Die erwähnten Bedenken im Deal Bundesrat Grabers mit den PLO wird nun in den Medien bereits diskutiert:
Mit dem PLO-Abkommen habe sich die Schweiz erpressbar gemacht und
sich der Terrorlogik gebeugt, kritisieren nun Schweizer Politiker.
Bundesrat Pierre Graber spricht anlässlich der Ständeratsdebatte zur
Kürzung des UNESCO-Beitrages der Schweiz, aufgenommen am 3. Dezember
1974 in Bern. Bild: STR/Keystone
Ich zitiere den Tagi:
Oliver Diggelmann, Professor für Völkerrecht an der
Universität Zürich: «Zu den Zielen des
Terrorismus zählt
immer ganz wesentlich, dass die angegriffenen Staaten ihre eigenen
Rechtsgrundsätze verletzen. Insofern hat Graber den Terroristen zum
grösstmöglichen Triumph verholfen.» Neutralitätsrechtlich sei das
Abkommen kein Problem – das wäre nur dann der Fall, wenn zwei Staaten
involviert gewesen wären. «Neutralitätspolitisch hingegen ist das
Abkommen hochbrisant. Denn der emotionale Kern der Neutralität wurde
verletzt, Graber beging damit aus meiner Sicht einen Verrat an der Ethik
des Neutralen.» Nicht nur das: Graber habe auch einen Verrat an allen
anderen Staaten begangen, die als Zielscheibe des palästinensischen
Terrors infrage kamen: «Indem er für die Schweiz einseitig Verschonung
aushandelte, mussten diese umso mehr mit Anschlägen rechnen. Damit
untergrub Graber das Fundament schweizerischer Neutralitätspolitik.»
Machiavelli und die PLO
Tat
er das wirklich? War das ein Verrat an der Neutralität? Es sind grosse
Fragen, die durch die Enthüllungen von Marcel Gyr aufgeworfen werden.
Welche Konzessionen darf ein Bundesrat (ein Politiker) eingehen, wenn er
mit Terroristen verhandelt? «Graber hat, sofern die Geschichte stimmt,
eine politisch höchst komplexe Frage verantwortungsethisch beantworten
müssen», sagt Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger. Dabei habe er in bestem
Sinne machiavellistisch gehandelt: «Graber musste sich fragen, was im
Interesse des Staates, im Interesse der Schweiz die richtige Lösung
ist.» Und so wie Niccolò Machiavelli es für vertretbar hielt, im
Interesse des Fürsten die Unwahrheit zu sagen, hielt es Graber für
richtig, im Geheimen mit einer Terrororganisation zu verhandeln – und
das sogar seinen Bundesratskollegen zu verschweigen. Eine
aussergewöhnliche Situation für einen Schweizer Politiker, sagt
Leuenberger und lässt dabei einiges Verständnis für Graber durchblicken.
Dieses Verständnis endet – und da sind sich sämtliche Politiker
unabhängig von ihrem Urteil zum PLO-Abkommen einig – beim
Flugzeugabsturz von Würenlingen. «Wir sind es den Opfern und ihren
Angehörigen schuldig, diese Sache aufzuklären», sagt CVP-Nationalrat
Gerhard Pfister. Das sagen auch Moritz Leuenberger oder Corina
Eichenberger. Eigentlich alle – ausser der Bundesanwaltschaft. Die
Chance auf eine neue Untersuchung ist – Stand heute – eher gering. Um
eine Wiederaufnahme des Verfahrens überhaupt erst zu prüfen, müssten
«neue Beweismittel oder Tatsachen bekannt werden», wie André Marty von
der Bundesanwaltschaft sagt. «Nach einer ersten Lektüre der
verschiedenen Medienberichte sind solche nicht unbedingt erkennbar.» (Tages-Anzeiger)
KOMMENTAR: Damit ist die Diskussion um den eigenmächtigen Entscheid Grabers lanciert.
Vor Jahren wurde die Frage diskutiert;
Wie weit darf man gehen, um zahlreiche Menschenleben zu retten. Dürfte man in diesem Fall ein Täter gefoltert werden?
Wir weit darf man gehen im Interesse der Rettung von zahlreichen Menschenleben? Interessant ist, dass Alt-Bundesrätin Calmy-Rey das fragwürdige Verhalten Grabers nachträglich gutheisst. In den Leserkommentaren kommt sich dann aber für Ihre Sicht meist nicht gut weg.