SVP: «Lehrer sollen eine Lehre machen»
Quelle SR DRS
Für
die SVP sind die Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz überflüssig.
Die Partei verlangt, dass Lehrkräfte künftig «praxisorientiert»
ausgebildet werden. Sie sollen eine Lehre machen, statt an die
Hochschule zu gehen.
Die SVP fordert die Abschaffung
der Hochschulen für Lehrpersonen. (Keystone Archiv)
«Wir brauchen keine Hors-Sol-Lehrer, sondern solche, die den Alltag und die Berufswelt kennen», sagte Bundesrat Ueli Maurer vor den rund 300 anwesenden SVP-Mitgliedern und Gästen. Die Akademisierung der Lehrer-Ausbildung müsse gestoppt werden, verlangte der sechsfache Vater.
Lehre statt Hochschule
Die Pädagogischen Hochschulen (PH) seien gescheitert, sagte Sarah Bösch, Mitglied der SVP-Bildungskommission. Weder könnten die Hochschulen den Nachwuchs gewährleisten, noch tauge die Ausbildung für die tägliche Arbeit der Lehrer im Klassenzimmer, sagte der Zürcher alt Nationalrat Ulrich Schlüer.
Als Alternative zu den PH schlägt die SVP eine «Lehrer-Lehre» vor. Diese soll vor allem im Schulhaus stattfinden und die angehenden Lehrkräfte von einem Kollegium berufserfahrener Lehrpersonen begleitet werden. Den künftigen Lehrkräften müsse die Fähigkeit vermittelt werden, bei den Schülern Begeisterung zu wecken für den Schulstoff.
Zur «Lehrer-Lehre» sollen nach den Vorstellungen der SVP nicht nur Maturanden zugelassen werden, sondern auch Quereinsteiger. Diese sollen eine Aufnahmeprüfung bestehen und allenfalls ihr Grundwissen während der Ausbildung nachträglich erlernen.
Praxis statt theoretisches Wissen
Durch die neue, praxisorientierte Lehrer-Ausbildung würden die Pädagogischen Hochschulen überflüssig, sagte Bösch weiter. Für das theoretische Wissen könnten Kurse an bestehenden Hochschulen eingerichtet werden - analog zur Gewerbeschule für andere Berufszweige.
Die Schülerinnen und Schüler müssten auf das Leben vorbereitet werden. Der Unterricht müsse auf die Bedürfnisse und die Anforderungen der Wirtschaft eingehen und nicht den Vorgaben der pädagogischen Bildungstechnokraten in Verwaltung und Erziehungsdirektorenkonferenz entsprechen, sagte SVP-Nationalrat Thomas de Courten.
Schweiz soll duales Bildungssystem stärken
Für SVP-Parteipräsident Toni Brunner ist die EU schuld an der zunehmenden Akademisierung der Ausbildung in der Schweiz. Die Schweiz werde in vergleichenden Studien als rückständig dargestellt, weil sie eine tiefe Maturaquote von 26 Prozent habe. In Italien liege die Quote bei 80 Prozent, in Finnland bei 95 Prozent.
Grund für diese tiefe Quote sei das duale Bildungssystem. «Von diesem Erfolgsmodell dürfen wir nicht weiter abweichen», sagte der Parteichef. Die Schweiz brauche keine höhere Maturaquote, sondern müsse zurück zur praktischen Ausbildung. «Eine Hebamme braucht keine Matura, um Kindern auf die Welt zu helfen», sagte Brunner. (bat, sda)
Kommentar : In der Regel ist es so: Wenn die SP eine gute Idee hat, wird dies von Bürgerlichen oft nur deshalb abgelehnt, weil es aus der Küche der Sozialdemokraten kommt. Wenn nun die SVP einen guten Gedanken hat, wird dieser oft nur deshalb abgelehnt, weil der Vorstoss von der Blocher-Partei kommt.
Die Forderung der SVP nach vermehrter Praxis bei der Lehrerbildung ist begrüssenswert und auf Grund meiner Erfahrungen richtig. Die bildungspolitische Forderung der SVP wird erstaunlich positiv aufgenommen. Ich habe Einblick in die pädagogischen Hochschulen und darf sagen: Die Fachhochschulen haben im Bereich Praxisbezug bereits viel getan und die Lehrpläne geändert. Doch immer noch zu wenig. Persönlich vertrete ich bei dieser Thematik die "Sowohl - Also"-Haltung. Angehende Lehrkräfte müssen nebst der praktischen Lehre auch noch die theoretischen Navigationsinstrumente mitbekommen, damit sie die Schulpraxis besser meistern können. Der Verzicht auf eine Maturität finde ich somit falsch. Ich begrüsse jedoch die Verlagerung des Gewichtes auf vermehrte angewandte Ausbildung. Obwohl die Thematik Lehrerbildung von der SVP in diesem Zeitpunkt bewusst gewählt wurde - vielleicht, um vom eigenen SVP Malaise abzulenken - hat dieser Gedankenanstoss durchaus etwas Gutes. Bei der offensichtlichen Akademisierung und der Bürokratisierung darf noch mehr Gegensteuer gehalten werden.