Donnerstag, 24. Oktober 2013
Sturm der Entrüstung
Merkel zur Handy-Affäre: "Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht"
Notiert von marcus knill um 17:39
Familieninitiative: Weshalb diese unerwartete Akzeptanz?
Konservative Werte sind angeblich wieder gefragt.
Francois Höpflinger, Titularprofessor für Soziologie an der Universität Zürich, begründet im Tagi vom 23. Oktober, weshalb die Familieninitiative bei allen Parteien einen so regen Zuspruch findet:
Für ihn erfahren derzeit Kleinfamilien und Mutterschaft eine Renaissance.
Moderne Menschen setzen wieder vermehrt auf konservative Werte.
In den letzten Jahren hat eine bemerkenswerte Traditionalisierung stattgefunden.
In vielen Haushalten ist es wieder in, eigene Konfitüren zu machen.
Es hat sich auch über die Medien gleichsam eine Vergangenheistsindustrie gebildet.
Brauchtümer werde nicht mehr belächelt. Sie sind sogar in.
Vor allem erkennen wir immer mehr selbstbewusste Mütter, die sich bewusst dafür entscheiden, die ersten Jahre des eigenen Kindes voll und ganz mit zu erleben. Für sie ist die Mutterschaft kein Hindernis mehr hinsichtlich Berufschancen.
Auch die Väter sind selbstbewusster geworden und kümmern sich viel intensiver mit den Kindern - jedoch eher an den Wochenenden.
In unserer schnelllebigen, unsicherer Zeit ist die Familie eine Art Insel geworden, eine emotionale Gemeinschaft. Man sucht gegenseitige Unterstützung und Geborgenheit.
Die Selbstverwirklichung und Individualisierung hat den Höhepunkt in den letzten Jahren überschritten. Der Wunsch nach Gemeinschaft ist heute viel grösser geworden (Tauschbörsen, Nachbarschaftshilfe usw.)
Es ist zwar immer von Stress und Ueberforderung die Rede. Jede dritte Person klagt darüber, vor allem über Stress am Arbeitsplatz.
Es gibt tatsächlich den Familien- und Freizeitstress, weil es nicht einfach ist, die eigenen Ansprüche mit denjenigen des Partners in Einklang zu bringen.
Die heikelste Phase ihres Lebens haben Eltern ist die Zeit mit den kleinen Kindern.
Denn: Zu allen Herausforderungen im Job kommt noch die Erziehung der Kinder dazu.
Die Eltern merken bald, dass Ihr Einfluss auf die Kinder schrumpft. Die Kinder werden durch Medien Schule und Gleichaltrige enorm beeinfluss..
Viele Eltern versuchen diese Entwicklung aufzufangen, indem sie sich auf Bewährtes, auf Traditionen stützen. Sie organisieren sich so, damit sie möglichst viel Zeit mit ihren Kindern verbringen können.
In den 90er Jahren verzichteten viele gut ausgebildeten Eltern häufig auf Kinder. Das hat sich heute geändert. Eltern haben mehr Betreuungsmöglichkeiten.
Heute erfahren bürgerliche Kleinfamilien und Mutterschaft eine Ressaissance.
Die Familieninitiative ist nun genau auf die selbstbewussten Mütter zugeschnitten.
Die Gleichbehandlung der Familie wäre eigentlich ein urlinkes Anliegen. Die SVP hat sich dieser linkspolitischen Forderung angenommen. Deshalb haben viele Wähler aus den links-grünen Kreisen Sympathien für die Initiative.
Kommentar: Beim Lesen des Tagi- Beitrages wurde mir bewusst, dass viele Eltern ihre Nachkommen nicht während der wichtigsten Jahre fremd betreuen lassen wollen. Dies ist verständlich. Die Gegner der Initiative machten einen Kapitalfehler: Sie schossen gegen das Modell der Selbstbetreuung, weil sie Angst haben, dass Frauen auf die Erwerbsarbeit verzichten könnten.
Auch wenn die Initiative angenommen wird, gibt es auch aus meiner Sicht kein Zurück mehr zu patriarchalischen Strukturen. Künftig werden die Frauen ganz selbstverständlich ihre Ausbildung wieder nutzen. Alle werden ihr Modell selbst wählen.
Notiert von marcus knill um 11:55
Die Schweizer stösst Frauenrechtlerinnen sauer auf
Die Ankündigung der Senderreihe "Die Schweizer" führte zu einem Medienwirbel.
Ich zitiere SRF:
Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?
Im November 2013 thematisieren die Radio- und Fernsehprogramme der SRG Fragen zu Entstehung, Zustand und Zukunftsperspektiven der Schweiz und der Bewohnerinnen und Bewohner dieses Landes. In allen vier Regionen und Landessprachen erarbeiten Journalisten der SRG eine Vielfalt von unterhaltenden und informierenden Formaten. Aufklären, berichten und diskutieren: Ein breites Publikum ist via Online in den Themenmonat der SRG eingebunden.
Die Begründung (Rechtfertigung) des Projektleiters interessierte mich. Entscheiden Sie selbst, ob seine Stellungnahme überzeugt.
«Frauen aufs Plakat zu heben, wäre Feigenblattpolitik»
Artikel zum Thema
Es handelt sich nicht um ein Prestigeobjekt sondern um ein publizistisches Angebot der SRG. In der Vehemenz hat es mich überrascht, nicht aber im Grundsatz, dass man diskutiert. Wir haben bei der Konzeption dieses Projektes diese Fragen ja auch intensiv in den Arbeitsgruppen diskutiert.
Was kam dabei heraus?
Dabei kam heraus, dass wir einen ganzen Themenmonat anbieten, dessen Programm sich im Unterschied zu den Dokufiktionen nicht nur auf die handelnden Personen des 14./15. und des 19. Jahrhunderts konzentriert, sondern den Bogen macht zur Frage: Woher kommen wir, wer sind wir, wohin gehen wir? Und dass die Frauen dort berücksichtigt werden. Sie müssen auch sehen: Das Projekt ist auch ein Gesamtangebot der SRG, der deutschen, italienischen, französischen und romanischen Schweiz, das im Radio, Fernsehen und Online stattfindet. Man muss das als Ganzes betrachten.
Reden wir trotzdem von den Dokufiktionen, mit denen Sie den Themenmonat bewerben. Ein Plakat mit sechs Männern transportiert auch eine symbolische Botschaft. Wenn bei Ihren Handlungssträngen auch Frauen vorkommen, warum hat man nicht wenigstens eine auf dem Plakat gezeigt?
Wir hätten natürlich Dorothee von Flüe zeigen können oder Alfred Eschers Tochter Lydia, aber das wäre nur eine Alibiübung gewesen und eine Feigenblattpolitik. Wir müssen dazu stehen, dass die handelnden Frauen in der Politik erst ab Ende des 19. Jahrhunderts eine Rolle in der Öffentlichkeit gespielt haben. Sicher hat das auch mit der Geschichtsschreibung zu tun. Aber die SRG hat nicht die Deutungshoheit über die Schweizer Geschichte.
Dann waren also Frau von Flüe und Frau Escher keine handelnden Personen?
Was heisst handeln? Im Sinne des wirkungsvollen politischen Handelns waren sie nicht Akteure, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Zum Plakat: Plakate sind ein Mittel der Kommunikation und des Marketings; da wird zugespitzt.
Vielleicht war es ja ein genialer Coup der Marketingabteilung, denn immerhin reden jetzt alle darüber. Aber was halten Sie davon, dass die Frauen in den Filmen zwar tatsächlich vorkommen, wenn auch erst in zweiter Reihe, aber das Plakat sie nicht berücksichtigt?
Wir betreiben hier keine Geschichtsfälschung. Ich kann nur wiederholen, dass wir in den vier Jahren, in denen wir über diesen Themenmonat geredet haben, zum Schluss kamen, uns auf die zwei genannten Perioden und die damals handelnden Personen zu fokussieren. Uns war klar, dass es in der Wahrnehmung der heutigen Öffentlichkeit tatsächlich zu Problemen kommen kann. Wir sagten uns: Wir machen das trotzdem.
Warum haben Sie denn gerade diese Epochen gewählt?
Weil diese massgeblich zur Entstehung der Eidgenossenschaft und des Bundesstaates geführt haben. Und auch, weil im 20./21. Jahrhundert schon viel Geschichte aufgearbeitet wurde, sowohl in Dokumentarfilmen wie auch in Spielfilmen.
Es hätte auch im 19. Jahrhundert Frauen gegeben, zum Beispiel Gertrude Kurz.
Wir machen hier eine SRG-Koproduktion. Wenn man mit einer solchen Gertrude Kurz zu den Welschen gegangen wäre und gesagt hätte, wir wollen einen Film über die machen, dann hätten die geantwortet: Wer soll das denn sein?
Dann gab es bezüglich der verschiedenen Landesteile also sehr wohl eine Quotenüberlegung, aber nicht bezüglich der Frauen, die ja eine Mehrheit im Land stellen.
Die SRG macht ihre Programme nicht nach einer Quotenregelung sondern nach journalistisch-publizistischen Ansätzen. Die Frauen werden berücksichtigt, wenn man das ganze Programm des Themenmonats anschaut - richtig ist aber auch: Nicht in den Dokufuktionen, weil wir dort die genannten Handlungsstränge und die Wendepunkte in der Schweizer Geschichte zeigen.
Man hört oft den Vorwurf, diese Diskussion sei eine Zwängerei. Finden Sie das auch?
Überhaupt nicht. Dass Frauen auf etwas hinweisen, was die Geschichte nicht aufgearbeitet hat, finde ich vollkommen in Ordnung.
Würden Sie es nochmals genau gleich machen?
Heute wissen wir, welche Diskussion wir mit unserer damaligen Entscheidung ausgelöst haben. Konzeptionell hätte man auch zwei andere Perioden auswählen können: eine in der Neuzeit und ein in der modernen Zeit. Dann hätten wir keine Mühen gehabt, Frauen als Protagonistinnen auszuwählen. Roger de Weck hat es einmal sehr schön formuliert: Das Mühselige Austarieren von unterschiedlichen Ansprüchen ist ein Schweizer Wert. Das war hier nicht anders.
(Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
Notiert von marcus knill um 06:33