Der neue Mister Schweiz André Reithebuch ist Analphabet
André Reithebuchs Geheimnis ist gelüftet: Der Mister Schweiz kann nur schlecht lesen und schreiben.
André Reithebuch. (D. Biedert/tilllate.com)
Er kennt zwar die Buchstaben, beim Bilden von Wörtern bekundet er aber Mühe: André Reithebuch. Der neue Mister Schweiz ist funktionaler Analphabet. All die Schuljahre hindurch mogelte sich der Glarner durch – erst in der Rekrutenschule reagierte er. Reithebuch besuchte den Analphabetenkurs für Rekruten – und las zum ersten Mal in seinem Leben ein Buch.
«Es handelte von einem, der nach Kanada auswanderte, um dort Blockhäuser zu bauen», so Reithebuch zu 20 Minuten, «meine Mutter schenkte mir das Buch.» Der Zimmermann las es, weil er dieselben Zukunftspläne hat wie der Held im Buch. «Als Kind spielte ich lieber draussen als zu lesen», erklärte Reithebuch seine Schwäche auf TeleZüri. In der Schule habe er abgeschrieben, beim gemeinsamen Lesen nur die Lippen bewegt. Die Probe aufs Exempel beweist: In dem kurzen Satz, den er fürs Fernsehen schreiben musste, machte er drei Fehler.
«Handikapiert fühle ich mich nicht», sagt Reithebuch, «ich stehe zu meiner Schwäche.» Er habe sich angewöhnt, wichtige Korrespondenz vor dem Absenden seiner Mutter zu zeigen: «Das Anmeldeformular für die Mister-Wahl hat sie ausgefüllt.»
Kommentar: Funkionale Analphabeten gibt es mehr als man wahr haben will. Mister Schweiz war immerhin so clever, dass er sich bin anhin geschickt durchmogeln konnte. Was auch noch für den neuen Mister Schweiz spricht: Er ist ehrlich und gibt heute die Schwäche unumwunden zu. Wenn er als Gallionsfigur für alle andern funktionalen Analphabeten künftig etwas beitragen kann, so wäre dies schön. Anderseits macht die Miss Wahl deutlich: Sprachkompetenz ist bei der Bewerbung kein Kriterium. Eigentlich schade.
Blick am Abend (2. Juni) nimmt die Buchstabenschwäche des neuen Mister Schweiz auf die die Schippe:
Andé habe es leichter im Leben:
--> Im Restaurant habe er es einfach. Er müsse keine Speisekarte lesen und könne einfach Menu EINS wählen.
--> Weil er auf Reisen immer nach dem Weg fragen müsse, komme viel mehr ins Gespräch mit Leuten.
--> Er müsse keine Zeit fürs Lesen verschwenden und habe dadurch viel mehr Zeit zum Trainieren.
--> Er müsse sich auch nicht durch Körbe voll weiblicher Fanpost kämpfen.
--> Es bleibe ihm später erspart, den künftigen Kindern eine Gut-Nacht- Geschichte vorzulesen.
--> Er habe auch keine nevenden SMS zu beantworten.
Ein Nachteil bleibe ihm zwar: Er könne auch den "Blick am Abend" nicht lesen.
Was ist Leseschwäche?
«Illetristen sind nicht dumm»
Was ist Illetrismus? Rosita Della Morte, Expertin des Vereins Lesen und Schreiben, gibt Auskunft.
Blick: Frau Della Morte, André Reithebuch nennt seine Leseschwäche Illetrismus. Was ist das?
Rosita Della Morte: Illetrismus ist der wissenschaftliche Begriff für Menschen, die mit einer Lese- und Schreibschwäche zu kämpfen haben. Die Betroffenen sind keine Analphabeten, sie haben Lesen und Schreiben gelernt. Sie haben aber oft Mühe, sich im von Schrift geprägten Alltag zurechtzufinden.
Wer ist davon betroffen?
In der Schweiz etwa 800 000 Personen. Wichtig ist, dass die Schreibschwäche nichts mit Intelligenz zu tun hat. Die Betroffenen sind weder dumm noch faul!
Was sind die Ursachen?
Eine Leseschwäche resultiert immer aus einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren wie Schwierigkeiten in der Familie oder Probleme in der Schule. Oder aber blinde Flecken im Hirn, die verhindern, dass Kinder richtig lesen lernen.
Was kann man dagegen tun?
Mit Früherkennung könnte viel aufgefangen werden. Für Erwachsene bieten wir Kurse an, in denen jeder gezielt seine Wissenslücken angehen kann.