Mittwoch, 25. August 2010

Wertvolle Gedankenanstösse zur Bundesratswahl im CLUB (SF)

Im Club vom 24. August waren sich die Teilnehmer einig, dass die Frauenfrage heute kein Thema ist. Geht es doch in erster Linie um qualifizierte Persönlichkeiten und nicht um die Geschlechterfrage.

Christine Maier.
Christine Maier.

- Von den neuen Kandidaten wurde einerseits erwartet, dass sie sich eindeutig und offen positionieren - anderseits wurde Verständnis gezeigt, wenn sich Kandidaten vor der Wahl vorsichtig äussern, weil man sich sonst den Eintritt in den Bundesrat unnötigerweise erschweren würde.

- Den Bundesräten fehle generell eine Vision, auch die Zeit zum Nachdenken.

- Die Triebfeder, um gewählt zu werden sei eigentlich nur der MACHT- Trieb.

- Es müsste vor allem geklärt werden: Wie kann ein Team führen? Bräuchte es nicht in einer Regierung jemand, der klar führt.

- Im Grunde genommen arbeite der Bundesrat wie ein Parlament. Er sei jedoch kein Parlament.

- Uneinig war sich die Runde in der Frage, ob krasse gegensätzliche Meinungen im Bundesrat Platz haben. Sollten nur Anwärter gewählt werden die konsensfähig sind? Oder ist sogar genau das wichtig, dass in der Exekutive alle Postionen vertreten sind und dort hart diskutiert wird?

Generell erwartet man vom Bundesrat:

- Dass er nach aussen mit einer Stimme spricht (Dass das Kommunikationsmanagement stimmt)

- Dass er lösungsorientiert arbeitet

- Dass er belastbar ist

- In der Konkordanzfrage waren sich die Teilnehmer nicht einig: Weber stellte die Konkordanz in Frage. Köppel brach eine Lanze für die bekannte These, dass ein Parteienvertreter von der Partei anerkannt werden müsse, auch wenn ein anderer Kandidat vorgeschlagen wird als es die Partei wollte. Das sei eine wichtige Voraussetzung. Die SP habe auch explizit eine Frau im Bundesrat gewünscht. Dann sei Francis Matthey gewählt worden. Die Partei liess damals nicht locker, bis Matthey die Wahl ablehnte. Aber seit der inszenierten geschickten Nacht- und Nebelaktion bei der Abwahl Blocher herrsche Unruhe im Bundesrat.

Zur Diskussion über die genannten Anwärterinnen und Anwärtern für die Ersatzwahl gehe ich an dieser Stelle nicht mehr ein.

Quelle SF:

Zitate aus der Sendung

Roger Köppel

« Ich erwarte von den Kandidierenden, dass sie die Karten auf den Tisch legen, zu ihren Positionen stehen und eine eigene Vision für die Schweiz aufzeigen. Ich muss wissen wofür sie und ihre Parteien stehen. Die Parteien müssen dem entsprechend auch Verantwortung für ihre eigenen Bundesräte übernehmen. In der letzten Zeit haben die Bundesräte zu stark losgekoppelt von ihren Parteien politisiert.»

Catherine Duttweiler

«Die Anforderungen sind massiv gestiegen: Heute hat ein Bundesrat grosse Führungsaufgaben – vor allem, wenn er sein Amt voll ausfüllen- und Strategien entwickeln will, ohne dass er sich dabei von seinen Chefbeamten führen lässt. Er muss sein Departement selbst im Griff haben. Hierfür braucht es Persönlichkeiten, die Führungserfahrung haben und Teamplayer sind. Diese Fähigkeiten sind viel wichtiger, als Parteizugehörigkeit, kantonale Herkunft oder Religion.»

Georg Kohler

«Früher hatte die Schweiz einen breiten Basiskonsens von links bis rechts. Das ist vorbei. Die alte Idee der arithmetischen Konkordanz funktioniert heute nicht mehr - und das hat mit der SVP zu tun, die heute sehr rechts politisiert. Also: Entweder man bindet diese erstarkte Partei ein, dann ergibt sich eine Mitte-Rechts-Regierung oder man lässt sie draussen und hat somit eine Mitte-Links-Koalition ohne SVP. »

Ingrid Deltenre

«Die Konkordanz ist ein gutes und nachhaltig erfolgreiches System. Es wäre kurzfristig gedacht, ein so bewährtes System jetzt nur aufgrund von zeitgeistigen Erscheinungen über den Haufen zu werfen. Der Bundesrat muss die verschiedenen Werthaltungen in der Gesellschaft abbilden. Dafür ist die Zauberformel ein gutes Hilfsmittel. Der Bundesrat behandelt wichtige, grundsätzliche Fragen und für die findet man nur Lösungen, wenn man die relevanten Parteien einbindet. »

Victor Giacobbo

«Wir leisten uns mit unserem Bundesrat eigentlich nochmals ein kleines konzentriertes Parlament. Durch die Vielzahl der vertretenen Positionen wird der Bundesrat zu einem Gremium das debattiert, statt regiert. Dies blockiert den Bundesrat. Man müsste sich mal überlegen, wie man das System anders gestalten könnte. Die Bildung von Koalitionsregierungen wäre für mich eine denkbare Option.»

Ein lesenswerter Beitrag im Tagi von Allan Guggenbühl

In verschiedensten Blogartikeln forderte ich für unsere Schule mehr KONSTANZ und vor einer BEZUGSPERSON, die sich mit den Kindern auseinandersetzt. Auch MEHR ZEIT fürs Kerngeschäft. Allan Guggenbühl beleuchtet im Tagi dieses Problem mit treffenden Worten.

PS: Ihre Meinung zu Guggenbühls Gedanken können Sie mir zukommen lassen - unter k-k@bluewin.ch

Ich zitiere aus Tagi:

Heute steht die Volksschule noch unter zusätzlichem Druck: Reformen, die mit dem Stichwort Qualitätssicherung durchgesetzt werden und bei denen die Pisa-Resultate als Begründung herhalten müssen, erschweren die Arbeit vieler Lehrpersonen. Man will die Fachlehrpersonen einführen. Die Schüler und Schülerinnen haben dann nicht ein oder zwei Lehrpersonen, sondern werden schon ab der ersten Klassen von drei, vier und später noch mehr Lehrpersonen unterrichtet. Dazu kommen noch spezielle Förderlehrer und Spezialunterricht. Die Idee ist, dass sich die Fachkompetenz der Lehrperson erhöht. Die Folge: Die Schüler müssen mit verschiedenen Erwachsenen eine Beziehung aufnehmen, psychologisch etwas Unmögliches. Vor allem für zurückgezogene oder sozial herausgeforderte Kinder ist dies eine Katastrophe. Sie haben niemanden, der sich wirklich mit ihnen auseinandersetzt, sie kennen lernt, Konflikte austrägt. Es kommt zu einer Verantwortungsdiffusion.

Andere Reformen betreffend den Unterrichtsstil: Man setzt auf soziale Kompetenzen und eigenständiges Lernen und degradiert den Lehrer zum Coach. Wieder: Für viele Kinder kein Problem! Doch einige Kinder, und darunter vor allem Knaben, haben damit grosse Mühe. Sie bräuchten einen klaren Bezugsrahmen, eindeutige Verhältnisse. Zudem: Bei den sogenannten sozialen Kompetenzen, die heute entscheidend für eine erfolgreiche Schulkarriere sind, handelt es sich um Verhaltensweisen, die vor allem den Mädchen entgegenkommen: Beziehungssprache, Gefühle in Worte ausdrücken, sich umarmen statt zu rammeln, ruhig sitzen und hinhören statt dreinreden und verhandeln wollen. Das bübische Verhalten ist verpönt: witzeln, provozieren, prahlen oder krasse Geschichten erzählen wird selten goutiert. Oft verlangt man von den Jungs sogar, dass sie selbstständig merken, was sie tun sollten; eigene Lernziele formulieren, ein Portfolio führen. Dies funktioniert bei den meisten Knaben nicht: Sie wollen, dass man ihnen befiehlt, was sie zu tun bzw. zu lernen haben. Sie integrieren sich in der Schule über Widerstand. Die Folge dieser Pädagogik: Knaben haben objektiv grosse Probleme in der Schule, schreiben schlechtere Noten, leiden unter mehr Schulausschlüssen und im Gegensatz zu den Mädchen häufiger unter Schulverleider. Und: Obwohl sie es von der Intelligenz her könnten, haben sie schlechtere Chancen ins Gymnasium zu kommen, wie eine schubladisierte Untersuchung des Kantons Zürich zeigt.

Es ist ein Skandal, dass diese Missstände nicht behoben werden und man nicht an einer knabengerechteren Schule arbeitet. Knaben können auch Freude am Lernen entwickeln und gerne zur Schule gehen. Keines der Geschlechter darf in der Volksschule benachteiligt werden!

MAMABLOG-ALLAN-GUGGENBUEHLAllan Guggenbühl, Psychologe FSP, dipl. analyt. Psychotherapeut SGAP, ist Leiter des Instituts für Konfliktmanagement und Mythodrama (IKM), Leiter der Abteilung für Gruppenpsychotherapie für Kinder und Jugendliche an der Erziehungsberatung der Stadt Bern sowie Dozent an der Pädagogischen Hochschule des Kantons Zürich. Guggenbühl ist Autor von «Kleine Machos in der Krise».

Bundesratswahlen:

DAS DILEMMA BEI DER GESCHLECHTERFRAGE

Nachdem jahrelang die Männer in der politischen Landschaft dominiert hatten, verlangten Frauenrechtlerinnen die Quotenregelung. Nachdem beim Bundesrat die Frauen dominieren könnten, stehen die Frauenrechtlerinnen vor einer sonderbaren Situation. Die These der Bevölkerung "Qualität kommt vor Geschlecht" stimmt nicht mehr mit der geforderten Quotenregelung überein.

(Aus 20 Min)

Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte

Doch nun findet ausgerechnet eine SP-Bundesrätin fünf Frauen im Bundesrat problematisch. Damit steht sie im Widerspruch zu jahrelanger Bemühungen der eigenen Partei. Noch am 14. Juni 1991 legten rund eine halbe Million Schweizerinnen ihre Arbeit für einen Tag nieder. Mit dem «Frauenstreik» prangerten sie die zu langsame Umsetzung des Verfassungsartikels an, der gleiche Rechte für Mann und Frau versprach. Die Stimmung zum Kochen brachte schliesslich die Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat am 3. März 1993. Die Bundesversammlung hatte an ihrer Stelle den Neuenburger Francis Matthey zum Nachfolger von Bundesrat René Felber gewählt. Für die SP war es nach der Wahl Otto Stichs anstelle Lilian Uchtenhagens im Dezember 1983 bereits das zweite Mal, dass statt der von der Partei vorgeschlagenen Frau ein Mann gewählt wurde. Matthey wurde in der Folge von der eigenen Partei unter Druck gesetzt, auf das Amt zu verzichten, was er schliesslich auch tat. Eine Woche später wurde Ruth Dreifuss in den Bundesrat gewählt.

Als Folge der Nichtwahl Brunners wurde noch am selben Tag die Quoteninitiative lanciert. Diese forderte eine gerechte Verteilung in den Bundesbehörden: Im Bundesrat sollten mindestens drei Frauen Einsitz nehmen. Sieben Jahre später, als die Initiative zur Abstimmung gelangte, schmetterte das Volk das Begehren mit 70 Prozent ab. Seit 2007 sind mit Micheline Calmy-Rey, Doris Leuthard und Eveline Widmer-Schlumpf allerdings auch ohne Initiative drei Frauen im Bundesrat. Für die SP zu wenig. Die heuer als Bundesratskandidatin gehandelte Winterthurer SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr sagte noch am Tag der verlorenen Abstimmung zur Quoteninitiative im Jahr 2000 in einem Zeitungsinterview: «Wir wollen eher vier Frauen als drei im Bundesrat.» Ihre Zürcher Kollegin Christine Goll forderte gar «zur Abwechslung sieben Frauen im Bundesrat».

«Die Gleichstellungspolitik ist nötig wie eh und je»

Sieben Bundesrätinnen wird es vorerst nicht geben, aber die Chancen stehen gut, dass am 22. September mindestens eine weitere Frau in die Regierung gewählt wird. Für eine SP-Bundesrätin müsste das ein Anlass zur Freude sein.

Nicht so für Calmy-Rey. Sind für die Partei Gleichberechtigungsfragen nicht mehr aktuell, weil diese die Generation Playstation nicht mehr interessieren? I

Die Journalistin und Autorin Esther Girsberger («Abgewählt – Frauen an der Macht leben gefährlich») räumt zwar ein, dass Gleichberechtigung bei der jungen Generation, die nicht dafür kämpfen musste, nicht so eine reflektierte Angelegenheit sei, wie das bei der Pioniergeneration der Fall gewesen sei. Die Hauptmotivation für Calmy-Reys Ausspruch sieht sie auf Anfrage von 20 Minuten Online indessen anderswo: «Die Bundesrätin ist bekannt dafür, dass sie gerne Aufmerksamkeit hat und befürchtet nun, diese zu verlieren.» Deshalb könne man in diesem Zusammenhang auch nicht sagen «wenn eine SP-Bundesrätin so etwas sagt», sondern «wenn Calmy-Rey so etwas sagt».

Kommentar: Früher wie heute darf die Geschlechterfrage nicht dazu führen, dass das Geschlecht wichtiger ist als die Kompetenz einer Persönlichkeit. Es darf weder Alibifrauen noch Alibimänner geben.

Quotenreglungen waren und sind auch heute noch fragwürdig.