Montag, 1. August 2011

Petrus meint es heute gut mit dem Nationalfeiertag


Schön und heiss!


Das Politmarketing ist im vollen Gang



Wie zu erwarten war, haben verschiedene Parteien nach den grauenhaften Attentaten unverzüglich damit begonnen, die Katastrophe in Norwegen parteipolitisch auszuschlachten.


Ich zitiere 20 Min:


Polit-Marketing um ein Massaker

Die Schlacht um die Deutungshoheit von Anders Breiviks Tat ist in vollem Gange. Hüben wie drüben ziehen Diskutanten ihre ganz eigenen Schlüsse aus der Tat.





































Als der Massenmord des Anders Breivik bekannt wurde, reagierte der Ministerpräsident umgehend. «Unsere Antwort wird mehr Offenheit und mehr Demokratie sein», verkündete Landesvater Jens Stoltenberg, nachdem der Killer die Nation in Schock, Trauer und Wut versetzt hat. Während Norwegen dem unerhörten Verbrechen seine freiheitlichen Ideale entgegensetzt, wird in Resteuropa kontrovers über das diffuse Weltbild des 32-Jährigen diskutiert. Zwar distanziert sich dort jedermann von seiner kaltblütigen Wahnsinnstat, doch gleichzeitig suchen die Protagonisten in den Mord-Motiven des Psychopathen Munition für ihre eigenen Kämpfe.






Hilflose Mitte: mehr Staat, mehr Überwachung


Das Verbrechen ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die nach einem stärkeren Staat rufen. Schon vor den Geschehnissen des 22. Juli hat Bundesrätin Simonetta Sommaruga eine Novelle des Post- und Fernmeldegesetzes angestossen, die jedoch nicht von den Schweizer Abgeordneten in Bern abgesegnet wird, sondern als Verordnung ihres Justizministeriums daherkommt. Grund für die Veränderungen ist der Kampf gegen Kinderpornographie, doch nach den Schüssen in Norwegen haben es Sommarugas Kritiker schwerer, die der SP-Frau einen Einstieg in die Vorratsdatenspeicherung vorwerfen: Wer will schon derjenige sein, der den Schutz der Privatsphäre höher gewichtet als das Leben vieler unschuldiger Menschen?



Linke: Hilflose Verbotsforderungen und Schuldzuweisungen gen SVP


Der Ruf nach dem Staat endet nicht bei der Überwachung der Bürger, sondern ertönt auch in der politischen Landschaft. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte ein erneutes Verbotsverfahren gegen die NPD: «Das verhindert zwar keinen Anschlag, trocknet aber die finanziellen Ressourcen der Rechten aus», glaubt die SPD-Generalsekretärin. Dass der gesellschaftliche Diskurs mit der Partei so ebenso erschwert wird wie ihre Überwachung, lässt sie dabei ausser Acht. Ihr Kollege David Roth von den Schweizer Jusos ging weniger weit, sagte jedoch: «Der Hass, die Intoleranz und die Fremdenfeindlichkeit, welche von rechtspopulistischen Parteien geschürt wird, schlägt sich nicht nur in den Wählerprozenten nieder, sondern in letzter Konsequenz auch in solchen Verbrechen.»



Gemeint haben dürfte der Politiker die SVP und ihre Debatte um Zuwanderung, Integration und Religion – und hat damit seiner eigenen Sache einen Bärendienst erwiesen. Derartige Schuldzuweisungen sind im Kalkül des Psychopathen, der in seinem Pamphlet auch die politische Landschaft der Schweiz in Schwarz und Weiss unterteilt. Ad-hoc-Reaktionen wie etwa gegen die SVP und ihre Sicht der Dinge werten nicht nur die Ansichten des Täters auf, sondern manifestieren den von Breivik gezogenen Graben. Nicht zuletzt fordern sie den politischen Gegner auf, sich ebenfalls auf das perfide Schuld-Spiel einzulassen – und ausserdem hat auch linke Ignoranz zur Popularität der Rechtspopulisten überall in Europa beigetragen.


Retourkutsche: Entrückte Polit-Eliten formten den «Wutbürger»


Die Schweizer Rechte distanzierte sich im Angesicht der Bluttat vom Mörder. «Fiebrig versuchen die Medien und die roten Kommentatoren eine Verbindungslinie zwischen Breivik und der SVP zu konstruieren», wettert denn auch «Weltwoche»-Autor Urs Paul Engeler. Deutlich distanziert er sich von den «Amateur-Analytikern» der «Süddeutschen Zeitung», die in dem Mord eine politische Tat sehen.


Er selbst macht einen klassischen «Massenmörder vom Pseudo-Kommando-Typus» aus: «Dass der Attentäter lediglich ein schwadronierender Psychopath sein kann ohne eine Mission, das ziehen die hektischen Nutzniesser des Massakers nicht einmal in Betracht.» Ob Engeler mit seinem Kommentar den eigenen Chef gemeint hat? Roger Köppel spricht nur wenige Seiten zuvor davon, dass der 32-Jährige «höchstwahrscheinlich ein politischer Einzeltäter» sei. Der Zürcher hat eine ganz eigene Theorie davon, was den Mörder radikalisiert hat: eine «Unzufriedenheit und Ohnmacht, die europaweit von der elitären, der Lebensrealität der Leute immer stärker entrückten politischen Klasse verursacht werden. Breivik ist die pervertierte Variante des europäischen ‹Wutbürgers›». Und das hänge mit der «unbewältigten Zuwanderung aus muslimischen und/oder afrikanischen Ländern» zusammen.



Kulturkämpfer und Rechtsextreme finden «des Pudels Kern»



Noch weiter gehen die Vertreter der Kulturkampf-These, die offen anti-islamisch agitieren. Die «Weltwoche» druckte einen Artikel des US-Autors und Exil-Norwegers Bruce Bawer ab, der weinte, als er von den Anschlägen erfuhr, von denen es anfangs hiess, Islamisten hätten sie verübt. Doch der Buchautor hoffte auch, dass «Politiker nach diesem Terrorakt künftig verantwortungsbewusster auf die Probleme reagieren, die sich im Zusammenhang mit dem Islam stellen». Dann erfuhr er, dass es Breivik gewesen war: Die Tränen des Mitleids versiegten offenbar. «Mir war sofort klar, dass diese Gewalttat einem wichtigen Anliegen schweren Schaden zufügen wird.» Sein Buch «Surrender. Appeasing Islam, Sacrificing Freedom» wird von Breivik zitiert. Brawer wiederum findet die Islam-Analyse im ersten Teil des Pamphlets des Täters «hochintelligent».


Rechtspopulisten sind nicht gleich Rechtsextreme: Erstere stellen wie auch Anders Breivik Faschismus mit Marxismus und dem Islam per se auf eine Stufe.
Trotz der Grabenkämpfe zwischen links und rechts sind sich die Lager in einem Punkt einig: Die Themenkomplexe Einwanderung, Religion und Integration müssen in der europäischen Gesellschaft breiter diskutiert werden. Nur bei dem Warum sind sich die Lager uneinig: Auf der einen Seite warnt die «Weltwoche» vor einer schleichenden Islamisierung, auf der anderen die «Zeit» vor einer «Verharmlosung der wachsenden Islamfeindlichkeit».
Das die Themen auf die Agenda kamen, war die Intention eines verrückten Psychopathen. Dass er ausserhalb Norwegens auf diese Art und Weise ernst genommen wird, zeigt, dass er ein Ziel schon erreicht hat.



Kommentar: Der Massenmörder hat eigentlich mit dem Massaker seiner Ideologie einen Bärendienst erwiesen. Die Wahnsinns-Tat brachte der norwegischen Arbeiterpartei einen enormen Zulauf und den Sozialdemokraten wurden nicht geschwächt. Anderseits werden  vermutlich die Rechtsaussenpartei  bei den bevorstehenden Wahlen in ganz Europa  Einbussen erleben. 


Wenn nun aber der Irrsinns-Tat eines Einzelnen dazu führen würde, dass die Einwanderungs- und der Terrorismus der extremen Kämpfer für den heiligen Krieg nicht mehr angesprochen werden dürften, so wäre dies genau so falsch, wie wenn die Staaten ermächtigt würden einen Polizeistaat einzurichten (Abhöraktionen, Fichen usw.).

In einer offenen Gesellschaft müssen wir Diskussionen immer zulassen. Doch dürfen diese Meinungen nie mit Gewalt durchgesetzt werden. Auseinandersetzungen gilt es verbal auszutragen.  Versuche, nach der Katastrophe einen totalitären Uebewachungsstaat oder Maulkörbe einzuführen, dürfen wir nicht zulassen.

Man muss bei der Weltwoche nicht immer einverstanden sein, doch fand ich Köppel Kritiker, welche mit folgenden Aussagen des  Weltwoche -Chefredaktors völlig einverstanden sind:

"Wer kritisch über  Zuwanderung redet, ist noch kein Breivik, sondern einfach ein besorgter Mensch, der die Probleme nicht unter den Teppich gekehrt haben möchte." 

Und fährt fort:

"In der Schweiz können Leute über Minarette abstimmen und müssen nicht zu anderen Methoden greifen."

Mit dieser Formulierung hat Köppel bei der Thematik "Wahnsinnstat und Politik" den Nagel auf den Kopf getroffen.

Ein Leser mailte mir gestern folgende Zeilen dazu:

Breivik liebt Lacoste Kleider. Wer nun alle Menschen, die ebenfalls Lacoste Pullover tragen, als Breivik Sympathisanten bezeichen würde, könnte nicht logisch denken. Nur weil der Massenmörder ein Flair für Mont-Blanc Stifte hatte, dürften wir künftig auch nicht solche Füllis oder  Kugelschreiber verbieten.

Ich bin überzeugt, dass in den kommenden Wochen von verschiedensten Seiten versucht wird, aus der Katastrophe in Norwegen politisches Kapital zu schlagen.


FAZIT:


Wenn eine Partei, eine Marke wie beispielsweise das Logo Lacoste auf dem Pullover des Massenmörders im Umfeld eines Massenmörders zu sehen ist, besteht immer die Gefahr, dass dies zu einem Imageschaden  führt. Aber nur dann, wenn das assozierte Wertegerüst der entsprechenden Marke weniger stark ist als die Wahnsinnstat. Obschon nicht alle Marken aus einem negativen Anlass Schaden genommen haben (Beispielsweise der weisse  Ford   Modell Bronco, mit dem der des zweifachen Mordes verdächtigten O.J. Simson geflüchtet ist). Dennoch ist es immer Gift, wenn eine Marke oder Partei mit einem Verbrecher in Verbindung gebracht wird.