Freitag, 9. Mai 2014

Phänomen MUSIKANTENSTADL

Die Konsumenten sehnen sich nach einer heilen Welt

Medienkritiker haben vielfach grosse Vorbehalte gegenüber der Schunkelwelt.
Dieser Genre hat nach meinem Dafürhalten am Bildschirm  seine Daseinsberechtigung. Medien haben auch einen Unterhaltungsauftrag. Fernsehen soll nicht nur informieren, weiterbilden und komplexe Sachverhalte analysieren oder vertiefen. 
Ich zitiere  20 Min: 

Zwei Tage zu Besuch in einer heilen Welt

 Seit 32 Jahren gibt es den Musikantenstadl. Das heisst: 32 Jahre Schnitzel, schunkeln und heile Welt. Alles nur Lug und Trug? Wir haben den Selbstversuch gewagt.




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Linda Fäh (26) beim Stadel-Reisli mit den Journalisten auf dem Murtensee.


Die Schlagerszene ist debil und verkokst. Die heile Welt ist nur gespielt. Es geht um das grosse Geld, die ganze Sache ist ein abgekartetes Spiel. So lauten die gängigen Vorurteile gegenüber des Schunkel-Genres. Stimmt das? 20 Minuten hat sich in die Höhle der Pauke und Trompete gewagt. Zwei Tage verbrachten wir für Sie am Musikantenstadl in Freiburg. Inspizierten den Backstagebereich, assen uns durch Schnitzelberge und fühlten der Szene auf den Zahn.
Die Reise in die fremde Welt des «Musikantenstadls» beginnt früh. Um zehn Uhr Morgens werden die akkreditierten Journalisten vom Hotel abgeholt. Der Tourismusverband der Region Fribourg will uns Land, Leute, Wein und Essen näherbringen. Es geht ins mittelalterliche Städtchen Murten. Gemeinsam mit Ex-Miss Schweiz und Neo-Schlagerstar Linda Fäh schreitet die Medienschar durch die schmalen Gässchen. Die Schreiber, die dabei sind, haben schon etliche Stadl gesehen und sind allesamt Schlagerfans. Sie lieben und kennen diese Musik. Leben sie. Auf der Schifffahrt auf dem Murtensee später schiessen die Journalisten Fotos mit Linda Fäh. Selfies sind auch in dieser Szene angekommen. Bei der Weindegustation bei einem lokalen Weinproduzenten wird zum ersten Mal angestossen. Aber nicht zum letzten Mal.

Fleisch und Drogen

Geselligkeit und Freundlichkeit wird beim Stadl grossgeschrieben. Auch gegenüber Journalisten. «Wir sind hier sehr offen, wenn man sich an die Regeln hält», sagt Walther Kahl, der seit Jahrzehnten den Stadl betreut. Er erzählt die Geschichte von «RTL Exclusiv», deren Journalisten sich beim Stadl eingeschlichen und auf dem WC nach Drogenspuren gesucht hätten. Natürlich wurde RTL fündig. «Wie auf jedem Klo auf dieser Welt», sagt Kahl. Die Stadl-Droge ist sowieso eine andere. Nämlich Fleisch. Die Speisekarte im Backstagebereich liest sich so: Wurst- oder Käsesemmel (Fr. 4.00, Frankfurter mit Senf und Gebäck (Fr. 6.50), Fleischkäse-Semmel (Fr.4.50). Schnitzelsemmel (Fr. 5.80). Gemüse gibts nicht.
So wichtig Essen auch ist: Es geht eigentlich um Musik. Noch eine Stunde, bis die Sendung beginnt. Im Backstagebereich, dem sogenannten Stadlwirt, sitzen die Stars der Show wie Stefan Mross, Michelle oder Peter Kraus zusammen mit Bühnenarbeitern auf Holzbänken und trinken Bier oder Weisswein. Champagner? Fehlanzeige. Natürlich gibt es Künstlergarderoben, aber die sind zweckmässig karg eingerichtet. Die Sänger und Sängerinnen, die Stimmungsbands oder Jodelgruppen mischen sich unters Volk. «Supertalent»-Gewinner Michael Hirte schlurft dermassen unglamourös durch den Backstagebereich, dass man ihn leicht für den Hausabwart halten könnte. 

KOMMENTAR: Die Reportage in 20 Min entspricht sicherlich den Tatsachen. Weil die Musik beim Musikantenstadel Konservenmusik (Vollplayback) ist und Andy Borg kein Risiko wagt (Er wird tatsächlich in der klatschenden Masse ständig von einer Gruppe Bodyguards geschützt) gibt es Kommentatoren, die den Musikantenstadel  als fragwürdige Sendung hart kritisieren. Alles sei nur Lug und Trug, können wir mitunter lesen.
Darf sich die Bevölkerung in einer Welt voll negativer Meldungen  nicht einmal in einem Monat für ein paar Stunden in die Fiktion einer heilen Welt entführen? Besteht dadurch eine Verdummung der Bevölkerung?