Samstag, 20. August 2016

Was heisst authentisch kommunizieren?

Zur Authentizitäts-Kultur in der Ausbildung und bei Beratungen


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Wenn Trump sagt, "So bin ich", glaubt er, er sei natürlich und authentisch.
Viele sagen dem Gegenüber direkt ins Gesicht, was Sache ist, verletzen und beleidigen.
Nachher begründen sie ihr Tun :
"Ich bin lieber authentisch als verfremdet."
Immer wieder begegne ich Kursteilnehmer, die direktes, ungefiltertes Verhalten und Reden damit begründen, sie wären eben natürlich und echt. So wüsste wenigsten das Gegenüber, woran man sei.

Obschon Aristoteles empfahl, unauffällig ans Werk zu gehen und
"keinen gekünstelten, sondern einen natürlichen Eindruck zu erwecken" dominierte bei der Schulung der Redekunst jaharzehntelang der theaterzentrierte Ansatz.



Heute - in der angewandten Rhetorik -  ist unverstelltes Sprechen  gefragt.
Viele Berater trainieren  das authentische Kommunizieren bewusst.
Denn Authentizität übt eine Anziehungskraft aus.

Was heisst überhaupt AUTHENTISCH?






Für Carl Rogers ist Authentizität  dann gegeben, wenn inneres bewusst gewordnes Erleben und der kommunikative Selbstausdruck der Person übereinstimmen.

Ich zitiere Bernhard Pörksen (Medienwissenschafter an der Universität Tübingen):

Bei Carl Rogers kommt die Auswahl Welt nicht mehr vor. Entscheidend ist, dass bei ihm Rogers Authenzität ähnlich wie auch bei schon bei Rousseau, den Rang einer Widerstandsformel bekommt. Gefordert ist die Aufrichtigkeit  gegenüber dem Selbst, eine Treue zum persönlichen Wesenskern. Bei der Psychologin Ruth Cohn heisst es, man müsse zwischen maximaler und optimaler Authentizität unterscheiden. Maximal authentisch solle man sich selbst gegenüber sein, optimal authentisch gegenüber anderen.
"Nicht alles was echt ist, will ich sagen", so Cohn, " doch, was ich sage, muss echt sein.
Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun hat schon früh die "Nabelschau Aristokraten" der Bewegung kritisiert und die Pauschale Authentizitätsforderung durch die Leitmarxime der Stimmigkeit ersetzt. Was gesagt wird, soll, so ist seine Formulierung, wesensgemäss und situationsgerecht sein, im Idealfall Resultat einer doppelten Passung, einer angemessenen Balance. Das Gesagte PASST dann zur eigenen Person, aber auch zu den Erfordernissen der Rolle und den Besonderheiten der Situation. (Ende Zitat)

Der Konflikt


Wie lösen wir nun den Konflikt zwischen maximaler Authentizität und  Rücksichtnahme auf die Besonderheit der Situation?

Fritz Perls (Erfinder der Gestalttherapie),  der die maximale Authentizität gefordert hat, er ist Protagonist totaler Transformation. Anderseits Abraham Maslow, den die Verherrlichung der ungebremsten Immpulsivität anwidert. Wie gehen wir im Coaching mit diesem Konflikt um? Mit dem Konflikt: Maximale Authentizität vs. Rücksichtnahme auf die Situation?

Es gibt einen gangbaren Weg im Coaching: Wir müssen Echtheit, Natürlichkeit im Verhalten mit dem situationsgerehten  Verhalten unter einen Hut bringen.

Wie bringen wir diesen Gegensatz unter einen Hut?

Bekanntlich bewegen wir uns immer im Kommunikationsdreieck Ich-Du-Sache.
Bei einem fachgerechten Coaching lernt der Coaché im Simulator den erwähnten Gegensatz unter einen Hut zu bringen. Er erkennt  - dank  des Spiegels Video - wie er sich im Studio  in einer Stresssituation (im grellen Scheinwerferlicht) und in einer ungewohnten Umgebung, natürlich verhalten kann,  wie  im Alltag, um sich gleichzeitig auch adressatengerecht zu verhalten, ohne sich zu verbiegen.
So wie beim Erlernen des Schwimmens der Lernprozess nur im Wasser erworben werden kann, setzen wir die Coachés so lange der ungewohnten Umgebung aus, bis sie sich natürlich,  authentisch verhalten, ohne sich von der ungewohnten Umgebung beeinflussen zu lassen. Das benötigt eine gewisse Zeit. Theaterzentriertes Coaching führt  nach meinem Dafürhalten auf einen Holzweg.
Unbedachtes, angeblich, unverfälschtes authentisches Poltern, wie Trump es zelebriert, bringt uns jednenfalls auch nicht ans Ziel.

Zur situationsgerechten Authentizität



Es geht somit  um situationsgerechte Authentizität, die  immer die Umstände mit berücksichtigt. Wenn Obama am Bildschirm weint, so muss er zwar echt betroffen sein. Es kann aber durchaus so sein, dass er Rücksicht nimmt auf die Zuschauer und dadurch sein Verhalten entsprechend anpasst.

Die Schwierigkeit liegt darin: Wir müssen Mehreres unter einen Hut bringen können.
Es geht nicht um ein "Entweder-Oder", sondern um ein "Sowohl - als auch".

In aktuellen Kommunikationstrainings, auch in der PR und Marketingswelt, spricht niemand mehr von einer inneren und von einerr äusseren Sicht. Echtheit ist da vielfach lediglich Lockstoff. Das Natürliche wird leider zu oft nur inszeniert. Es geht  vor Allem um die Wirkung. Das authentische Bild wirkt somit künstlich geschaffen. Die inszenierte Authentizität ist für Berater hilfreich bei der erwünschten Wirkungsmaximierung. Spontanes Verhalten wird  dann vor Mikrofon und Kamera trainiert.

LINKS:

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22. Juni 2005 ... lasse, kommuniziere natürlich. Ausschlagge- bend sei lediglich, dass man im Beruf Erfolg habe. Rhetorische Grundsätze dürften pro- blemlos ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/05/06_22/06_2005_black.pdf

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Wir alle möchten natürlich, echt und glaubwürdig kommunizieren. Viele glauben, das eigene Verhalten sei bei den Alltagsauftritten stets natürlich. Zusätzliches ...
www.rhetorik.ch/Natuerlich/Natuerlich.html