Der Jubel bei den Brexit-Befürworten ist riesig. Ukip-Chef Nigel Farage kann sein Glück kaum fassen. (20 Min)
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KOMMENTAR:
Die Würfel sind gefallen: Grossbritannien steigt aus der EU aus. Der überraschende Entscheid wurde emotional gefällt. Es wird ein Dominoeffekt erwartet. Seit Monaten zeichnet sich in Europa eine Bewegung "in Richtung zur Selbstbestimmung der Staaten" ab. Die Unfähigkeit Europas, die Zuwanderung zu drosseln, hat wohl viele zusätzliche JA Stimmen generiert. Länder wollen ihre Grenzen wieder selbst schützen, weil die EU es nicht fertig gegracht hat, die Schengenabkommen durchzusetzen. Die Föderalisten erhalten nun zusätzlichen Aufwind. Die EU muss nun zuerst die Wunden lecken und sich sofort mit dem Zeitgeist "Eigenständigkeit" konkret auseinandersetzen. Es wird sich nun zeigen, ob die EU einen Plan B hat. Welches sind die Folgen für die Schweiz? Eine Frage, die derzeit nicht nur Politologen umtreibt.
Beachten Sie die lächerlichen Auswüchse gutgemeinter Korrektheit im folgenden Beitrag. Ich habe sie ROT eingefärbt.
Aus NZZ-online
Die
Auswüchse der Political Correctness auf dem amerikanischen Campus hat gravierende Folgen.
Die
Angst geht um auf dem amerikanischen Campus, die Angst der Lehrenden
vor ihren Studenten. Schon das männlich konnotierte Wort «Student»
birgt, im Deutschen zumindest, was man in den USA eine «microaggression»
nennt – einen Mini-Gewaltakt mithin, der die Frauen eliminiert.
Mini-Aggressionen sind sprachliche Wendungen, die als verletzend
aufgefasst werden könnten. Nach Campus-Richtlinien gehört dazu etwa die
Frage, wo man geboren wurde – weil sie impliziere, der oder die Befragte
sei womöglich kein(e) richtige(r) Amerikaner(in). Der Satz «I believe
the most qualified person should get the job» steht bei kalifornischen
Hochschulen ebenso auf dem Index wie «America is the land of
opportunity». Immerhin könnte Letzteres andeuten, dass wer seine Chance
nicht ergreift, selber schuld sei.
In
Harvard verlangen Jura-Studentinnen neuerdings, dass das Thema
Vergewaltigung aus dem Lehrplan gestrichen wird, weil es Traumata
wiederbeleben könnte. Es gibt Studierende, die schon das Wort
«violation» (wie in «violates the law») für unzumutbar halten. An der
Northwestern University wurden «safe spaces» für diverse
Identitätsgruppen eingerichtet, die keiner sonst aufsuchen darf. Und im
ganzen Land werden sogenannte «Trigger-Warnungen» appliziert,
wenn ein Text etwa von sexuellen Übergriffen (Ovids «Metamorphosen»)
oder Antisemitismus (Shakespeares «The Merchant of Venice») handelt. Wer
sich durch die suizidalen Implikationen in Virginia Woolfs «Mrs.
Dalloway» bedroht oder durch Huckleberry Finns rassistische
Ausdrucksweise beleidigt fühlt, muss am Unterricht nicht mehr
teilnehmen. Am Oberlin College in Ohio hat man die Texte schon einmal
vorsorglich von aller Anstössigkeit befreit.
Ein
weiterer Posten auf dem Campus-Index ist das, was man «cultural
appropriation» nennt: die Aneignung kultureller Merkmale oder Stereotype
einer Ethnie, der man selbst nicht angehört.
An der University of
Washington wurde zu Halloween ein Dresscode-Video verschickt: Kostüme
mit stereotypen Signalen seien tabu. An der Bowdoin wurden Studenten
diszipliniert, weil sie Mini-Sombreros zu einer Tequila-Party getragen
hatten. An der University of Louisville entschuldigte sich der Präsident
bei allen Latinos, weil er zu Halloween in einem Indio-Poncho
aufgekreuzt war.
Diese
Sombrero-Panik hat mittlerweile sogar die Nahrungsaufnahme erreicht. Am
Oberlin College eskalierte unlängst ein Streit über das Essen im
campuseigenen «African Heritage House». Die Studenten protestierten, es
sei nicht authentisch – und folglich eine Herabsetzung afrikanischer
Sitten. Auch die Cafeteria kam unter Beschuss, weil dort Sushi und Bánh
mì mit falschen Zutaten im Angebot waren, was die Kultur der Japaner
oder der Inder der Lächerlichkeit preisgebe.
Klima der Paranoia
Während Vergewaltigungen auf dem Campus noch immer zu gering bestraft
oder gar ganz unter den Teppich gekehrt werden, hat sich im Alltag ein
Klima der Paranoia und der Zensur breitgemacht. Die Folgen sind nicht
allein für die Lehrpläne katastrophal.
Während Vergewaltigungen auf dem Campus noch immer zu gering bestraft
oder gar ganz unter den Teppich gekehrt werden, hat sich im Alltag ein
Klima der Paranoia und der Zensur breitgemacht. Die Folgen sind nicht
allein für die Lehrpläne katastrophal. Dozierende müssen heutzutage
nicht nur Sensibilitäts-Trainings absolvieren, sie müssen auch stets
darauf gefasst sein, dass den empfindlichsten unter ihren Studierenden
etwas aufstossen könnte. Das Wort «Brüste» aus dem Mund einer männlichen
Lehrperson kann Millionen-Klagen auslösen.
Verstörend
ist nicht allein die offensichtliche Borniertheit dieser neuen
Correctness-Welle, die von einer Generation ausgeht, die so behütet
aufgewachsen ist wie wohl noch keine zuvor, sondern auch die Panik, mit
der die Universitäten sich dem Druck der Studierenden – oder der Angst
vor den Behörden – beugen. Im Jahr 2013 hat das Department of Justice
and Education die Antidiskriminierungs-Statuten erheblich erweitert und
dafür gesorgt, dass schon eine Ausdrucksweise, die «nicht willkommen»
ist, unter sexueller Belästigung firmiert.
Diese Definition hat
inzwischen sämtliche Lebensbereiche des Campus erfasst. Mit anderen
Worten:
Jeder kann heute seine subjektiven Gefühle als
objektiven Grund für eine Belästigungsklage ins Feld führen. E-Mail und
Social Media machen es überdies einfach, Beschwerden an die zuständigen
Aufsichtsgremien zu schicken oder gleich auf Facebook zu posten und so
die Karriere eines Professors zu ruinieren. Jede Beschwerde führt zu
zeitaufwendigen Meetings und leitet nicht selten Untersuchungen mit
gravierenden Konsequenzen bzw. Entlassungen ein.
Diese
Hexenjagd-Atmosphäre, in der jede Mini-Geste Alarm auslösen und jedes
falsche Wort bestraft werden kann, richtet auch bei den Studierenden
grossen Schaden an: «Eine Campus-Kultur, die die Sprache zensiert, ist
dazu angetan, Denkmuster zu befördern, die von Verhaltenstherapeuten als
typisch für Angststörungen und Depressionen identifiziert worden sind»,
schreiben Greg Lukianoff und Jonathan Haidt unter dem Titel «The
Coddling of the American Mind» in der Zeitschrift «The Atlantic». In der
Tat sind die Angststörungen auf dem Campus in den letzten Jahren massiv
gestiegen. Eine Studie der American College Health Association von 2014
hat ergeben, dass 54 Prozent der College-Studenten erklärten, in den
letzten zwölf Monaten «überwältigende Angstgefühle» gehabt zu haben.
Die
Verhaltenstherapie basiert darauf, das kritische Denken zu stärken, um
irrationale Verhaltensmuster und Ängste einer fundierten
Realitätsprüfung unterziehen zu können. Das gegenwärtige Campus-Klima
aber bestärkt die Studierenden darin, ihre subjektiven Empfindlichkeiten
als objektive Verletzungen zu bewerten. Zu sagen, man fühle sich
beleidigt, bekommt so den Charakter eines unwiderlegbaren Faktums, das
nach Strafe oder zumindest nach einer Entschuldigung ruft.
Um
keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Der allgemeine Konsens,
Diskriminierung zu ahnden, ist hier nicht gemeint. Selbstverständlich
gilt es, traumatisierte Menschen zu unterstützen und Minoritäten zu
schützen; letzteres hat das Attentat von Orlando einmal mehr deutlich gemacht. Doch
die Hypersensibilität an den Universitäten unterminiert jede Form des
intellektuellen Denkens, das per definitionem in der Auseinandersetzung
mit unterschiedlichen Positionen gedeiht. Von Humor oder Ironie ganz zu
schweigen.
Im Unterschied zur
ersten Political-Correctness-Welle, die in den 80er und 90er Jahren den
historischen und literarischen Kanon herausforderte, geht es heute nicht
mehr um die Diversifizierung des Lehrplans oder das Aufbegehren gegen
die Diskriminierung marginalisierter Minderheiten, sondern um das
emotionale Wohlbefinden einer Generation, die als verwöhnt und
übersensibel gilt. Mit diesem aus dem Ruder gelaufenen Kinderschutz wird
den Studierenden eine psychische Fragilität attestiert, der der
kleinste Dissens als «traumatisierend» gilt.
Neue Form der Segregation
Paradoxerweise
ist diese neue Zimperlichkeit nicht nur eine Folge von
Helikopter-Elternschaft und einem Anstieg an Intoleranz in einer
politisch polarisierten Gesellschaft, sondern auch von Fortschritten,
die sich der ersten PC-Welle verdanken: der Öffnung der Universitäten
für Minoritäten und einer Sensibilisierung für deren Belange.
Ein Teil
der Hyper-Correctness verdankt sich dem Umstand, dass mit dem
wünschenswerten Zuwachs an Selbstbewusstsein auch die nach wie vor
bestehenden Ungerechtigkeiten umso schärfer ins Auge springen.
Wie
Nathan Heller im «New Yorker» berichtet, hat sich aber am progressiven
Oberlin College – dem ersten, das afroamerikanische Studenten zuliess –
eine neue Form der Segregation breitgemacht, in der Gruppen
unterschiedlicher Minderheiten und Hautfarbe einander aus dem Weg gehen,
um nicht mit anderen Ansichten konfrontiert zu werden. Nicht nur in
Anbetracht der immer grösseren Ausdifferenzierung der unterschiedlichen
Identitäten sind solche Tendenzen alarmierend. Es ist schön, wenn
Studierende sich heutzutage aussuchen können, welcher in der
explodierenden Anzahl Gender-Identitäten sie sich zugehörig fühlen. Dass
die Lehrenden neuerdings jeden und jede im Seminar zu fragen haben, wie
sie angesprochen zu werden wünschen, dürfte freilich nicht nur das
Lehrpersonal überfordern. Facebook hat 71 Gender-Optionen.
KOMMENTAR: Es ist korrekt, dass wir in der Sprache bedacht formulieren müssen. (Rassismusregeln sind richtig und wichtig) Aber die neue Correctness - Welle strotzt von Borniertheit. Da wird der gesunde Menschenverstand ausgeklammert.
1. Jan. 2004 ... Das Sachbuch "Die Sprachpolizei" von Diane Ravitsch analysiert und kritisiert
Fehlentwicklungen und Auswüchse dieser zum Teil grotesken ...