Montag, 9. Mai 2011


Soll die Fotografie des toten Bin Laden publiziert werden?

Marcus Knill
Es ist begreiflich, wenn die Medien das Bild des getöteten Terroristen publizieren möchten. Die Begründung lautete meist: Die Öffentlichkeit hätte dann den Bildbeweis. Doch geht es der Boulevardpresse vor allem um das Bild und damit um die Einschaltquote.
Persönlich war ich – wie Obama – immer gegen eine Publikation einer Foto. Nicht, weil die Aufnahme bei den Anhängern Bin Ladens Rachegefühle aufkommen lassen. Auch nicht, weil der Bevölkerung solch grauenhafte Bilder nicht zugemutet werden könnten (In Krimis werden oft noch schlimmere Bilder gezeigt). Ich glaube auch nicht, dass mit einer Publikation die Verschwörungstheoretiker zum Schweigen gebracht werden könnten.
Es geht mir vielmehr  um ein Prinzip (von den amerikanischen Medien wird dies als Kodex meist eingehalten und bei uns wird es in den meisten Redaktionen so gehandhabt): Es dürfen keine Toten oder gefolterten Menschen abgebildet werden.
Der Kommunikationsfehler im Weissen Haus war aus meiner Sicht die uneinheitliche Information.  Zuerst wollte ein Sicherheitsbeauftragte die Aufnahme zeigen, dann intervenierte der Präsident und das Bild des toten Bin Laden durfte man nicht mehr zeigen. (Es wurde auch bei der Bewaffnung Bin Ladens uneinheitlich informiert. Zuerst hiess es, er sei bewaffnet gewesen, dann wurde dies dementiert.)
Es kamen einige gefälschte Aufnahmen in Zirkulation. Und Obamas Entscheid war aus meiner Sicht richtig. Aus Fachkreisen wurde ich nach meiner publizierten Analyse im Tages-Anzeiger darauf aufmerksam gemacht, dass bei einem grosskalibrigen Schuss durch den Kopf eine visuelle Identifikation ohnehin nichts bringe. Das Gesicht sei meist völlig entstellt. Der Profi, der mir geschrieben hatte, muss laufend Opfer nach Verbrechen untersuchen. Die Idee dieser Fachperson hat etwas für sich. Sie sagte mir am Telefon, man könnte ja die Originalaufnahme lediglich zur Akteneinsicht freigeben, vor allem die DNA-Resultate. Das würde zu einer gewissen Entspannung führen.
Eines steht jedenfalls fest: Ob das Bild publiziert wird oder nicht: Es ist immer falsch, d.h. die Verschwörungstheoretiker lassen sich  durch keine Dokumente von ihrer Theorie abbringen.


Marcus Knill
Sonntag, 8. Mai 2011  (Quelle: persönlich.com)

Darf man sich über den Tod eines Terroristen freuen?


Quelle Tagi:


Richter zeigt Merkel an – wegen Freude über Bin Ladens Tod


Angela Merkel hat sich über die Liquidierung von Osama Bin Laden gefreut. Darf man das? Ein Hamburger Richter findet nein – und zeigt die deutsche Bundeskanzlerin an.

Unglückliche Aussage: Angela Merkel wurde angezeigt – hier im Gespräch mit dem griechischen Premierminister George Papandreou in Brüssel.
Unglückliche Aussage: Angela Merkel wurde angezeigt – hier im Gespräch mit dem griechischen Premierminister George Papandreou in Brüssel.
Bild: Keystone


Gemäss Paragraf 140 des Strafgesetzbuches werfe der Richter der Bundeskanzlerin Belohnung und Billigung von Straftaten vor, bestätigte der Hamburger Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers den Eingang der zweiseitigen Anzeige. Merkel hatte am vergangenen Montag erklärt, sie freue sich darüber, «dass es gelungen ist, bin Laden zu töten».
«Diese Äusserung – für die Tochter eines christlichen Geistlichen verwunderlich und abseits aller Werte wie Menschenwürde, Barmherzigkeit und Rechtsstaat - begründet den Anfangsverdacht einer Straftat nach Paragraf 140 des Strafgesetzbuches», heisst es in der Anzeige, die bei der Hamburger Staatsanwaltschaft einging. Merkels Äusserung war zur bundesweiten Verbreitung bestimmt, was keiner Begründung bedürfe. Wie der Richter weiter ausführte, hat sich «der Erfolgswert der Straftat bestimmungsgemäss nicht nur in Berlin, sondern allen Bezirken aller deutschen Staatsanwaltschaften realisiert». Damit sei auch die Hamburger Anklagebehörde zuständig.


«Ich bin ein rechtstreuer Bürger»


Möllers geht dennoch davon aus, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft das Verfahren an die zuständige Behörde in Berlin abgeben werde.
Der 54-jährige Jurist aus dem Stadtteil Rotherbaum ist seit 21 Jahren Richter am Arbeitsgericht in Hamburg. Der «Hamburger Morgenpost» sagte er: «Ich bin eben ein rechtstreuer Bürger und als Richter auf Recht und Gesetz vereidigt.» Die Äusserung von Merkel bezeichnete er als «stilloses und würdeloses Verhalten».

Zu einer Geste, die zu reden gab (Fortsetzungsgeschichte der historischen Aufnahme)




Selbstschutzbehauptung der Aussenministerin?


Ich zitiere Tagi:


Entsetzen oder unterdrücktes Niesen?




US-Aussenministerin Hillary Clinton hält sich die Hand vor den Mund, als sie im Weissen Haus mit Präsident Barack Obama und dem übrigen Sicherheitsteam die Kommandoaktion auf Al-Qaida-Chef Osama bin Laden verfolgt. Sie scheint als Einzige im Situation Room ihr Entsetzen nicht verbergen zu können.
Doch Clinton will von dieser Interpretation ihrer Geste nichts wissen. Zwar bezeichnet sie den Einsatz als die «38 intensivsten Minuten meines Lebens», doch was in ihr vorgegangen sei, als das Foto entstand, wisse sie nicht mehr. Vielleicht habe sie nur ein Husten oder Niesen unterdrücken wollen, erklärte sie heute bei einer Pressekonferenz mit ihrem italienischen Kollegen Franco Frattini in Rom.


Kommentar: Die Augen verraten, dass Hillary Clintons Begründung eine Selbstschutzbehauptung ist.


In meinen Analysen prognostizierte ich, dass das Bild historische Dimensionen hat. Jedenfalls beginne  bei dieser Aufnahme (auch nach 20 Min) bereits eine Ikonenbildung:


Bin Ladens Tod: Experten zur Macht der Bilder


Mittwoch, 4. Mai 2011,

Die Fotos des toten Terroristenchefs Osama Bin Laden bleiben unter Verschluss. Das hat US-Präsident Barack Obama entschieden. Diese Entscheidung ist unter Politik- und Kommunikations-Experten umstritten. In einem Punkt sind sich die Experten einig: Die heftige Debatte verdeutlicht die zunehmende Macht der Bilder in Konflikt-Situationen.


Bild

Was gegen eine Veröffentlichung von Bildern von Bin Ladens Leiche spricht:

 
Der Kommunikationsexperte Marcus Knill ist gegen eine Veröffentlichung der Bilder der Leiche Osama Bin Ladens. Gegenüber «tagesschau.sf.tv» erklärt er: «Die US-Regierung ist in einem Dilemma. Einerseits müssen sie beweisen, dass es sich bei der getöteten Person tatsächlich um Osama Bin Laden handelt. Andererseits könnte ein veröffentlichtes Bild beim Zuschauer auch negative Reaktionen auslösen.»
Marcus Knill glaubt aber nicht, dass damit mit einer Publikation alle Zweifel ausgeräumt sind. Aus einem einfachen Grund: «Die Verschwörungstheoretiker kann man auch nicht mit einem Bildbeweis von ihren Theorien abbringen.» Dieser Meinung ist auch Tina Höfinghoff, Direktorin des Amerika-Hauses in Nordrhein-Westfalen. «Bilder lassen sich zu einfach manipulieren». Sie könne zwar verstehen, dass die Öffentlichkeit Bilder des toten Bin Laden sehen wolle, aber sinnvoll finde sie es nicht.
Michael Bauer vom Centrum für angewandte Politikforschung in München geht sogar noch ein Stück weiter: «Wenn Sie sich Verschwörungstheorien mal anschauen, dann wird es da geradezu als Beweis für die Theorie gesehen, wenn ein Staat hingeht und versucht, das zu entkräften.»
Was die Vorteile einer Veröffentlichung solcher Bilder wären:
Anderer Meinung ist der Terrorismus-Experte Christian Tuschhoff von der Freien Universität Berlin. Er würde einer Veröffentlichung sorgfältig ausgewählter Bilder zustimmen, vor allem weil er glaubt, dass diese sonst auf anderem Wege ans Licht kämen: «Die lassen sich ja auch versilbern.»
Welche Bedeutung Bilder als Beweise in unserer Gesellschaft haben:
«In militärischen und anti-terroristischen Kämpfen haben sich Bilder als Beweismittel etabliert», sagt Peter Ludes, Medienwissenschaftler in Bremen. Beispiele gibt es zu Genüge, allerdings zeigen sie meist keine führenden Köpfe. Lieber werden Videos präsentiert, die etwa exakte Luftangriffe der Nato auf libysche Panzer oder eben das gestürmte Anwesen Bin Ladens zeigen.
Egal, wie oft Fotos oder Videos im Laufe der Geschichte bereits manipuliert wurden, sie scheinen «das» probate Mittel zu sein, um eine Behauptung auch tatsächlich zu belegen. Auch von Bin Laden tauchten kurz nach seinem Tod vermeintliche Bilder seiner Leiche auf. Bloss wurden sie wenig später als Fälschungen entlarvt. Der Soziologe Ludes betont dennoch, dass Bilder der Glaubwürdigkeit offizieller Stellungnahmen dienen und immer wichtiger werden: «Worte allein verlieren an Bedeutung in Gesellschaften, die kontinuierlich Zugang zu Veröffentlichungen mit Offensichtlichkeiten erwarten.»
Was die US-Regierung mit den Bilder aus dem Situation Room vermitteln will:
US-Präsident Barack Obama und sein Stab werden in dem Situation Room des Weissen Hauses über die Operation gegen Bin Laden informiert. «Wie ein Laser» habe der Präsident die Monitore fixiert, schreibt die «New York Times» über die perfekt inszenierten Aufnahmen des Chef-Fotografen von Obama.


    Kommunikationsexperte Knill erklärt: «Die Bilder aus dem Situation Room zeigen eine betroffene Regierung. Der Gesichtsausdruck von Barack Obama deutet auf einen ernsthaften Präsidenten hin. Nirgends lacht der US-Präsident.»
    Und er führt fort: «Obama gibt sich auf dem Foto entschlossen. Er will seinen Stimmbürgern zeigen, seht her, ich kann schnell entscheiden. Dieses bewusst ausgewählte Foto wird von der amerikanischen Bevölkerung positiv aufgenommen werden.» Wie sich bereits in den ersten Meinungsumfragen abzeichnet, scheint die Strategie Obamas aufzugehen. Denn seine Popularität steigt an.

    Aus SF Tagsschau



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    Kommunikationsexperte Knill erklärt: «Die Bilder aus dem Situation Room zeigen eine betroffene Regierung. Der Gesichtsausdruck von Barack Obama deutet auf einen ernsthaften Präsidenten hin. Nirgends lacht der US-Präsident.»
    Und er führt fort: «Obama gibt sich auf dem Foto entschlossen. Er will seinen Stimmbürgern zeigen, seht her, ich kann schnell entscheiden. Dieses bewusst ausgewählte Foto wird von der amerikanischen Bevölkerung positiv aufgenommen werden.» Wie sich bereits in den ersten Meinungsumfragen abzeichnet, scheint die Strategie Obamas aufzugehen. Denn seine Popularität steigt an.