Von der St. Galler Bratwurst über Salsiz bis zu Appenzeller Pantli:
Jede Region der Schweiz hat ihre eigene Wurstspezialität. Laut
einer neuen Studie der Universität Zürich
können diese nur noch in homöopathischen Dosen genossen werden:
Wer
mehr als 40 Gramm Wurst- und verarbeitete Fleischwaren zu sich nimmt –
das entspricht einer handflächengrossen Scheibe gekochter Schinken oder
einem Wienerli – erhöht das Sterberisiko massiv. Personen, die viel
Wurstwaren, Salami oder Schinken essen, haben ein höheres Risiko, an
Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder an Krebs zu sterben.
Fleischteile vom Schlachtvieh
Sabine Rohrmann*, dürfen wir nun gar keine Würste mehr verzehren?
Doch, aber nicht jeden Tag eine. Auch ein Schinkensandwich ist schon
zuviel: Eine durchschnittliche Scheibe Schinken oder Salami wiegt
nämlich schon 20 bis 30 Gramm. Die Grenze von 40 Gramm ist also sehr
rasch erreicht. Die Empfehlung ist, 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche
zu verzehren und nur einen kleinen Teil davon in Wurstwaren.
Was ist so ungesund an Cervelat, Bratwurst und Co.?
Die Haltbarmachmethoden. Durch das Pökeln, Salzen oder Räuchern
entstehen krebserregende Stoffe wie Nitrosamine, was die Ursache für die
erhöhte Krebsmortalität bei grossem Wurstkonsum ist. Zudem sind
verarbeitete Fleischprodukte reich an Cholesterin und gesättigten
Fettsäuren, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Gibt es denn keine Alternativen zum risikoreichen Nitritpökelsalz?
Nein. Man muss aber sehen, dass die Fleischindustrie den Gehalt in
den letzten Jahren bereits deutlich gesenkt hat. Ohne das
Nitritpökelsalz würden die Wurstwaren ausserdem nicht die Farbe von
Fleisch behalten, sondern wären grau.
Die Fleischverbände wehren sich gegen die Ergebnisse Ihrer Studie
– die krebserregenden Stoffe seien auf die falsche Handhabung der
Produkte zurückzuführen.
Wir haben die Studienteilnehmer nach dem alltäglichen Verzehr von
Fleisch- und Wurstwaren, die sie im Handel kaufen können, befragt. Die
Stoffe entstehen durch die Verarbeitung in den Fleischkonzernen und
nicht in den Küchen der Haushalte.
Wo steht die Schweiz in Sachen Wurstkonsum?
Obwohl die Teilnehmer der Studie nicht aus der Schweiz stammen,
gelten die Resultate hierzulande ebenfalls. Die Schweiz liegt
entsprechend ihrer geografischen Lage im europäischen Mittel – je
nördlicher, desto höher der Fleischkonsum, je südlicher, desto tiefer.
*Sabine Rohrmann ist Assistenz-Professorin am Institut für
Präventiv- und Sozialmedizin der Uni Zürich. Zusammen mit
Forscherkollegen hat sie im Rahmen einer europaweiten Studie bei rund
450000 Teilnehmenden den Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und
Sterberisiko untersucht.
(Interview: SUT)
Mögliche Ursachen für die erhöhte Krebsmortalität sind laut Studie
krebserregende Stoffe wie Nitrosamine, die beim Salzen, Pökeln oder
Räuchern entstehen. Ebenfalls problematisch seien die hohen Anteile von
Cholesterin und gesättigten Fetten im Fleisch, so die Studienleiterin
ist Sabine Rohrmann vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin (siehe
Box).
Der Fleischverband und die Metzger antworten auf die Studie
Beim
Schweizer Fleisch-Fachverband (SFF) ist man über die Argumentation der
Studie empört:
«Die Studie verweist auf das ungesunde Fett, erwähnt aber
nicht, dass nur 15% der gesamten Fettaufnahme über Fleisch und
Fleischprodukte erfolgt», meint Ruedi Hadorn vom SfF. «Die auch
erwähnten Nitrosamine sind wohl krebserregend. Sie bilden sich aber nur,
wenn ein Fleischprodukt in Kombination gepökelt, einer Fermentation
unterzogen, einen gewissen Säuregrad aufweist und auf mindestens 140°C
erhitzt wird. Die Bildung der Nitrosamine beruht somit nicht auf dem
Fleisch selber, sondern auf einer falschen Handhabung durch zu starkes
Braten von gepökelten Waren.»
Kritisiert wird auch, dass nicht auf
den bereits erzielten Fortschritt in der Fleischbehandlung aufmerksam
gemacht wird. «Der Nitritanteil konnte in Wurstwaren durch verbesserte
Stall-, Schlacht-, und Verarbeitungshygiene durch zunehmende
Industrialisierung verringert werden», erklärt Metzgermeister Hummel von
der Metzgerei Küenzli. «Der Nitritgehalt im Nitritpökelsalz wurde im
Zuge der Diskussion um Nitrosamine in den letzten 30 Jahren massiv
gesenkt. Zudem ist durch den Einsatz von hochwertigem Buchenholzrauch
die Bildung von krebserregenden Stoffen vermeidbar.»
«Der Konsum von Wurstwaren kann kurzfristig etwas zurückgehen»
Bei
der Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft Proviande
bewusst, dass Wurstwaren weniger gesund sind als Frischfleisch: «Da hat
es nun mal Stoffe drin zum Beispiel aus Gründen der Konservierung. Doch
alles ist eine Frage des Masses: Ein Wienerli auf dem Sauerkraut oder
eine Berner Platte ab und zu kann man bedenkenlos geniessen», so der
Sprecher Erich Schlumpf. Er rechnet zwar damit, dass der Konsum der in
der Schweiz äusserst beliebten Würste kurzfristig etwas zurückgehen
könnte. «Doch langfristig wird wohl niemand auf einen feinen Cervelat
oder eine Bratwurst verzichten - Wurstwaren haben hierzulande eine zu
lange Tradition.»
Sich jedoch täglich von Bündnerfleisch, Salsiz
oder Baurenschüblig zu ernähren findet auch er nicht empfehlenswert: «Zu
einer ausgewogenen Ernährung gehört die Abwechslung. Wir propagieren
einen massvollen Fleischgenuss. Lieber etwas weniger und dafür Schweizer
Fleisch aus artgerechter Haltung. Zudem richten wir uns nach den
Empfehlungen der schweizerischen Gesellschaft für Ernährung.»
Keine Alternativen zum Herstellungsverfahren
Sophie
Frei von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung sagt klar:
«Alternative Herstellungsverfahren für Wurstwaren und Fleischprodukte
gibt es nicht. Salzen, Pökeln und Räuchern dienen der Haltbarmachung,
dem Geschmack und dem typischen Aussehen. Ungepökelt würden Würste zum
Beispiel unappetitlich grau aussehen. Die einzige Möglichkeit, die
Risikofaktoren für Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen einzudämmen,
ist, den Wurst- und Fleischkonsum einzuschränken», so Frei weiter.
(fhr/ sut)
KOMMENTARE:
Es ist erstaunlich: Immer wieder werden angeblich wissenschaftliche Studien publiziert über die Schädlichkeit von Lebensmittel. Es wird gewarnt vor Kaffee, vor Butter, vor ....
Und die Menschen werden immer älter und älter. Es verwundert mich deshalb nicht, dass die Bevölkerung gegenüber solchen Studien immer skeptischer wird.
Tschüss Studien
Auch so geht es
Bin immer noch am Leben