Dienstag, 21. Juni 2011

Assad tötet laufend Menschen seines Volkes und die ganze Welt schaut tatenlos zu
Bei Hussein waren sich alle einig: Die Staaten dürfen  es nicht zulassen, dass ein Machthaber sein eigenes Volk umbringt. Es wurde gehandelt. Seit Wochen sogar Monaten spielt sich in Syrien eine noch schlimmere Tragödie ab und niemand handelt. Der UNO  - Sicherheitsrat schaut lediglich zu. Weshalb? Ulrich Tilgner hat darauf Antworten.

 Ich zitiere Blick:

Heute Mittag wandte sich der syrische Präsident Assad in Damaskus an sein Volk – zum dritten Mal seit Ausbruch der Unruhen.

Im Vorfeld war von Verfassungsänderungen die Rede gewesen. Doch derlei Hoffnungen zerschlugen sich während Assads Rede. Politischen Reformen unter dem Druck von «Sabotage und Chaos» kämen nicht in Frage, sagte er.

Die Regimegegner seien Extremisten mit modernen Waffen und Kommunikationsgeräten. Das Vorgehen der Armee – in den letzten drei Monaten sollen fast 1500 Menschen getötet worden sein – legitimierte er damit, dass die Krise im Land von «Saboteuren» angezettelt worden sei.

Assads Rede war eine Abfuhr an die Oppositionsbewegung. Damit ist auch kein Ende Gewalt in Sicht. Wie wird es in Syrien mittelfristig weitergehen?

Dazu der Nahostexperten und Korrespondenten Ulrich Tilgner:

Blick:  Herr Tilgner, was passiert derzeit in Syrien?
 
Ulrich Tilgner: Präsident Assad tut so, als ob er irgendwann Reformen durchziehen wolle. Gleichzeitig schlägt er jeden Widerstand nieder. An der syrischen Grenze zum Libanon und zur Türkei herrscht faktisch Krieg – ein hausgemachtes Problem von Assad, der alle Reformansätze niederschlägt.

Der Westen geht gegen Gaddafi in Libyen vor. Wieso unternimmt er in Syrien nichts gegen Assad?

Jede machtpolitische Änderung in Syrien geht mit einem grossen Unsicherheitsfaktor einher. Es besteht zum Beispiel die Angst, dass bei einem Sturz Assads der Waffenstillstand an der syrisch-israelischen Grenze gefährdet sein könne. Im Gegensatz zu Gaddafis Libyen, das isoliert ist, hat Syrien in der Region Unterstützung, nicht zuletzt durch die Hisbollah und den Iran. Und: Ein Teil der Bevölkerung beteiligt sich nicht an den Unruhen. Im Gegensatz zu Libyen, wo die gesamte Bevölkerung sich Mitte Februar gegen den Diktator erhoben hat.


Assad galt lange als Lieblingskind des Westens. Auch Gaddafi hat man umgarnt. Viele Menschen sind von dieser Politik der «Schurken-Verhätschelung» angewidert. Können Sie das verstehen?

Natürlich. Der Westen unterstützt korrupte Regimes, aber kaum demokratische Kräfte. Da wird mit zweierlei Mass gemessen. Allein das Beispiel Saudi Arabien, wo Frauen nicht einmal Auto fahren dürfen! Doch die westliche Politik im Orient ist vor allem von innenpolitischen Aspekten geprägt – Stichworte: Öllieferungen und Waffenverkäufe. Immerhin: Barack Obama hat Änderungen angekündigt, auch wenn nur kleine Taten folgen.

Wie wird es in Syrien weiter gehen?

Assad wird sich wohl durchsetzen. Das ist bereits seinem Vater gelungen, trotz tausender Toten. Die radikale Opposition wird liquidiert, die breite Bevölkerung mit Pseudo-Reformen ruhig gestellt. So wird sich Assad an der Macht halten können.