Donnerstag, 31. Mai 2012

Müssen die Lehrer auch zu Heilpädagogen ausgebildet werden?



Wenn die Zürcher Erziehungsdirektorin die Zahl der vielen Lehrer pro Klasse senken will, so ist dies sicherlich ein gutes Ziel. In der Volksschule gibt es nämlich heute pro Klasse viel zu viele Bezugspersonen.
Mit einer heilpädagogischen Zusatzausbildung der Lehrer erhofft sich nun Regierungsrätin Aeppli eine Reduktion von Lehrkräften pro Klasse.

Es gibt jedoch  einen vernünftigeren Weg, die Zahl der Bezugspersonen zu senken, als den Klassenlehrern auch noch die Arbeit der Heilpädagogen aufzubürden. Wir müssten nur den Mut haben, die aufgelösten Sonderklassen wieder einführen. Dies hätte den grossen Vorteil, dass benachteiligte Kinder besonders gefördert würden und die Regelklasse wieder unter normalen Bedingungen arbeiten könnte. Die enorme Belastung der Klassenlehrer durch Kinder der ehemaligen Kleinklassen ist  unbestritten. Es darf nicht sein, dass die Beziehungslosigkeit in den Schulklassen zur Norm  wird.
Die Schulklassen wurden nachweisbar heterogener. Da sitzt ein hochbegabtes Kind neben einem Zappelphilipp. Ein sensibles Mädchen neben einem Einwandererkind. Dann gibt es zahlreiche Schüler, die kein Wort Deutsch können. Von jenen Kindern gar nicht zu reden, die den Unterrichts ständig  stören und deren Verhalten laufend zu wünschen übrig lässt. Die  Auflösung der Sonderklassen war vor Jahren gut gemeint. Heute ist es für einen Lehrer kaum mehr möglich, sich konzentriert der Vermittlung des Unterrichtsstoffes zu widmen.
Wollen wir einen Kollaps in der Volksschule riskieren? Nicht alle Eltern können es Regierungsrätin Aeppli gleich tun und ihr Kind in eine Privatschule schicken. Regine Aeppli müsste eigentlich so viel Führungserfahrung gesammelt haben, dass sie weiss, dass man jedes System auch ver-schlimm-bessern kann und oft ein Schritt zurück ein lohnender Schritt in die Zukunft ist, der zu einer Verbesserung führt.

Aeppli will alle Zürcher Primarlehrer zu Heilpädagogen machen

Aus TAGI
Die Bildungsdirektorin macht heiklen Vorschlag, um die Zahl der Lehrer pro Schulklasse zu reduzieren.
Soll die Zahl der Lehrer in den Schulzimmern reduzieren: Eine verlängerte Ausbildung zum Heilpädagogen.
Soll die Zahl der Lehrer in den Schulzimmern reduzieren: Eine verlängerte Ausbildung zum Heilpädagogen.
Bild: Felix Schaad, Tages-Anzeiger

Im Kanton Zürich werden schwierige Kinder seit einigen Jahren in die Normalklassen integriert. Das hat die Hektik und die Unruhe in den Klassen vergrössert. Teilweise sind neben den Hauptlehrern gegen zehn Speziallehrer und Therapeuten in den Klassen tätig.
Jetzt macht Bildungsdirektorin Regine Aeppli (SP) im Interview mit dem TA einen neuen Vorschlag, um die Zahl der Lehrpersonen in den Schulzimmern zu reduzieren. Alle Primarlehrer sollen in Zukunft zu Heilpädagogen ausgebildet werden und dann deren Aufgaben in den Klassen übernehmen: die Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Für das Primarlehrerdiplom genügte dann nicht mehr ein Bachelor (6 Semester). Nötig wäre ein Master, was die Ausbildung um mindestens anderthalb Jahre verlängern würde.

Lehrer sind nicht begeistert

Bei der Lehrerschaft wird der Vorschlag skeptisch aufgenommen. Beat W. Zemp, Zentralpräsident des Schweizerischen Lehrerverbands, begrüsst zwar, wenn die Primarlehrer künftig einen Heilpädagogik-Master machen müssten. Die heutige Ausbildung sei das absolute Minimum, aber: «Superlehrer erhält man so keine», sagt Zemp. Der Heilpädagoge sei in den Schulklassen nicht in jedem Fall ersetzbar. Manchmal sei es nötig, dass er physisch anwesend sei, um einen geordneten Unterricht zu garantieren.
Ähnlich denkt die Präsidentin des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbandes ZLV, Lilo Lätzsch. Sie gibt auch zu bedenken, dass nicht jeder Primarlehrer noch Heilpädagoge sein möchte. Es gebe viele, die die Klassenarbeit als ihre Hauptaufgabe ansähen. Auch für Lätzsch ist es zwingend, dass während mindestens 50 Prozent der Unterrichtszeit zwei Lehrpersonen anwesend sind.
(Ende Zitat)

Kommentar: Die Lehrerausbildung dürfte nicht noch zusätzlich verlängert werden. Unsere Kinder brauchen wenige  Bezugspersonen, die das Vertrauensverhältnis aufbauen können. Den Lehrern noch mehr aufzubürden, ist der falsche Weg. Entlasten wir die Klassen von Schülern, die besser und individueller in Kleinklassen gefördert werden können. Deshalb: Führen wir wieder die bewährten Sonderklassen ein, bei denen sich  die Kinder mit Defiziten dank geschulter Heilpädagogen individuell fördern lassen und die Regelklassen wesentlich entlastet werden. Beide, Begabte und Behinderte haben das Anrecht, gefördert zu werden. Beim heutigen System werden die guten Schüler schlechter und die Behinderten nicht besser.