Lutz Jäncke zur Ueberflutung des Gehirns mit Reizen
Das Gehirn der Menschen wird langsamer
Im Gegensatz zur künstlichen Intelligenz, die in Computern immer schneller wird, wird unser Gehirn seit 1990 immer langsamer. Dies im Gegensatz zu jenen Generationen, die fast das ganze 20. Jahrhundert ständig schlauer wurden. Diese ständige Zunahme hat der Wissenschafter James Flynn entdeckt. Er hatte den Intelligenzquotienten der Menschen in den Industrienationen gemessen und verfolgt. Seit 1990 sinkt jedoch dieser Quotient. Die Wochenzeitung "Die Zeit" hat jüngst dieses Phänomen analysiert und eine Erklärung gefunden. Die digitalen Reizen würden das Gehirn ständig ablenken und dadurch unsere Konzentration durchbrechen. Die Schaffhauser Nachrichten (Ausgabe vom 11. April 2019) hat beim Neuropsychologen Lutz Jäncke nachgefragt.
In einem lesesnwerten Interview hält es der Hirnforscher für gefährlich, zu sagen, die Menschen werden insgesamt intelligenter oder dümmer. Die IQ-Testwerte hält er in diesem Zusammenhang für weniger relevant, denn die Intelligenztest haben sich über diese Zeiträume stark verändert und sind nicht unmittelbar vergleichbar. Zudem hat sich die Bildung laufend verbessert.
Der Rückgang der IQ-Werte könnte auch durch Messprobleme erklärt werden. Zudem messen die Tests nicht unbedingt die genetisch bedingte Intelligenz.
Doch sieht Jäncke ein grosses Problem des Internets mit der immensen Flut von Reizen, die uns vom fokussierten Denken ablenken. Wer die Fertigkeiten, wie Konzentration und Selbstdiziplin nicht trainiert, kann bei einem Test durchaus schlechter abschneiden.
Wir wissen heute, dass Menschen, die oft multimedial unterwegs sind, nicht besser werden im Multitasking, sondern sogar schlechter!
Wir haben dasselbe Gehirn schon der Homo sapiens vor 45 000 Jahren. Multitasking beherrschen wir nicht gut und können es auch kaum lernen. Mit den heutigen Reizen sind wir überfordert.
WIR MUESSEN UNSEREN KINDERN BEIBRINGEN, SICH AUF DAS WESENTLICHE ZU KONZENTRIEREN.
Es geht nicht darum, nur noch zu lesen, statt zu surfen. Entscheidend ist, fokussiert bei EINER Tätigkeit zu bleiben und nicht ständig zwischen verschiedenen Tätigkeiten hin und her zu wechseln.
Intelligeznforscher sind sich nicht einig, ob sich Intelligenz trainieren lässt. Eine Reihe von Arbeiten zeigen, dass due Leistungen von Intelligenztests zunehmen, wenn man sie übt. Interessanter wäre es, wenn man die Effektivität des Gehirns mit biologischen und neurowissenschafftlichen Methoden untersuchen würde.
Forscher haben erkannt, dass ca. 70% der Intelligenz vererbt und 30 % durch die Umwelt bestimmt wird. Ich sehe den Zusammenhang viel komplexer.
Die Entwicklung des Gehirns hängt davon ab, wieviel Stimuli es in der Kindheit erlebt. Je weniger anregend die Umwelt ist, desto weniger entfaltet sich das Gehirn. Sehen, hören, riechen das ist wichtig.
Nicht die digitale Welt ist das Problem, sondern der Umgang damit. wir müssen vermeiden, dass unsere Kinder mit zu vielen Reizen abgelenkt werden. Von klein auf müssen wir lernen. an einer Sache dran zu bleiben. Wenn jemand mehrere Dinge gleichzeitig tut, nimmt die Aufmerksamkeitsspanne ab.
Im Gegensatz zu alten Erkenntnissen, kann unser Gehirn bis 20 Minuten vor dem Tod lernen.
Wichtig ist, dass wir bis ins hohe Alter geistig, körperlich und sozial aktiv bleiben. Blutdruck und Blutzuckerspiegel gilt es im Griff zu behalten. Alles ander ist mehr oder weniger sekundär.
Unser Gehirn ist für den direkten, echten Austausch konstruiert.
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