Die Uneinsichtigkeit Steinbrücks
Mit Verwunderung hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück auf die Empörung in der Schweiz über seinen Indianer-Vergleich reagiert. «Mit keiner Silbe und keinem Vergleich hat sich der Minister despektierlich gegenüber der Schweiz und ihren Bürgerinnen und Bürger verhalten.» sagte Steinbrücks Sprecher Torsten Albig.
Wenn jedoch Steinbrück am Samstag am Rande des Treffens der Finanzminister der G-20 in London die Drohung mit einer schwarzen Liste gegenüber der Schweiz mit der «siebten Kavallerie vor Yuma» verglichen hat, die man auch ausreiten lassen könne und sagte: «Aber die muss man nicht unbedingt ausreiten. Die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt», so ist dies arrogant, despektierlich und inakzeptabel! Steinbrück hat keinen Grund, verwundert zu sein.
Grosse Verwunderung
Mit «grosser Verwunderung» stelle Steinbrück fest, welche Wirkung ein plastisches Bild habe. Damit sollte nach Angaben des Sprechers nur beschrieben werden, dass es gut sein könnte, wenn sich auch die Schweiz beim Bankgeheimnis an die Regeln der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit in Europa (OECD) halte.
Überrascht stelle das Ministerium jetzt fest, dass einige Schweizer Steinbrück in die Nähe deutscher Politiker der 30er-Jahre stellten, sagte Albig. «Dass Mitglieder ihrer Nationalversammlung meinen, den bösen Deutschen zu entdecken, wenn man darüber diskutiert, ob es klug ist, OECD-Regeln anzuwenden oder nicht, das überrascht mich sehr», fand der Sprecher.
Steinbrück muss sich überhaupt nicht wundern, wenn die Schweizer auf einen Peitschen schwingenden selbsherrlichen Deutschen sauer reagieren. Nicht die Schweiz ist empfindlich. Steinbrück hat die Anti Reaktionen geschürt. Er sollte lieber selbstkritisch sein und sich entschuldigen.
«Selbst schlichte Bilder sehr sensibel wahrgenommen»
Albig sagte auf Nachfrage eines Schweizer Journalisten in der Bundespressekonferenz: «Wir nehmen zur Kenntnis, dass selbst schlichte Bilder bei Ihnen sehr sensibel wahrgenommen werden. Dafür mag es mehrere Erklärungen geben. Zumindest fühlen Sie sich in ihrer Situation, ausserhalb der OECD-Regeln zu stehen, offensichtlich nicht ganz wohl. Das können wir verstehen. Da können wir nur auffordern: Bewegen Sie sich auf uns zu, dann werden ganz triviale Bilder für Sie auch nicht ganz so unangenehm in der Schweiz.»
Wenn dieser Vergleich der Schweizer mit den Indianern ein schlichtes Bild ist, kann man Steinbrück nicht mehr helfen. Diese Uneinsichtigkeit gibt zu denken.
Seine Äusserungen bleiben «inakzeptabel" und sind nicht nur im Ton "aggressiv». Steinbrücks Rhetorik ist auf internationaler Ebene zwischen freundschaftlich verbundenen Nachbarn «beleidigend und vollkommen unhaltbar» (so hat es unsere Aussenministerin immerhin treffend formuliert).
Zuckerbrot und Peitsche
Aussagen Steinbrücks waren schon im Oktober Anlass für die Schweiz gewesen, den deutschen Botschafter zu zitieren. Damals ging es um einen Protest gegen die Aussage des Ministers vor Journalisten in Paris, in der Kontroverse um die Steuerflucht müsse man statt zum Zuckerbrot auch zur Peitsche greifen.
Fazit: Trauriger als die verbalen Entgleisungen ist die nachträgliche Uneinsichtigkeit des deutschen Finanzministers. Anstatt sich zu entschuldigen, bezichtigt er mit seiner Beschönigung, die Schweizer als überempfindlich.
Wenn Steinbrück sagt:
«Mit keiner Silbe despektierlich»
So sagen wir:
Die Wortwahl war mehr als bissig:
Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (Bild: Keystone)
Die gesamten Peitschen und Indianer Aeusserungen waren bestimmt mehr als despektierlich!!!
Schade, dass Thomas Müller mit seiner Aussage, nun Steinbrück Gelegenheit gibt, von seinem Fehlverhalten abzulenken. Nun kann er gegen die Annäherung des Finanzministers zu den Nazi protestieren. Müller nimmt aber nichts zurück. Er erklärte, er habe nur mit gleicher Münze zurückzahlen wollen, damit er sehe wie solche Vergleiche inakzeptabel sind.
Schade, hatte sich doch bereit im Parlament eine breite Front quer durch alle Parteien gebildet, die sich gegen Steinbrücks Wildwest-Rhetorik zur Wehr setzte.
Dass die Schweizer Volkseele kochte, wird in allen Medien zum Ausdruck gebracht:
Aus Blick:
Wir haben unsere liebe Mühe mit der teutonsich-scharfen Art des deutschen Finanzministers Peer Steinbrück. Jetzt wandelt sogar die CVP in SVP-
Erst vergleicht Finanzminister Peer Steinbrück die Schweiz mit Indianern. Jetzt schießt die Schweizer Zeitung zurück!
Gewiss wird jetzt nur noch über Müllers verbale Entgleisung diskutiert.
Hier die umstrittene Videosequenz:
20 Min:
Thomas Müller zu Peer Steinbrück
Berlin bellt weiter
Die verbalen Entgleisungen des deutschen Finanzministers Steinbrück provozierten geharnischte Reaktionen in der Schweizer Politik. Doch in Berlin gibt man sich erstaunt über die Empörung der Nachbarn.
«Negative Bilder gehören zur Politik», heisst es im Finanzministerium. Und: Die Schweizer gingen zu wenig entspannt mit dem Thema um.
Nachtrag, 19.3.09 Nationalrat Müller nimmt seinen Nazivergleich nicht zurück. Er findet, auf einen groben Klotz gehöre ein grober Keil. Es gibt Palamentarier, die angeblich Müller gratulierren. Andere kritsieren ihn jedoch. Blick online kommentiert Darbellays fragwürdige Kritik: CVP-Präsident Christophe Darbellay sagte in der Sendung «Heute morgen» von Radio DRS 1, er sei mit der Äusserung von Thomas Müller vom Vortag nicht einverstanden. Er wolle mit ihm noch darüber sprechen.
Darbellay selber hatte allerdings in der Bankgeheimnis-Debatte im Nationalrat scharfe Worte gebraucht: Man müsse einem «deutschen sozialdemokratischen Minister, dem nur die Stiefel und die Uniform fehlen», den Spiegel vorhalten! Westerwelle der Schutzpatron der Schweizer im deutschen Bundestag Ich zitiere Blick
Guido Westerwelle:
«Wer das Thema mit dem einfachen Wort ‹Steueroase› angeht, der macht es sich natürlich zu einfach. Natürlich müssen wir die Steuerkriminalität und die illegale Steuerflucht bekämpfen. Natürlich ist es richtig, dass wir auch in Europa und in der Welt die Regeln der OECD anwenden wollen.
Finanzminister Peer Steinbrück: «Aha!»
Westerwelle: «Herr Steinbrück, weil Sie gerade ‹Aha› gerufen haben: Die Frage ist, ob man das mit der Peitsche tut bzw. indem man der Schweiz mit der Kavallerie gegen Indianer droht. Sie können ja nicht einmal mit der Schweiz Frieden halten.»
.....
Westerwelle:«Herr Steinbrück, Herr Finanzminister, ich muss Ihnen wirklich sagen: Diese Art und Weise des Umgangs mit unseren Nachbarländern ist eine schlichte undiplomatische Unverschämtheit. Das wird auch hier zu einem Thema gemacht werden müssen. Das ist eine schlichte Unverschämtheit.»
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU
Zurufe von der SPD
Gerd Andres (SPD):«Steueroasen-Guido!»
Westerwelle:«Jetzt wurde gerade ein schöner Zwischenruf zur Steueroase gemacht. Ich will Ihnen das einmal wie folgt erklären, Herr Kollege: Für den normalen Bürger ist in der Regel weniger die Oase, sondern vielmehr die Wüste drum herum das Problem.»
Beifall bei der FDP-Zurufe von der SPD
Westerwelle:«Ich sage Ihnen: Dieselbe Energie, die Sie dafür aufwenden, Steueroasen auszutrocknen, sollten Sie dafür aufwenden, dass die deutsche Steuerwüste durch niedrigere Steuern endlich wieder fruchtbarer wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, das ist das Mittel, das man anwenden sollte.»
......
Westerwelle: «Der entscheidende Punkt ist aber, Frau Bundeskanzlerin: Statt dass Sie als Regierungschefin Deutschlands ein Wort der Diplomatie an unsere Nachbarn richten, sagen Sie ganz im Bild von Herrn Steinbrück bleibend , man müsse Ross und Reiter nennen, mit der Peitsche drohen und die Kavallerie gegen die Indianer ins Feld schicken.»
Widerspruch bei der SPD
Westerwelle: «Ich glaube, diese Art und Weise ist schlichtweg unverantwortlich. Sie haben Ihren Kompass in der Regierung verloren. Sie sind zu einem wirklich kraftvollen und machtvollen Führen in Europa nicht mehr fähig. Diese Debatte zeigt, dass Sie auch inhaltlich nicht mehr einig sind. Mittlerweile ist die Koalitionszerrüttung so weit fortgeschritten, dass deutsche Interessen auch auf internationaler Ebene beschädigt werden.»