Samstag, 1. September 2007

Silvia Blocher ist nicht Hillary Clinton

Verschiedentlich wunderten wir uns, wie aufdringlich und aktiv sich Silvia Blocher in die Politik einmischt und sich immer wieder als Coach des Ehemannes offen zu erkennen gibt. Siehe www.rhetorik.ch (Im Suchfenster "Silvia Blocher" anklicken). Nun tingelt Silvia Blocher im Wahlherbst durch die Lande und mischt sich nun auch als Bundesratsgattin in den Wahlkampf ein.

"Das ist eine total neue Qualität in der Schweizer Politik" sagt die bekannte Politologin Regula Stämpfli und wundert sich, dass diese Phänomen in der Oeffentlichkeit nicht breiter diskutiert wird: "Es geht schliesslich um die politische Kultur unseres Landes."

Im neuen Kartenspiel "Polit Poker" (vertrieben durch die Carletto AG) mit Zeichnungen des BLICK Karikaturisten Nico erinnert die Pik- Dame an den eigentlichen Amtträger. Sivia mischt sich immer mehr ins politische Geschehen ein. Nachdem Silvia Blocher jetzt nicht nur eigene Referate zu Politik hält und mit einer eigenen 1. Augustrede geglänzt hatte, wird sie sich auch noch ab Mitte September in der Sonntagausgabe der "Mittelland-Zeitung" als Kolumnistin betätigen. Sie will zudem noch im inzwischen zurückgezogenen Wahlvideo "Himmel und Hölle" gemeinsam mit dem Mann den "Himmel" repräsentieren. Die Dame bei Blochers scheint immer mehr den Mann in den Schatten zu stellen.

Deshalb möchten wir dieses neue Verhalten der Schattenbundesrätin aus unserer Sicht zusätzlich beleuchten:

Tatsächlich ist noch nie eine Bundesratsgattin oder ein Gatte einer Bundesrätin in diesem Ausmass ein Teil der Politik des Ehepartners geworden. Bis anhin zählte stes die Devise: Der Partner hält sich in der Oeffentlichkeit bewusst zurück!

BLICK (30. August) befragte die Partner im Bundesrat: Die Ehefrau von Bundesrat Schmid hält sich in politischen Belangen bewusst zurück. Die Ehefrau von Bundesrat Leuenberger äussert sich nur zu ihrem Beruf als Architektin, aber um keinen Preis zur Politik. Auch Frau Couchepin verzichtet bewusst auf öffentliche Auftritte. Frau Merz mischt sich nie in der Politik ein und der Mann von Doris Leuthard hat ebenfalls keine Zeit für Politik.

In Deutschland mischte sich nur Doris Schröder immer wieder als Anwältin des Mannes in politischen Fragen oder bei Angriffen auf ihren Gatten aktiv ein. Sie kam jedoch nie gut an.

Zwei Beispiele:

- Doris Schröder-Köpf warf der Kanzlerkandidatin Angela Merkel in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" familienfeindliche Politik vor

- Die Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf warf später in einem offenen Brief der "Bild" Zeitung "Schmutzjournalismus" und "Demokratieverachtung" vor.

Auch Frau Clinton verbrannte sich die Finger, als sie als Gattin des Präsidenten aktiv in der Gesundheitspolitik eingriff. Nachher hielt sie sich jedoch geschickt zurück, spielte die treue Ehegattin und erduldete sogar die Seitensprünge ihres Mannes. Erst nach dem Rücktritt Bill Clintons betrat sie aktiv die politische Bühne. (Dies wurde nachträglich als cleveres Verhalten gewertet)

Das aktive Eingreifen von Silvia Blocher in der politischen Landschaft ist gewiss in der Schweiz eine spektakuläre Premiere, die uns bestätigt, dass sie es nie fertig bringen wird, sich zurückzuhalten.

Sie reist derzeit bewusst im Land herum und spricht über:

"Politik ist mein Leben"

"Ein Leben in der Politik"

Sie verkauft sich somit als Politikerin und "sonnt sich gleichsam im Schatten ihres Mannes".

Kommentar:

Wir sind nicht sicher, ob Silvia Blochers Auftritte letztlich nicht kontraproduktiv sind. Sie hofft zwar, mit ihrem Einmischen, etwas gegen die Gefahr einer Abwahl des Gatten beitragen zu können. Für mich waren auch schon die früheren organisierten Schiffsfahrten auf dem Zürichsee mit Silvia Blocher fragwürdig. Damals mussten die Leute Geld zahlen, dass sie mit der Bundesratsgattin zusammen sein durften, nur um sie zu hören. Noch mehr störte mich das ständige penetrante Einmischen der Bundesratsgattin bei Medienauftritten (Im welschen Fernsehen protestierte sie lauthals im Nebenraum gegen die Karikaturen).

Ich habe nichts gegen Ehepartner als Hofnarren. Doch dürfte dies nie öffentlich geschehen. Echte Hofnarren arbeiten stets im Hintergrund. Silvia Blocher ist zudem keine Politikerin. Sie könnte zwar als ehemalige Lehrerin kompetent über Erziehung sprechen. Doch fehlt ihr die Erfahrung als aktive Politikerin.

Die Auftritte haben für uns den Anstrich einer Frau, die vor allem eigennützig für ihre Position als Bundesratsgattin kämpft. Es wirkt so, als ängstige sie sich, nach einer allfälligen Abwahl nur noch die Frau Ex.Bundesrätin zu sein. Silvia Blocher und Hillary Clinton sind deshalb zwei völlig unterschiedliche Welten.

NACHLESE:

Im Sonntagsblick vom 2. September schafft es Silvia Blocher mit einer Homestory nicht nur auf die Titelseite. "Blochers PRIVATGESCHICHTEN" werden zusammen den Interviews fünf volle Seiten gewidmet.

Selbstverständlich geht es dem Sonntagsblick mit dem Beitrag vor allem darum, den Geheimplan gegen Blocher als Panikmache zu entlarven. Dennoch: Es gelingt Silvia , dass auch Blochers Botschaften gedruckt (multipliziert) werden.

Ob es klug war, den Journalisten die Privatsphäre (Villa, Pool, Harmonie am weissen Flügel) zu zeigen? Nochmals: Die Bundeshausgattin schaffte es - dank dieses Tricks - sogar den Sonntagsblick zu instrumentalisieren. Ob diese Strategie jedoch LANGFRISTIG aufgehen wird und sich der Tabubruch der Bundeshausgattin - die als einzige in der Schweiz aktiv Wahlkampf betreibt - auszahlen wird, darf bezweifelt werden.

"Hop Swiz" = Flop Swiz - oder sogar "Flop FDP"?

Wäre Mitte August gewählt worden, hätte die FDP gerade noch einen Wähleranteil von 15,8 Prozent erreicht, wie die SRG am Freitag mitteilte. Das sind 1,5 Prozent weniger als bei den Wahlen 2003 und 0,4 Prozent weniger als beim letzten Wahlbarometer im Juli.

Als Hauptgrund für das weitere Abbröckeln der FDP bezeichnet das Forschungsinstitut gfs.bern Schwierigkeiten bei der Mobilisierung. Jeder Fünfte, der 2003 noch FDP wählte, gab in der Befragung an, diesmal nicht an den Wahlen teilnehmen zu wollen. Auch bei der Mobilisierung von Neuwählern und bei den Wechselwählern schneidet die FDP schlecht ab.

Kommentar: Warum können sich die Wählerinnen und Wähler nicht für die FDP erwärmen? Nach unserer Prognose sind es folgende Gründe:

Die Kernbotschaft wird im Slogan "Hop Swiz" nicht ersichtlich. Bereits der Ausspruch ist ein Werbeflop. Wer den Slogan hört, merkt nicht auf Anhieb, was die FDP im Grunde genommen will. Was soll das "Swiz" (Schweiz in Rumantsch)? Eine Partei kann übrigens nicht vier Kernbotschaften festigen. Es gibt nur EINEN Kern. Doch die FDP "verkauft" mit ihrem Slogan vier Projekte, die niemand auf der Strasse kennt. Im Gegensatz dazu hat die SVP nur den EINfachen Slogan "Sicherheit schaffen" und diese Botschaft wird überall auf unterschiedlichste Art mit verschiedenen Bildern, Plakaten, Videos usw. eingeprägt (Wiederholungstaktik). Spätestens seit dem provokativen Plakat kennt das ganze Stimmvolk diesen Slogan. Frau Calmy Rey hat - ohne es zu wissen - mit ihrer Schelte auch noch viel dazu beigetragen, dass man das "Schwarze Schaf" thematisiert und diskutiert.

FDP Parteipräsident Pelli trat schon vor dem Wahlkampf mit einem gläsernen Schweizerkreuz auf und sprach - mit dem starren Glaskörper in der Hand - von "Flexibilität". Bild, Botschaft und Schlüsselwort stimmten schon damals nicht überein. Bild und Aussage müssten aber stets synchron sein.

Kommt dazu, dass die FDP das Image einer Abzockerpartei hat. Sie gilt im Volk als Wirtschaftspartei - mit den unbeliebten "Heuschrecken" - die unbegreifliche Managersalaire gut heissen und Fusionen befürworten.

Zudem wird die Partei mit Kopp, Spörri, Honegger und Co, wie auch mit Swissairskandal in Verbindung gebracht. Das sind alles Hypotheken, die schwer lasten und nicht einfach so - innert Wochen - abgeschüttelt werden können.

Die FDP agiert heute mit unattraktiven Köpfen. Sie verpasste es, Sympathieträger aufzubauen. Die Partei würde zwar über solche Personen verfügen.

Sie verschlief die Präsenz in der Oeffentlichkeit und hat damit auch am meisten demotivierte Wähler.

Die FDP überliess den anderen Parteien die Medienlandschaft.

Nach unserer Prognose wird deshalb die FDP in diesem Wahlherbst mager abschneiden.