Rhetorik.ch Blog
Persönliche Gedanken von Marcus Knill
zu Aktuellem.
Freitag, 30. Januar 2009
Eklat am WEF
Blick online:
Am WEF in Davos sind bei einer Podiumsveranstaltung über den Gazastreifen heute die Emotionen übergekocht.
Erdogan (links) tobt - Peres hört zu. (AP)
Für den Otto Normalverbraucher sind die Diskussionsforen am WEF meist öde Kost. Aber gestern war alles anders. Zum brisanten Thema «Gibt es eine Lösung für den Nahen Osten?» zofften sich der türkische Ministerpräsident Recep Erdogan und der israelische Präsident Shimon Peres. Als Schiedsrichter versuchte WEF-Gründer Klaus Schwab die Wogen zu glätten.
Als Erdogan auf die Rede von Peres antworten wollte, unterbrach ihn der Moderator – und verwies auf knurrende Mägen und das Abendessen. Erdogan konnte nicht mehr sagen, was er sagen wollte. Er verliess die Versammlung wutentbrannt.
Kommentar:
Moderieren heisst: Alle angemessen zu Worte kommen lassen. Wenn Erdogan tatsächlich nicht mehr das Recht hatte, die Gedanken Peres zu erwidern und ihm das Wort abgeschnitten wurde, ist es verständlich und sogar richtig, dass sich der türkische Ministerpräsident gewehrt hat. Dem Moderator gehört im Grunde genommen die rote Karte.
Die grösste Bank im Land kann melden, was sie will: Sie erntet Protest, sie weckt Wut. Denn in der Krise rächt es sich, dass die UBS in der Schweiz ein Fremdkörper geblieben ist.
1/7Das Gesicht des Bonus-Empfängers: UBS-Präsident Marcel Ospel diente ab Frühjahr 2002 auch als Symbolfigur aller Abzockerdebatten in der Schweiz.
Bild: KEYSTONE/AP
So nicht! Seit bekannt wurde, dass die UBS ihren Angestellten gegen 2 Milliarden Franken an Boni auszahlen will, hagelt es Proteste. In den Leserbriefspalten und Online-Foren wird die UBS bis heute mit Vorwürfen zugedeckt, und zwar in einem Ausmass, das sich kaum noch sachlich erklären lässt. Arroganz, Abzockerei, kein Anstand: Die klare Mehrheit der Menschen äussert eine klare Meinung – so nicht, UBS!
Ein Kommunikationsunfall? Eine Imagedelle? Das Problem liegt offenbar tiefer: Die UBS ist zum Symbol verkommen für alles, was die aktuelle Krise ausmacht. Einer der grössten und wichtigsten Arbeitgeber im Land hat hier fast keinen Rückhalt mehr.
Nachdem der Bund die UBS im Notverfahren retten musste, zeigten diverse Umfragen, dass kaum eine Mehrheit der Bevölkerung dies unterstützen würde. Andere Erhebungen besagten, dass Herr und Frau Schweizer die Grossbank als «eher wenig» oder «überhaupt nicht vertrauenswürdig» erachten. Und die Markenstudie des Werbekonzerns Advico Young & Rubicam stellte fest, dass das Vertrauen in den Brand UBS innert eines Jahres um 66 Prozent abgesackt war.
Weitere Beispiele liessen sich anfügen, sie alle besagen eines: Die UBS ist – freundlich formuliert – unbeliebt. «Die Vertrauenswürdigkeit der Bank ist stark beschädigt», sagt der Kommunikationsexperte Marcus Knill, «und verlorenes Vertrauen kann leider selten neu erworben werden.»
Natürlich könnte man dies vor allem mit Kommunikationsfehlern erklären. In der ersten Phase der Finanzkrise – bis Herbst 2008 – gestand die Bank ihre Probleme allenfalls im Salamiverfahren ein, Fehler wurden bagatellisiert. In einer zweiten Phase – nach dem Rettungspaket aus Bern – setzten UBS-Präsident Peter Kurer und Konzernchef Marcel Rohner auf eine neue Bescheidenheit. Wobei sie es grundsätzlich vorzogen, sich möglichst rar zu machen. So blieb die Grossbank auch jetzt in der Bonus-Debatte auf Tauchstation, kein Versuch zur Versachlichung. Peter Kurer kritisierte zwar schon am Montag die Lohnexzesse seiner Branche, nur: Er tat dies an einer Konferenz in Riad (Saudiarabien). Die Schweizer Öffentlichkeit erfuhr nichts davon.
Die UBS hat ein Imageproblem (Robert Studer, 1997)
«Das Klima zwischen der UBS und den Schweizer Medien ist auf einem Tiefpunkt», bemerkt Knill.Und in diesem Punkt spiegelt sich ein grösseres Dilemma: Die Bank will sich jetzt wieder stärker auf den Heimmarkt stützen, doch hier war sie noch nie besonders tief verankert.
«Die UBS hat ein Imageproblem»: Dieser Satz ist älter als die UBS selber – beispielsweise äusserte ihn Robert Studer mehrfach im Jahr 1997. Die Bankgesellschaft hatte sich da gerade in Union Bank of Switzerland umgetauft, der Streit um Nazigeld und Judengold brachte sie unter internationalen Druck, und Verwaltungsratspräsident Studer wurde im Fall Meili vorgeworfen, arrogant geworden zu sein.
Nachdem die Fusion von SBG und SBV durchgepaukt worden war, setzten die erwähnten Imageprobleme erst richtig ein: Schon im ersten Jahr 1998 verlor die Fusionsbank eine Milliarde Franken im amerikanischen Spekulationsfonds LTCM; ihr Präsident, der kernige Bündner Mathis Cabiavalletta, musste gleich wieder sein Pult räumen.
Stationen einer Entfremdung
1999 folgte die Schliessung von 150 Filialen im ganzen Land, und auch danach erreichte die Entfremdung zwischen der Bank und der Heimat fast jährlich neue Stufen; einige Anlässe:
Im Jahr 2000 übernahm die UBS die Wallstreet-Grossbank PaineWebber mit 8000 Angestellten, womit sie nebenbei unterstrich, wie unwichtig ihr das Kleinkunden- und KMU-Geschäft zwischen Mettmenstetten und Minusio geworden war. Der Deal brachte einen massiven Schub an amerikanischer Bonus-Kultur in die Schweizer Bank, und vor allem kippte jetzt ein wichtiges Verhältnis: Bloss noch 40 Prozent des UBS-Personals arbeitete danach in der Schweiz.
Den ausgeschriebene Namen «United Bank of Switzerland» hatte die UBS da ohnehin schon ganz unterdrückt: Im globalen Selbstverständnis war Switzerland vernachlässigbar geworden.
Im Herbst 2001 erschien die UBS dann zum ersten Mal als Hassobjekt auf Demonstrationen: Das war nach dem Grounding der Swissair – ein Desaster, für das die Öffentlichkeit stark die UBS verantwortlich machte. UBS wurde zur Bank, welche der Nationalfluggesellschaft den Stecker rausgezogen hatte.
Im Frühjahr 2002 legte UBS-Präsident Marcel Ospel als erster Grosskonzern-Chef sein Gehalt offen. Es kam zum Aufschrei: 12.5 Millionen Franken! – die Summe lag damals noch jenseits aller Erwartungen. Ab diesem Zeitpunkt galt Marcel Ospel landauf, landab als Prototyp eines globalisierten Managers, dem es an Bezug zum Normalverdiener zu fehlen schien. Abzocker gleich Ospel: Diese Formel verfolgte den UBS-Chef bis zu seinem Rücktritt. Und mit ihm die UBS.
In den Jahren danach konnte sich die Bank zwar auch wieder allerhand Goodwill verschaffen. Dabei halfen die Sponsorengelder für Alinghi, und vor allem: Zwischen 2003 und 2007 präsentierte die Bank faszinierende Milliardengewinne. Das trug ihr vielleicht nicht gerade Liebe ein, aber wenigstens Respekt. Noch 2007 bekam die UBS in der erwähnten Advico-Markenstudie leicht bessere Vertrauenswerte als Paradeplatz-Rivale Credit Suisse.
Doch mit der Finanzkrise und den 40-Milliarden-Abschreibern schmolz diese Anerkennung im Nu. Denn nun musste die Bank umso mehr als amerikanisierter Grosskonzern wahrgenommen werden: Nicht sehr schweizerisch, aber ein Klumpenrisiko für die ganze Schweiz. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)
Bundespräsident Hans-Rudolf Merz schildert die Lage der UBS vorsichtig
zuversichtlich.
Kommentar: Diese Zuversicht die Hans-Rudolf Merz verkündet und seineVerteidigung der variablen Lohnanteile wundern mich nicht. Hat doch Bundespräsident Merz ein schlechtes Gewissen, weil er sich von der UBS über den Tisch ziehen liess und es der Bundesrat verpasst hatte, Bedingungen an die Finanzspritze zu knüpfen. Es trifft nicht zu, dass die ganze Summe der Boni vertraglich gebunden sind. Diese Falschsinformation des Bundesrates konnte bereits entlarvt werden. Bundespräsident Merz sollte nicht den ehemaligen Verteidigungsminister copieren, der Fehler ständig schönredete und nie Fehler zugeben konnte. Schade! Hat doch Bundesrat Merz seinen Job sonst recht gut gemacht.
Weshalb spricht übrigens niemand von MALUS. Ein sogenannt "variabler Lohn" müsste auch die Variation nach unten kennen. Die UBS kennt aber nur eine Variable - den Bonus (nach oben), der laut Bundesrat dank einer Wortkosmetik nicht mehr Bonus heissen darf , sondern nebenbei zur variablen Lohnkomponente umgetauft wurde.
Auch der Präsident der Finanzkommission spricht Klartext und geisselt die UBS
Nachtrag Blick:
«Vollkommen ungenügend» sei die Kommunikation nach dem Bekanntwerden der Milliardenboni der UBS, kritisierte die Kommission. Die Finanzmarktaufsicht (Finma), welche die Bezüge genehmigte, hätte viel schneller und offener reagieren müssen.
Im Ganzen geht es um eine Summe von 2 Milliarden Franken. Nur 1,3 Milliarden aber sind per Arbeitsvertrag abgedeckt. Doch mit den «hohen vertraglich nicht zugesicherten Boni» in der Höhe von geschätzten 700 Millionen Franken kann die Kommission nichts anfangen. Diese seien angesichts der UBS-Verluste nicht gerechtfertigt.
Auch die Kommunikation der Grossbank UBS selbst sei «absolut ungenügend» gewesen.
Der Bundesrat schliesslich habe mit seinen Äusserungen vom 28. Januar «nichts zur Klärung der Fakten beigetragen, sondern die Verwirrung eher noch vergrössert».
Bei aller Kritik, Konsequenzen wollte die Kommission dann doch nicht ziehen: Sie lehnte einen Antrag ab, der den Bundesrat beauftragen wollte, der UBS einen Bonusverzicht nahezulegen. (
Die UBS-Spitze reagiert verhalten auf die Forderung von Bundesrätin Doris Leuthard, das Ausmass der Boni 2008 noch vor der Bilanzkonferenz am 10. Februar offenzulegen.
Es wird noch dreister: Erhalten die USA Banker tatsächlich Geld aus der Finanzspritze?