Beginnt bei der SVP der Spaltpilz zu wirken?
Nachdem die Berner sich gegen den Rauswurf der Bündnerpartei wehren, kann es zu einem Dominoeffekt kommen und andere kantonale Parteien könnten den Bernern folgen. Die SVP müsste deshalb bereits heute antizipieren, was sie zu tun gedenkt bei einer derartigen Situation, ohne dass es zu einer Spaltung kommt.
«Froh über klaren Entscheid»
Der Berner SVP-Kantonalpräsident Rudolf Joder ist froh, dass der Entscheid über das weitere Vorgehen im Konflikt um Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf im Vorstand der SVP Kanton Bern «so klar ausgefallen ist». Joder erläuterte auf Anfrage, dass der Vorstand insbesondere nicht goutiere, dass die SVP Schweiz die Bündner Sektion zu «gesetzeswidrigem Handeln» auffordert; das wäre nämlich ein Rauswurf der Bundesrätin. Im andern Fall drohe die schweizerische Parteileitung den Bündnern mit dem Rauswurf, was auch nicht angehe.
Spaltungsabsichten «kein Thema»
Die Berner Position sei «sorgfältig» vorbereitet worden. Als Präsident habe er versucht, die Übersicht zu wahren und sich nicht drängen zu lassen. Das Papier wird nächste Woche an der Delegiertenversammlung in Thun diskutiert und dann als Empfehlung an die Berner Delegierten im Zentralvorstand SVP Schweiz verabschiedet. «Absolut kein Thema» seien an der Sitzung die in Medienberichten angedeuteten Spaltungsabsichten in der Berner SVP gewesen. Dabei hatte es geheissen, es gebe auch prominente Parteimitglieder, die damit liebäugelten, falls sich die Berner nicht hinter die SVP Graubünden stellten. «Die Gefahr einer Spaltung sehe ich nicht», sagte Joder.
Schweizerische Partei nicht überrascht
Die SVP Schweiz hat den Entscheid der bernischen SVP «so erwartet». Man sei «nicht überrascht», werde aber am eingeschlagenen Kurs festhalten, sagte Pressesprecher Alain Hauert. Der schweizerischen Partei gehe es um eine Klärung der Situation. Der Zentralvorstand werde zu gegebener Zeit seinen Entscheid fällen. Durch die Wahlerfolge der letzten Woche in den Kantonen Schwyz, Thurgau, Obwalden und Uri fühle sich die Partei im übrigen in ihrem Vorgehen bestätigt.
Entscheidungen fallen bis Ende April
Am kommenden Mittwoch, 23. April, wird die Delegiertenversammlung der Bündner SVP über einen Ausschluss der gegen den Willen der Mutterpartei gewählten Bundesrätin Widmer-Schlumpf entscheiden. Die Delegierten der Berner SVP müssten am 29. April gegebenfalls über einen Ausschluss der Bündner Kantonalpartei entscheiden.
Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur SDA stehen zur Zeit die meisten SVP-Kantonalparteien auf Seiten der Mutterpartei und verlangen, dass die SVP Graubünden Bundesrätin Widmer-Schlumpf ausschliesst. Klar für den Parteiausschluss von Widmer-Schlumpf und allenfalls der Sektion Graubünden sind die Kantonalparteien von Zürich, Genf, Tessin, St. Gallen, Aargau, Luzern, Schwyz, Obwalden, St.Gallen, Wallis und Baselland. In die gleiche Richtung stossen die Sektionen von Nidwalden, Uri und Zug.
Gegen den Beschluss des Vorstands der SVP Schweiz können bis am 4. Juli Rekurse eingereicht werden. An diesem Datum findet die Delegiertenversammlung der Mutterpartei statt.
Photo aus News.ch:
Kommentar: Falls andere Kantonalparteien den Bernern nicht nacheifern, könnte die Rechnung für die Hardliner immer noch aufgehen.
Die Basis der SVP wünscht angeblich konsequentes Handeln. Für Sie hat sich die neue Bundesrätin der Partei gegenüber alles andere als loyal verhalten. Sie hat ihre Interessen über die Interessen der Partei gestellt. Das Stimmverhalten gibt der Parteizentrale derzeit recht. Die Berner werden es wahrscheinlich auch nicht auf eine Spaltung der SVP ankommen lassen, zumal bei vielen Berner Parteimitgliedern erworbene Machtpositionen auf dem Spiel stehen, die bei einer allfälligen Spaltung gefährdet sein könnten. Politiker sind immer auf die eigene Partei angewiesen. Wie es wohl rauskommt? On verra. Jedenfalls wird es spannend.