Silvio Berlusconi stemmt sich mit seiner ganzen Kraft
dagegen, seinen Sitz als Senator abzugeben. Doch es spricht alles gegen
ihn. Der Immunitätsausschuss des Senats empfahl den Ausschluss des
Ex-Premiers. (Quelle TAGI)
Welches Familien-Modell soll unterstützt werden? In vielen Ländern wurde das traditionelle Familienmodell gleichsam bestraft, indem nur jene Ehepaare finanziell entlastet wurden, die ihre Kinder fremd betreuen liessen. Das Betreuungsgeld jener Familien, die selbst zu den Kindern schauen, werden auch Deutschland zum Zankapfel zwischen rechts und links.
AUCH IN DER SCHWEIZ (Ich zitiere NZZ)?
SVP-Familieninitiative
Kampfzone Familie
Wer seine Kinder selber betreut, soll dafür steuerlich entlastet
werden. Der Steuerabzug hat gleich hoch zu sein wie jener, der Eltern
gewährt wird, die ihre Kinder in eine Fremdbetreuung geben. Die
SVP-Initiative findet über die Partei hinaus Anhänger.
Nicht
nur die Marketingspezialisten der grossen Schweizer Detailhandelshäuser
fokussieren auf Kinder und Familien. Der Staat und seine Verwaltung tun
es auch und mit ihnen die Parteien. «Familienpolitik» nennt sich das,
und was lange nur linke und christliche Parteien interessierte, wurde in
den letzten Jahren gewissermassen Allgemeingut. Die Nuancen bleiben:
Während die Linke eher auf Gleichstellungsfragen Wert legt, sind es für
die CVP generell die Kinder, die es zu umsorgen gilt. Die FDP wiederum
gewichtet die Stellung der Frau in Arbeit und Beruf, während die
«offizielle» Familienpolitik konservative Reflexe in der SVP provoziert.
Gegen «Diskriminierung»
Mit
ihrer Mitte 2011 eingereichten Volksinitiative «Steuerabzüge auch für
Eltern, die ihre Kinder selber betreuen» will die SVP die traditionell
organisierten Familien stärken – also Familien, in denen ein Elternteil
(meist die Mutter), die Kinder zu Hause betreut. Die Initiative ist eine
Reaktion auf Neuerungen in der Familienbesteuerung, die 2009 vom
Parlament beschlossen wurden und Anfang 2011 in Kraft getreten sind.
Stein des Anstosses ist, dass die Betreuungsausgaben neu bei der
direkten Bundessteuer berücksichtigt werden: Bis zur Vollendung des 14.
Altersjahres können die nachgewiesenen Kosten für die Fremdbetreuung –
maximal 10 100 Franken jährlich – von der Steuerrechnung abgezogen
werden. Dies ist der SVP ein Dorn im Auge. Die Partei taxiert die
Reform der Familienbesteuerung als einseitige steuerliche Bevorzugung
von Eltern, die ihre Kinder in Krippen, Horte oder zu Mittagstischen
schicken; als Diskriminierung jener Väter und Mütter, die ihre Kinder zu
Hause betreuen. Traditionell lebenden Familien soll darum ein
mindestens gleich hoher Steuerabzug gewährt werden. Der Staat habe nicht
ein bestimmtes Familienmodell zu begünstigen, argumentiert die SVP.
Einverdiener-Paare verzichteten auf ein zweites Einkommen und
finanzierten mit ihren Steuern auch noch die Krippenkosten der anderen.
Die SVP spricht von einer «Verstaatlichung von Familien und Kindern» und
wertet (ohne indes die obligatorische Schule zu erwähnen) die
Fremdbetreuung als ebensolche.
Im Unterschied zu anderen
SVP-Volksinitiativen findet die Familieninitiative Anhänger über die
Parteigrenzen hinaus. Das Parlament lehnte sie zwar ab, viele
CVP-Parlamentarier und einige der FDP votierten jedoch für das Ansinnen.
Die CVP setzte sich für einen direkten Gegenentwurf ein, kam damit aber
nicht durch. Wie der Bundesrat empfiehlt auch das Parlament die
Initiative ohne Gegenvorschlag Volk und Ständen zur Ablehnung.
Das
Hauptargument des Bundesrats ist steuerrechtlicher Art. Die Kosten der
Lebenshaltung einer steuerpflichtigen Person und ihrer Familie stellten
steuerrechtlich eine Einkommensverwendung dar, schreibt der Bundesrat in
der Botschaft. «Sie sind daher grundsätzlich steuerlich nicht
abziehbar», heisst es weiter. Eltern, die ihre Kinder selber betreuen,
verzichten zwar auf einen zweiten Verdienst – sie werden dadurch aber
nicht zusätzlich mit einer Steuer belegt. Die logische Folge: Was nicht
besteuert wird, kann auch nicht steuerlich entlastet werden.
Während
die SVP von der steuerlichen Benachteiligung des traditionellen
Familienmodells ausgeht, argumentieren die Initiativgegner gerade
umgekehrt: Gleiches Einkommen vorausgesetzt, seien Zweiverdiener-Paare
aufgrund der zwingend notwendig werdenden Fremdbetreuung der Kinder
steuerlich schlechtergestellt. Ohne Steuerabzug würde der in der
Verfassung verankerten Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit, die bei Zweiverdiener-Paaren vermindert sei,
widersprochen. Kurz: Der 2009 beschlossene Steuerabzug schaffe erst die
Gleichbehandlung vor dem Steuervogt.
KOMMENTAR:
Weil es nicht so leicht ist eine Lösung zu finden, die beide Seiten befriedigt, werden in dieser Abstimmung die Emotionen recht hoch kochen. Ich bin überzeugt, dass die SVP Initiative mehr Anhänger finden wird, als es Bundesrat, Parlament und Parteien wahr haben wollen. Der Abzug für Fremdbetreuung (würde dem Bund 60 Millionen Franken einbringen). Die Aufwendungen für die Fremdbetreuung werden wohl kaum mehr rückgängig gemacht. Der Pauschalabzug für die Ehepaar mit Selbstbetreuung kostet aber auch zusätzlich. Ebenfalls einige Millionen. Die Kantone warnen schon heute vor Steuerausfällen. Es geht bei der Auseinandersetzung auch um das angeblich ideale Familienbild. Es wird mit harten Bandagen gekämpft. Die Gegner der Selbstbetreuung reden bereits von Herdprämie und die SVP spricht von Staatskindern (analog China und Russland). Einen Abzug für die
Eigenbetreuung der Kinder kennen heute nur die «katholischen» Kantone
Zug, Luzern und Wallis. Es ist kein Zufall, dass in der CVP viele mit
der SVP-Familieninitiative sympathisieren, haben die
Christlichdemokraten in den erwähnten Kantonen doch massgeblich am
Steuerabzug für die Eigenbetreuung mitgewirkt. Während Fraktion und
Parteileitung zu einem Ja tendieren und die Delegierten die Parole am
26. Oktober fassen, nehmen die CVP-Frauen im gegnerischen Komitee
Einsitz.
Im Kanton Zug können für jedes Kind unter 15 Jahren 6000
Franken für die Eigenbetreuung abgezogen werden, im Kanton Luzern sind
es pauschal 2000 Franken pro Kind, derweil es im Kanton Wallis 3000
Franken sind. Die genaue Ausgestaltung der Steuerabzüge und die
Möglichkeiten der Ansprüche unterscheiden sich von Kanton zu
Kanton. FAZIT: Liberal denkende Bürger sollten bei dieser Zeitfrage nicht in ein "Entweder-oder" Denken verfallen. Beide Familienmodelle (Fremd- und Selbstbetreuung) müssten analog unterstützt werden. Es gilt einmal mehr das "Sowohl-als auch" Prinzip. Ich vermute, dass dieser Abstimmungskampf ein überraschendes Abstimmungsresultat zeitigen wird. Möglicherweise werden sich aber auch ideologische Gräben weiter öffnen.