Sonderbares Demokratieverständnis
Am Samstagabend hörte ich am Radio auf einem deutschen Sender, verschiedene Begründungen, weshalb man auf Bürgerentscheide verzichten müsse:
1. Das Volk sei verführbar und das Volk würde somit Populisten auf den Leim kriechen
2. Bei Abstimmungen könnten Minderheiten Mehrheiten überstimmen. In der Begründung hiess es, oft würden nur 30 % zur Abstimmung gehen und so bestimmten im Grunde genommen nur eine Minderheit über die Mehrheit
3. Die gewählte Regierung müsse immer allein bestimmen, wofür das Geld ausgeben wird. Es gehe nicht an, dass die Bevölkerung der Regierung vorschreiben könne, was wichtig sei
4. Zur Förderung der Mitsprache könnten der Bevölkerung lediglichVorlagen zur Vernehmlassung vorgelegt werden, damit sei der Volksmeinung Genüge getan
5. Für solche Befragungen könnte man nach einem Zufallsprinzip Bürger bestimmen, damit nur diese ausgewählte Gruppe vor der Meinungsmache einer Partei oder von dominierenden Meinungsmachern geschützt bleibe
Wie bindend sollen Volksentscheide sein?
Kommentar: Die Argumentation machte mir deutlich, dass man in Deutschland ein sonderbares Demokratieverständnis hat. Weshalb diese Furcht vor dem Volkswillen? Auch bei uns gibt es einzelne Politiker, die wieder die Volksrechte beschneiden möchten. Sie vertreten ebenfalls die Meinung dass in einer Demokratie (Volksherrschaft*) das Volk nicht das letzte Wort haben darf und Volksentscheide nicht bindend sein dürfen. Die Diskussion im SWR machte mir bewusst, dass die Deutschen immer noch gebrandmarkt sind von der Aera Hitlers. Damals stand bekanntlich die Bevölkerung hinter dem Volksverführer und verhalfen ihm zur Macht.
*Aus Wikipedia:
Demokratie (
gr. Δημοκρατία, von
δῆμος [
dēmos], „
Volk“, und
κρατία [
kratía], „Herrschaft“, vgl.
-kratie) bezeichnet einerseits das
Ideal einer durch die Zustimmung der Mehrheit der Bürger und die
Beteiligung der Bürger legitimierten
Regierungsform, der „Volksherrschaft“. Diese Idealvorstellung wird in
Demokratietheorien konkretisiert, die jeweils eine bestimmte Vorstellung von Demokratie beinhalten: so die
direkte Demokratie,
repräsentative Demokratie,
Demarchie,
Radikaldemokratie oder
Basisdemokratie.
Andererseits bezeichnet
Demokratie einige tatsächlich existierende politische Systeme, die sich – unter anderem – durch
freie Wahlen, das
Mehrheitsprinzip, politische Repräsentation, den Respekt politischer
Opposition,
Verfassungsmäßigkeit und den Schutz der
Grundrechte (bzw. nur den Staatsbürgern vorbehaltene
Bürgerrechte) auszeichnen.
Die Demokratie ist in Deutschland (
Art. 20 Abs. 1 GG), Österreich (Artikel 1
B-VG) und der Schweiz (Präambel der
schweizerischen Bundesverfassung) als tragendes Verfassungsprinzip fest verankert.
Das Wort „Demokratie“ ist im
antiken Griechenland entstanden und bedeutete dort die direkte Volksherrschaft. Der Begriff „
Volk“ wurde in jener Zeit sehr eng gefasst, da mit diesem nur einer äußerst begrenzten Gruppe von
Bürgern politische
Partizipationsrechte eingeräumt wurden. So konnten in einer griechischen
Polis nur freie Männer an
Volksversammlungen teilnehmen.