Montag, 24. August 2009

Fragen über Fragen zur Einzelaktion des Bundespräsidenten

Ich zitiere NZZ:

Mario Fehr stellt in der Aussenpolitischen-Kommission folgende Fragen:

Welche Fragen stellen Sie zur Libyen-Reise von Bundespräsident Merz?

Es sind mehrere Fragen.

Hatte Bundespräsident Merz überhaupt die Kompetenz, diesen Vertrag abzuschliessen?

Inwieweit waren die andern Bundesräte informiert oder in anderer Art und Weise involviert? Es macht einen sehr schlechten Eindruck, wenn Merz einen Vertrag abschliesst und sich dann herausstellt, dass die andern Bundesräte offensichtlich nicht genügend involviert waren und öffentlich Kritik anmelden. Eine solche Uneinigkeit des Bundesrates schadet unserem Land auf dem internationalen Parkett.

«Gelten unsere Gesetze für Libyer nicht mehr?»

Weitere Fragen?

Man muss auch fragen, ob es jetzt ein Sonderrecht gibt für Libyer in der Schweiz, ob für diese die schweizerischen Gesetze nicht mehr gelten sollen.

Wieso entschuldigt man sich überhaupt, bevor das im Vertrag vorgesehen Schiedsgericht sich hat äussern können?

Und warum desavouiert man kantonale Behörden, in diesem Fall die Genfer, die sich meines Erachtens rechtskonform verhalten haben?

Erfolg oder Misserfolg wird man erst in ein paar Tagen sehen, wenn die beiden Geiseln heimkommen oder eben nicht.

Natürlich hoffe ich, dass die beiden Schweizer schnell heimkommen. Eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht.

Wie kann man überhaupt einem Diktator trauen? Ich finde diese Haltung von Merz – ganz offen gesagt – ein wenig naiv.

«Soll die Schweiz immer wieder erpressbar sein?»

Mario Fehr: Fragen an Bundespräsident Merz
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Kommentar: Wahrscheinlich kann sich Merz den Kopf aus der Schlinge ziehen, wenn die Geiseln demnächst in der Schweiz eintreffen. Merz wird heute nur von Kollege Maurer, Parteipräsident Pelli unterstützt. Politberater Rickenbacher hat eine differenziert Meinung. Viele Politiker halten sich vorläufig zurück. Jean Ziegler warnt, die Kritik am Bundespräsidenten könnte vor allem den Geiseln schaden. Am Dienstagabend wird im Schweizer Fernsehen die Angelegenheit von Fachleuten breiter diskutiert. Wir kommen später nochmals auf diese Thematik zurück. Persönlich beanstande ich die Kommunikationskultur im Bundeshaus. Jeder schiesst gegen jeden. Alt-Nationalrat Ernst Mühlemann teilt meine Bedenken: Erstaunlich ist aber, dass Bundesrat, Medien und Öffentlichkeit nicht geschlossen auftreten, wie das früher in ähnlichen Situationen der Fall war. Für mich ist das ein weiteres Indiz für den Verlust der Konkordanz, der sich auch bei der Diskussion um die Couchepin-Nachfolge zeigt

Das Chaos war vorhersehbar

Wer nach Bern fährt und aufs Auto angewiesen ist, muss auf der Nordumfahrung täglich mit Staus rechnen. Nachdem Zürich die Stadtdurchfahrt aufgehoben hatte und der Verkehr auf die Umfahrungsstrasse gelenkt wurde, war jedem Primarschüler klar. Wenn zu den zwei Spuren (die bereits stark befahren sind) nochmals zwei überfüllte Spuren dazu kommen, so musste es zum Verkehrsinfarkt kommen. Das war vorhersehbar. 2+2 gibt bekanntlich 4 und nicht 2. Aergerlich ist, dass die Stadt Zürich zur Zeit nur noch an die eigenen Wünsche denkt. Es ist deshalb verständlich, dass man nach einer übergeordneten Planung ruft.

Wegen Baustellen-Chaos: Kanton will Zürcher Stadtregierung entmündigen

Quelle Tagi:

Der Kantonsrat will den Zürich und Winterthur die Zuständigkeit für die Hauptstrassen entziehen. Das entsprechende Postulat ist knapp angenommen worden.

Verkehrsärgernis Hardbrücke: Der Kantonsat will die Macht über die Hauptstrassen in Zürich.

Verkehrsärgernis Hardbrücke: Der Kantonsat will die Macht über die Hauptstrassen in Zürich. Bild: Thomas Burla

Stadträtin Ruth Genner nimmt Stellung zu der Kritik, die Baustellen in Zürich seien schlecht geplant. Von einem grösseren Einfluss des Kantons hält sie gar nichts.

Ruth Genner, Vorsteherin des Tiefbauamts: Baustellenkoordination läuft sehr gut.

Ruth Genner, Vorsteherin des Tiefbauamts: Baustellenkoordination läuft sehr gut. Bild: Doris Fanconi

Kommentar: Das schadenfreudige Lächeln von Ruth Genner trägt wenig zu ihrem Image bei. Es wirkt so, als sei sie stolz, dass die Staus die Bevölkerung endlich zur Raison bringen und auf den öffentlichen Verkehr umsteigen.

Nachtrag: Tagi

Nadelöhr Hardbrücke: Ab Oktober wirds sogar noch enger

Zwei Auffahrten und eine Abfahrt der Hardbrücke werden gesperrt. Die Blockade dauert bis 2011. Mehr...

Interview mit Iwan Rickenbacher (Quelle Blick)

Was darf sich ein Bundesrat eigentlich alles erlauben, bis er zum Rücktritt gezwungen werden kann?

Kurzer Rückblick.

  • Im Februar muss die UBS die vom Bankgeheimnis geschützten Daten von rund 250 US-Kunden herausrücken. Gleichzeitig lief aber ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht über die Herausgabe dieser Daten. Mit andern Worten: Bundesrat Merz befahl der Finma, die UBS anzuweisen, das Steuergeheimnis zu brechen und dies unter Verletzung der Gewaltenteilung.
  • Und jetzt dieser Vertrag mit Libyen. Staatsrechtler sind sich einig: Merz durfte diesen Vertrag, so eigenmächtig, wie er das machte, gar nicht abschliessen. Und zweitens hebelte er damit die rechtliche Zuständigkeit des Kantons aus.
  • Zwei umstrittene Fälle. Bundesrat Hans-Rudolf Merz hat in nur sechs Monaten also zweimal geltendes Recht gebrochen. Darf er sich eigentlich alles leisten? Blick.ch fragte den renommierten, unabhängigen Politik-Berater Iwan Rickenbacher. Blick.ch: Herr Rickenbacher, darf ein Bundesrat Recht brechen und trotzdem im Amt bleiben? Iwan Rickenbacher: Ja. In der Schweiz darf er das. Das ist so akzeptiert. Aber ein Minister in Deutschland müsste in so einem Fall gehen. Warum dieser Unterschied? Anders als in Deutschland hat bei uns das Volk viermal im Jahr die Gelegenheit, die Verfassung zu ändern. Das macht unsere Rechtslage labil. Da soll der Bundesrat für Stabilität sorgen. Man will einfach Unruhe im Land vermeiden. Trotzdem: Kann sich ein Bundesrat denn alles leisten? Nein. Aus der Zeit des 2. Weltkriegs erzählt man sich, ein Bundesrat habe eine kleptomanische Frau gehabt. Die durfte nicht mehr in Bern wohnen, sonst riskierte der Mann seine Wiederwahl. Ich gebe Ihnen noch folgende Beispiele: Wenn ein Bundesrat bei der Besetzung eines Amts Günstlingswirtschaft betreibt, wenn er sich finanzielle Unregelmässigkeiten zuschulden kommen lässt, wenn er mit dem Dienstwagen in die Ferien fährt. Da wäre ein Rücktritt fällig. Und was ist der Unterschied dieser Fälle zu «UBS» und «Libyen»? Wenn es sich um Verfehlungen im persönlich-moralischen Bereich handelt, wird es eng. Da zeigen wir wenig Toleranz. Also wenn sich ein Bundesrat persönlich bereichern sollte. Aber wenn er versichert, nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohl des Landes zu handeln, hat er grossen Freiraum. Aber da gibts doch ein Problem: Das funktioniert nur, solange Schweizer Akteure unter sich sind. Hat man im Ausland mit einem solchen System nicht grösste Mühe? Das ist tatsächlich das Problem. Die offizielle Schweiz ist immer noch nicht auf der internationalen Bühne angekommen, auf der sich alle Länder heute bewegen. Wir bewegen uns als Kleinstaat, der glaubt, unterhalb des Radars der internationalen Öffentlichkeit agieren zu können. Dabei gehört der Schweizer Finanzplatz zu den ganz Grossen dieser Welt. Die internationale Kundschaft aber kommt zu Schweizer Banken, weil sie auf Nummer sicher gehen will. Da sorgt unser Rechtsverständnis für grösste Irritationen.
  • «Ich musste gordischen Knoten durchschlagen.»: Bundespräsident Merz zum Libyen-Deal. (AP)

    Genfer Regierung ist «empört und fassungslos»

    Die Genfer Kantonsregierung ist über den «improvisierten Chrakter» des Vertrags mit Libyen «empört und fassungslos». Dies erklärte der Genfer Regierungspräsident David Hiler im Anschluss an die wöchentliche Medienkonferenz der Kantonsregierung in Genf. «Es bestand überhaupt keine Verpflichtung, die Entschuldigung an ein Schiedsgericht zu binden», sagte Hiler. Zwar sei ein solcher Vertrag auf internationaler Ebene möglich, doch widerspreche er Schweizer Recht. Die Genfer Regierung sei jedenfalls nicht bereit, dieses juristische Wirrwarr zu den Akten zu legen. Er wolle während dieser Woche aber keine «öffentliche Polemik», solange die zwei Geiseln immer noch in Libyen seien. Klar sei indes, dass der Vertrag Fragen zum Föderalismus aufwerfe. Man erwarte, die Unterstützung durch die anderen Kantone. Ein Treffen mit dem Bundesrat sei noch nicht traktandiert. Man warte zuerst ab, bis die Landesregierung selbst zusammentrifft.

    Kommentar:

    Persönlich vertrete ich die Meinung, dass Bundespräsident Merz bewusst Risiken auf sich genommen hat. Er fühlt sich verantwortlich, für das Land mit allen Mitteln den Durchbruch zu schaffen. Im Grunde gneommen spielte er den Winkelriet. Er opfert sich auf. Er weiss genau, dass er ohnehin von der Bühne abtreten wird. So gesehen kann er problemlos grosse Risiken eingehen. In jedem Fall wird er in die Geschichte eingehen als ein Politiker, dem man nicht vorwerfen kann er habe nicht gehandelt. Dass es eigenmächtig war wird ihm später vielleicht verziehen.