Von BLATTER aus VISP zu INFANTINO aus BRIG
Es ist also wieder ein Walliser: Der bisherige
UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino ist heute im Zürcher Hallenstadion
am ausserordentlichen FIFA-Kongress zum Nachfolger von Sepp Blatter
gewählt worden. Damit ist der 45-jährige Schweizer der neunte
FIFA-Präsident in der 112-jährigen Geschichte des Fussball-Weltverbands.
Doch wer ist der Mann, der die FIFA in eine neue, bessere Zukunft ohne Korruption und ohne Skandale und Skandälchen führen soll?
Gianni Infantino war bislang nur der «Herr der Kugeln». Bild: EPA/KEYSTONE
Infantino kam 1970 in Brig als jüngstes Kind italienischer Einwanderer zur Welt. Eigentlich wäre «Piccolino», wie er in der
Familie
nur genannt wurde, gerne Profi-Fussballer geworden. Doch das Talent
reichte dafür nicht. Nichtsdestotrotz verschlang Infantino alles, was
mit
Fussball
zu tun hatte: Er las die «Gazzetta dello Sport», kaufte sich andere
Sportzeitschriften und verpasste keine Sportsendung im Fernsehen.
Seit 2000 bei der UEFA
Nach
dem Studium der Rechtswissenschaften an der Uni Fribourg widmete sich
Infantino bald auch beruflich dem Fussball. Schnell machte er sich beim
1995 gegründeten Internationalen Zentrum für Sportstudien (CIES), der
Kaderschmiede der Fussballfunktionäre, an der Universität Neuenburg
einen Namen. In seiner Funktion als Generalsekretär des Instituts beriet
Infantino verschiedene nationale und internationale Fussballgremien.
2000
folgte Infantino dem Ruf der UEFA. Langsam erklomm er die Stufen des
Verbands. Am Anfang standen kommerzielle, rechtliche und
Profifussball-Angelegenheiten, 2004 wurde er zum Direktor des
Rechtsdienstes ernannt, im gleichen Jahr noch Interims-Generaldirektor.
Seit 2009 amtet er als stellvertretender Generalsekretär, bevor er im
Oktober 2009 die operationelle Spitze erklimmt: das Amt des
Generalsekretärs.
Financial Fairplay miteingeführt
Infantino
hat sich den Ruf eines hartnäckigen Aufklärers und integren Schaffers
erarbeitet, schmutzige Wäsche tauchte bei ihm bisher nicht auf. Er hatte
Einsitz in der seinerseits von Blatter gegründeten Reformkommission der
FIFA, Prunkstück seiner Amtszeit als UEFA-Generalsekretär ist das
Financial Fairplay. Damit sollten die europäischen Fussballvereine dazu
angehalten werden, nachhaltiger zu wirtschaften.
Mit
viel Vorschusslorbeeren 2010 gestartet, schlug dem Programm in den
vergangenen Jahren aber ein härterer Wind entgegen. Das Weiterwursteln
der mit Scheich-Milliarden gespritzten Klubs wie Manchester City und Paris St-Germain führte dazu, dass das Financial-Fairplay-Programm von vielen als Papiertiger betrachtet wird.
Michel Platini und Sepp Blatter haben
ausgespielt: Die beiden entmachteten, ehemals mächtigsten
Fussball-Funktionäre am FIFA-Generalkongress im vergangenen Mai. Bild: EPA/KEYSTONE / EPA FILE
Infantinos
Schwäche war bislang seine Farblosigkeit. Als Generalsekretär spielte
er zwar jeweils den Zeremonienmeister bei Champions-League-Auslosungen,
das Charisma eines Michel Platini oder Sepp Blatters geht dem Juristen
aber ab. Eine schillernde Persönlichkeit, nein, das war er bislang
nicht, viel eher ein nüchterner Technokrat. Im FIFA-Zirkus, in dem ein
joviales Schulterklopfen oftmals mehr zählt als ernsthafte Reformen, ist
das nicht die allerbeste Voraussetzung.
Ein junger Kosmopolit
Dafür
wird ihm seine Vielsprachigkeit zugutekommen: Gleich sechs Sprachen
spricht der schweizerisch-italienische Doppelbürger: Deutsch,
Italienisch, Französisch, Englisch, Spanisch und Arabisch. Ein Pluspunkt
beim Verhandeln um die nötigen Reformen.
Infantino
gehört zudem innerhalb der Fussball-Funktionärsfamilie zur jüngeren
Generation. Der Korruptionsschmutz der verknöcherten FIFA-Garde haftet
dem 45-Jährigen nur schon wegen seines Alters kaum an.