Sonntag, 17. November 2013

Medien und die Universität Zürich

Medien als neutrale Berichterstatter oder als Anwälte von Politikern?

Wer die Berichterstattung im Fall Mörgeli rückblickend mitverfolgt, stellt eindeutig fest: Es gibt Medien, die färben die Informationen d.h. sie bezogen vorschnell Position für oder gegen Mörgeli. Das Hauptproblem liegt darin, dass in vielen Betirägen zu wenig sauber getrennt wurde zwischen Kommentar und Information.
Die Unzulänglichkeiten hinsichtlich Kommunikation vor während und nach der Entlassung von Christoph Mörgelis müsste einmal nachträglich von einem Kommunikationswissenschafter sauber analysiert werden. Bereits heute bestätigt sich, dass es für deinen Journalisten eine Kunst ist, vorurteilsfrei zu informieren. Nach meinem Dafürhalten gab es bei dieser Geschichte zu viele gefärbte Berichte.



Strafverfahren gegen Kathy Riklin im Fall Mörgeli

In Bern hat die Staatsanwaltschaft gegen Nationalrätin Kathy Riklin ein Strafverfahren eröffnet. Sie steht unter dem Verdacht, Uni-Interna ausgeplaudert zu haben, die Christoph Mörgeli betreffen.
Bestreitet die Vorwürfe: Kathy Riklin (CVP, ZH) im Nationalratssaal. (3. Oktober 2005)
Bestreitet die Vorwürfe: Kathy Riklin (CVP, ZH) im Nationalratssaal. (3. Oktober 2005)
Bild: Keystone
In der Affäre um den entlassenen Titularprofessor und SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli hat die Berner Staatsanwaltschaft eine förmliche Strafuntersuchung gegen CVP-Nationalrätin Kathy Riklin eingeleitet. «Es geht dabei um den Verdacht der Amtsgeheimnisverletzung sowie der üblen Nachrede», sagte ein Sprecher der Berner Generalstaatsanwaltschaft der «NZZ am Sonntag».
Mörgeli hatte Riklin angezeigt, weil diese in der Wandelhalle des Nationalrats Interna aus dem Universitätsrat zu den umstrittenen Dissertationen am Medizinhistorischen Institut verbreitet haben soll. Riklin bestreitet die Vorwürfe.

Angeblich keine Immunität

Wie die «NZZ am Sonntag» weiter schreibt, kann sich Riklin in der Strafuntersuchung nicht auf die parlamentarische Immunität berufen. Der Präsident der zuständigen nationalrätlichen Immunitätskommission, SVP-Nationalrat Heinz Brand, habe der Staatsanwaltschaft bereits grünes Licht erteilt, da Riklins mutmasslichen Delikte in keinem Zusammenhang mit ihrem Nationalratsmandat stehen. Eine Ermächtigung zur Strafverfolgung durch die eidgenössischen Räte sei demnach nicht notwendig.

Kommentar: Das Rad kann nicht mehr zurück gedreht werden. Doch zeichnet sich sich schon heute ab: Jede Münze hat zwei Seiten.

NACHTRAG 20 Min:


 

Die Finanzministerin als Verwalterin ungelöster Probleme

Niemand möchte in ihrer Haut stecken:

Bundesrätin Eveline  Widmer-Schlumpfs Problemdossiers wurden im Tagi
treffend analysiert:


Die Verwalterin der ungelösten Problemdossiers

 
Eveline Widmer-Schlumpf ist die heimliche Regierungschefin. Die mächtige Finanzministerin laviert zwischen allen Fronten.
Steht bei Verhandlungen mit dem Ausland permanent unter Druck: Eveline Widmer-Schlumpf.
Steht bei Verhandlungen mit dem Ausland permanent unter Druck: Eveline Widmer-Schlumpf.
Bild: Georges Gobet/AFP

Im Schweizer Bundesrat gibt es eine eigentliche Begriffsverwirrung. Der Wirtschaftsminister ist de facto Landwirtschaftsminister und die Leiterin des Finanzministeriums de facto Krösus und Wirtschaftsministerin. Am mächtigsten ist nicht der jährlich wechselnde Bundespräsident, sondern die Finanzministerin hat am meisten zu sagen und ist die heimliche Regierungschefin. Seit drei Jahren besetzt Eveline Widmer-Schlumpf dieses mächtige Amt, gar seit fünf Jahren beschäftigt sie sich an vorderster Front mit der Transformation des Finanzplatzes in die Zeit nach dem Bankgeheimnis. Und dies alles mit einer Partei im Rücken, die gerade mal 5 Prozent der Wähler hinter sich hat. Ein Grosserfolg der Frau aus dem Bündnerland.
Ein Grosserfolg für die Schweiz ist, dass in dieser Zeit trotz Finanz- und Eurokrise weder die Arbeitslosigkeit ernsthaft anstieg noch die Staatsfinanzen aus dem Ruder liefen. Doch langsam zeigt sich, dass es für die Allgemeinheit nicht gratis ist, sich mit wechselnden Mehrheiten durch den Bundesrat und das Parlament zu jonglieren. Heute, in der Halbzeit der Legislatur und zwei Jahre vor der angestrebten Wiederwahl, zeichnet sich ab, dass deswegen erstens der Staatshaushalt langsam aus dem Ruder läuft und zweitens noch immer keines der Probleme rund ums Bankgeheimnis gelöst ist.
Die effizienteste Art, sich als Finanzpolitikerin Zustimmung zu verschaffen, ist Geld zu verteilen oder für die eigene Klientel die Steuern zu senken. Dazu eignet sich die Familienpolitik besonders gut, denn die CVP ist neben der eigenen Partei die treueste Verbündete der Finanzministerin.

Finanzplatzpolitik eignet sich für linken Populismus

Zur gleichen Zeit, in der Widmer-Schlumpf mit guten Argumenten die SVP-Familieninitiative bekämpft, die zur Zementierung des traditionellen Familienmodells zu Milliardenausfällen führen würde, heisst der Bundesrat die Familieninitiative der CVP gut, wie den kürzlich veröffentlichten «Steuerpolitischen Prioritäten des Bundes» zu entnehmen ist. Laut diesen gibt es keine einzige Sparvorlage oder Steuererhöhung, aber es soll mit «Priorität eins» in der Verfassung künftig folgender Satz zu finden sein: «Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau.» Dies, nachdem immerhin auch im Wallis das Konkubinat erlaubt ist und eigentlich die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe auch verbrieft ist. Fast 2 Milliarden Franken kostet das, und trotzdem hat es laut offizieller Verlautbarung für das EFD Priorität eins.
Gleiche Priorität hat auch die Unternehmenssteuerreform 3, die «gewichtige» Mindereinnahmen zur Folge haben wird. Auffällig ist, dass kein einziges Projekt Priorität hat, das entweder Ausgaben spart oder Steuern erhöht. Wie viel das alles kostet, wagt man nicht zu sagen. Das Defizit wird Milliarden erreichen, wenn das alles durchkommt.
Für etwas linken Populismus eignet sich die ehemals so trockene Finanzplatzpolitik. Wenn man am Rande einer Parteiversammlung kurz erwähnt, die Banken müssten eigentlich doppelt so viel Eigenkapital haben wie bisher, ist die Zustimmung bei der SP und im Volk ebenso gewiss wie der Absturz der Bankaktien an der Börse. Dass jetzt der Sprecher des Finanzministeriums sagt, es gebe bis 2015 sicher keine Änderung der geltenden Vorschriften, hört niemand mehr. Genauso, wie es sich leicht sagen lässt, die gewissenlosen Banker hätten bei der Steuerhinterziehung geholfen, obwohl das Bankgeheimnis geltendes Recht war. Wenn es dann aber konkret wird, ist gewiss, dass die Finanzmarktaufsicht in einer ihrer zahllosen Untersuchungen feststellen wird, «es wurden zwar Fehler gemacht, aber das Management der Banken wusste von nichts».

Ständig unter Druck

Wenn es um die dringenden Fachfragen geht, nämlich um die Lösung des Steuerstreits der Schweiz mit allen führenden Wirtschaftsnationen, ist die Bilanz niederschmetternd. Weder Widerstand und das Beharren auf dem Bankgeheimnis, wie von politisch rechts gefordert, noch der Bruch mit der Vergangenheit, wie das die Linken wollen, ist mehrheitsfähig. Die Folge: Der Disput mit den USA ist weiterhin in der Schwebe. Der Streit mit den umliegenden Ländern Deutschland, Frankreich und Italien ist ungelöst. Mit den Franzosen und den Italienern wird zwar auf technischer Ebene verhandelt, aber spruchreif ist nichts. Im Fall von Deutschland ist seit der Ablehnung der Abgeltungssteuer vor einem Jahr nichts mehr geschehen. Man wartet auf die Bildung einer neuen Regierung. Mit der aufstrebenden Wirtschaftsmacht Indien braut sich ein neuer Konfliktherd zusammen, denn die Inder haben Kundendaten der HSBC Genf und wollen Rechtshilfe, bekommen sie aber nicht. Das wird für die Exportindustrie zum Problem.
Soll die Schweiz weiterhin ein Erfolgsmodell bleiben, kann es nicht sein, dass wir von einer Finanzministerin ohne Heimmacht regiert werden. Es braucht einen Richtungsentscheid, sonst laufen die Finanzen aus dem Ruder, und der Finanzplatz kommt nicht aus der Krise. Dass es sich die Bürgerlichen weiterhin leisten, dass sich ihre Vertreter ins Aussen- und Verteidigungsdepartement verziehen und mit Widmer-Schlumpf einfach einen linken Finanzminister verhindern, kann auf Dauer nicht die Lösung sein.

KOMMENTAR: Nach meinem Dafürhalten besteht für die Finanzministerin heute noch keine Gefahr, abgestraft zu werden. Sie wird immer noch getragen von jenen Parteien, die den Dolch zum Stoss gegen Blocher gewetzt hatten. Auch die Medien werden wohl die Finanzministerin kaum demontieren. Dennoch könnten weitere Misserfolge dem Image der umstrittenen Bundesrätin folgenschweren Schaden zufügen.