Pistendienst:
    Wir lesen in 20 min: «Unsere Bergretter fanden Michael Schumacher halb sitzend, halb liegend. Er wedelte aufgeregt mit den Armen», sagte Pistendirektor Olivier Simonin dem französischen Onlineportal «ledauphine». 

    FAZIT: Es ist verständlich, dass so viele Journalisten den Betrieb einer Universitätsklinik belasten. Dennoch müssten die Aerzte  die Kommunikation SELBST mit einem Kernteam managen und jeden Tage eine Medienmitteilung herausgeben.
    Nur so übernehmen sie und nicht fragwürdige Interessenverteter den LEAD der Krisenkommunikation.



     











      Sabine Kehm vorm Universitätsklinikum in Grenoble
    Sabine Kehm (Managerin von Michael Schuhmacher)
    vor dem Universitätsklinikum in Grenoble informiert die Presse.
     
    Ihre BOTSCHAFT am Neujahrstag:
     
    ZUSTAND STABIL
    WEDER EINE VERSCHLECHTERUNG NOCH EINE VERBESSERUNG!
    ES BESTEHT IMMER NOCH LEBENSGEFAHR.  

    Am 2. Januar 2014 werden im BILD bereits die MUTMASSUNGEN der Managerin Schuhmachers als WAHRHEIT verkauft. Beispielsweise, dass sich die Bindung des Verunfallten nicht gelöst hätten.
    In Krisensituationen dürfen nie ungeprüfte Informationen als FAKTEN"verkauft" werden!











    Wiederum zeigt sich, wie gefährlich ungesicherte Informationen sein können. Wir erkennen kurz nach den MUTMASSUNGEN der Schuhmacher Managerin, dass ihre beschönigenden Aussagen leider nicht mit den  Tatsachen der Polizeiakte  übereinstimmen.
    Die Mangerin behauptete jüngst vor allen Medien, Michael Schuhmacher sei nicht schnell gefahren (und gab dies als neue WAHRHEIT aus). Doch erhärten nun  die Polizeiakten, dass der Verunfallte doch  schnell gefahren ist.

      



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    Geistlauf


    Bildquellen: Ralf R. Strupat

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    Ihr Marcus Knill (k-k@bluwin.ch)