Eine Interessengemeinschaft (IG) hat mit einer Umfrage den Puls
der Bevölkerung gefühlt. DerGemeinderat aber wartete die
Umfrageergebnisse nicht ab.
Die Weinländer Gemeinde Laufen-Uhwiesen verfügt noch über
relativ viel und bereits erschlossenes Bauland.
Das Weinländer Dorf Uhwiesen soll zwar wachsen können, die
Lebensqualität dabei aber erhalten bleiben. Das ist das Ziel der letzten
November gegründeten Interessengemeinschaft (IG) Lebensqualität
Uhwiesen. Gemeinsam mit der Bevölkerung soll in einem ersten Schritt
eine Entwicklungsstrategie entstehen.Um die Grundlage dafür zu schaffen,
führte die IG im Frühjahr eine Bevölkerungsbefragung durch, wobei 128
Umfragebogen ausgefüllt retourniert worden sind. Die Präsentation der
Ergebnisse war für diesen Juni angekündigt. Die Gemeinde Laufen-Uhwiesen
hat rund 1640 Einwohner und erschlossenes Bauland für weitere 600
Einwohner . «Ich war sehr erstaunt»
Doch der
Gemeinderat wartete die Umfrageergebnisse der IG nicht ab und
informierte bereits an der Gemeindeversammlung vom letzten Donnerstag
über eine Strategie zur Dorfentwicklung. Damit stiess die Behörde die IG
Lebensqualität Uhwiesen ziemlich vor den Kopf. Matthias Knill ist der
Präsident der IG und war selber an der Versammlung vom Donnerstagabend.
Dass der Gemeinderat im Anschluss an den offiziellen Teil über die
Dorfentwicklung informierte, überraschte Knill. «Ich war sehr erstaunt
darüber, dass er jetzt schon informiert.» Das Vorgehen des Gemeinderates
veranlasste Knill, eine Medienmitteilung mit dem Titel «Dorfentwicklung
von Uhwiesen ohne Einbezug der Bevölkerung» zu schreiben und zu
verschicken. Der Gemeinderat wisse ja seit längerem, sagt Knill,
dass die IG die Resultate ihrer Befragung noch im Juni vorstellen wird.
Und zwar zuerst dem Gemeinderat, «falls dieser dies wünscht», dann den
Mitgliedern der IG und schliesslich der Öffentlichkeit. «Das Timing kam
uns speziell vor», sagt Knill. Auch der gestrige Besprechungstermin mit
dem Gemeindepräsidenten stand ihm zufolge bereits vor der
Gemeindeversammlung fest. Die Arbeit für die Bevölkerungsbefragung
würden alle Beteiligten freiwillig machen, und auch die Auswertung der
Umfrage sei recht aufwendig.
«Es geht nicht nur um Zahlen»
Wann
genau die IG ihre Resultate vorstellen wolle, habe er nicht gewusst,
sagt Gemeindepräsident Rudolf Karrer. «Ich habe nicht das Gefühl, dass
wir vorgeprescht sind.» Und: Karrer kann sich durchaus vorstellen, dass
die Umfrageergebnisse der IG in die Strategie zur Dorfentwicklung
einfliessen könnten. Das hofft auch Knill. «Die Umfrage deckt sehr
viele Aspekte ab, es geht nicht nur um Zahlen», sagt er. So gehe es
beispielsweise auch um die Frage, welches Wachstum oder welche
Steuerzahler die Bevölkerung wolle. Dazu gebe es in der Umfrage «sehr
interessante Hinweise und Kommentare». Die IG selber wolle weiterhin ein
«überlegtes Wachstum», sagt Knill. Denn wenn das Wachstum zu rasch
erfolge, gebe es zum Beispiel plötzlich zu wenig Schulraum oder die
Infrastruktur der Gemeinde werde rasch zu klein. Auch der
Gemeinderat will das Wachstum der Gemeinde steuern und sicherstellen,
dass die Infrastruktur mithalten kann. In den vergangenen Jahren ist die
Bevölkerung von Uhwiesen jährlich um rund 15 Personen gewachsen. Ob das
Wachstum künftig kleiner, gleich gross oder grösser sein soll, war eine
der Fragen der Umfrage. (Landbote)
«Lebe schnell, stirb rasant, sichere deinen Ruhm» lautet Udo Lindenbergs
Lebensmotto. Der deutsche Musiker setzt dieses konsequent um. Nur
rasant gestorben ist er zum Glück noch nicht.
Der Panikrocker feiert seinen 70. Geburtstag. Adrian Schräder publizierte im Buch über UDO LINDENBERG einige Beiträge:
Hier mein Beitrag (Kapitel) aus diesem Buch:
Besuch beim Schweizer Medienrhetoriker Marcus Knill in Uhwiesen, einem
Dorf unweit des Rheinfalls, höchstens zwei Kilometer Luftlinie von der
deutschen Grenze entfernt. Ich möchte mit ihm über die Erscheinung, die
Rhetorik und die Wirkung der öffentlichen Figur Udo Lindenberg sprechen. Im
Vorfeld habe ich ihm dazu die Links zu ein paar Youtube-Filmen geschickt.
Darunter ein paar frühe Fernsehinterviews und die Mitschnitte der Verleihungen
der «Goldenen Henne 2015» und des Bambi für sein Lebenswerk im Jahr 2010.
Knill empfängt in seinem Haus in Hanglage, reicht am Esstisch Croissants und
Wasser und springt in den folgenden achtzig Minuten immer wieder von seinem
Stuhl auf, um Körperhaltung oder die Bewegungen darzustellen. An der ihm
gestellten Aufgabe hat er sichtlich
Freude. Er bittet darum, seine Erkenntnisse in drei Blöcke aufzuteilen: Beschreibung,
Hypothese, Interpretation. Hier also seine Analyse der öffentlichen Figur Udo Lindenberg.
Beschreibung
Gesichtspartie
Er hat immer den gleichen Hut an. Ein Hut, der so wirkt, als gehöre er unzertrennlich
zu ihm. Eigentlich ist ein Hut ja sehr unvorteilhaft, weil er die Augen und
damit die Fenster zu Seele verdeckt. Die Augen sind so etwas wie die
Nabelschnur der Kommunikation. Verdeckt man sie, nimmt man sich selber ein
Stück Glaubwürdigkeit.
Ich habe früher zwei erfolgreiche Schweizer Beachvolleyballer gecoacht.
Die trugen auf dem Feld wie bei den Interviews immer ihre Schirmmützen und ihre
Sonnenbrillen. Das wirkte suspekt. Die Leute denken dann, sie seien nicht bei
der Sache und würden den Frauen am Strand in den Ausschnitt schauen. Ich habe
ihnen dann geraten, bei Interviews wenn möglich beides abzusetzen. Wenn man Offenheit
signalisieren und ernst genommen werden will, muss man das Visier hoch klappen.
Würde Udo also die Kommunikation optimieren wollen, müsste er versuchen, eine
Brücke zu bilden und dazu die Brille und den Hut abnehmen. So – bewaffnet mit
Hut und Brille – wirkt er wie ein Egomensch in einem eigenen Bereich. Er
schottet sich ab.
Sein Mund ist auch ein spezielles Gebilde. Asymmetrisch, deformiert, die dicke
Unterlippe hängt herunter, der Mund wird oft nach vorne gestülpt.
Und haben Sie gesehen? Wenn die Kamera ihn im Publikum einfängt, dann
sieht man, dass sich seine Lippen ab und zu schürzen. Wie eine Art Zuckung.
Oder auch der Hut, der sich ab und zu hebt und senkt. Ich nehme nicht an, dass er
das unter Kontrolle hat. Das wird vegetativen Nervensystem gesteuert.
Sprache
Wenn er redet, sehe ich keine Kieferarbeit. Die Artikulationsarbeit ist auf ein
Minimum reduziert. Er nuschelt, artikuliert unsauber, spannungslos, weich, nachlässig.
Was er sagt, wirkt oft wie Sprechgesang, wirkt floskelhaft. Eine Marotte sind
diese Nuschelfortsätze am Satzanfang und Satzende. Man hört sehr viel
«jajaja» und «ne?». Was wir da hören, ist ein sprachliches Geschaukel.
Kleidung
Er trägt eine Art eigene Uniform. Aber im Gegensatz zu einer korrekt getragenen
militärischen Uniform, trägt er sie unkonventionell. Die Knöpfe und Epauletten
sind oft offen, die Krawatte hängt lose um den Hals. Dass er manchmal
tatsächlich eine Art Offiziersjackett trägt, verleiht seiner ganzen Erscheinung
Spannung. Es wirkt paradox. So, als ob er sich lustig machen würde. Überhaupt kommt
er wie eine Antifigur daher. Eine Antifigur zum Establishment, zur normalen
Gesellschaft. Eine mit einer eigene Uniform. Sie ist ja seit Jahren mehr oder
weniger die Gleiche.
Kürzlich habe ich einen Fernsehauftritt von einem hohen Schweizer Offizier
gesehen. Er wurde von drei Soldaten befragt. Diese haben bewusst versucht, ihn
zu irritieren, indem sie ihre Uniformen nicht korrekt getragen haben und ihre
Krawatte lose gebunden hatten. Das ist ein bewusstes Anti-Verhalten, das Herr
Lindenberg da an den Tag legt.
Zigarre
Das erinnert mich an Helmut Schmidt mit seinen Zigaretten. Der hat ja
wirklich damit gelebt. Bei ihm war das ein Markenzeichen. Und er hat trotz
gesundheitlicher Probleme munter immer weiter gepafft. Irgendwann haben sie ihn dann
überall rauchen lassen.
Zigarre raucht heute fast niemand mehr. Ganz früher waren das die
Banker. Jetzt nimmt er auch dieses Instrument – wie die Krawatte oder die
Epauletten – und spielt damit. Er zelebriert das Paffen richtig.
Es gehört auch zu seinen Attributen: Hut, Brille, Stimme, Sprache, Rhythmus und
Zigarre. Alles sagt mir: Da nimmt sich einer seine Freiheit heraus. Er hat auch
keine Körperspannung. Er steht oft ziemlich abgeschlafft da, lässt seine
Bewegungen einfach geschehen.
Hypothese
Ich habe eine Vermutung zu der Erscheinung von Udo Lindenberg. Ich nehme an, dass jemand, der mit seiner Vorgeschichte nicht vertraut ist, sofort
denken würde: Habe ich es hier mit einem Schauspieler zu tun? Spielt dieser
Mensch eine Rolle? Spielt er Theater? Man würde sicher keinen erfolgreichen
Künstler hinter dieser Fassade vermuten. So redet sonst niemand, der
erfolgreich ist.
Ich hatte schon mit Leuten zu tun, die auf einem Drogentrip waren, die haben
ähnlich artikuliert. Ich kann mir daher vorstellen, dass die Leute ihm oftmals
Drogenkonsum nachsagen. Die Auftritte wirken, als hätte er entspannende
Substanzen irgendwelcher Art eingenommen. Aber nicht in einem Ausmass, das alarmierend
wäre. Sein Gedächtnis scheint noch zu funktionieren, er kann sich an die Texte
erinnern und er scheint in jedem Augenblick zu wissen, was er sagen will.
Er wirkt wie eine Kunstfigur. Eine Kunstfigur, die bewusst aufgebaut und
gepflegt wurde. Durch die Kneipengänge, durch die gelockerte Zunge, durch
Vorbilder, durch den Erfolg. Er will als Antifigur wirken. Er will sich demonstrativ
nicht an die Konventionen halten. Er ist ein Nonkonformist.
Gleichzeitig wirkt diese Anti-Bürgertum-Haltung, diese Anti-Spiessertum-Haltung
so ausgeprägt, dass sie vielleicht manchmal selber schon spiessig ist. Sie ist
ja auch ritualisiert und uniformiert.
Die Gefahr bei Udo ist die folgende: Die Hirnforschung sagt, dass wir Menschen
eine Person innerhalb einer Zwanzigstelsekunde einteilen und entscheiden, ob
uns jemand sympathisch oder unsympathisch ist. Bei einer Erscheinung wie Udo
besteht die Gefahr, dass sie schnell abgestempelt wird. Als etwas Künstliches,
etwas Witziges, etwas zu Belächelndes – und das wird ihm ja nicht ganz gerecht.
Das Äussere spielt beim Phänomen Udo Lindenberg eine grosse Rolle. Die grösste
Strafe für ihn wäre es, wenn jemand Anders ihn einkleiden würde. Und würde man
ihm die Haare abschneiden – er trägt ja keine Frisur, sondern eine Art
Kontra-Frisur –, käme das einer Beschneidung gleich.
Lindenberg ist ja wirklich eine sonderbare, eine aussergewöhnliche
Figur. Aber – und hier kommen wir auf eine weitere Gefahr zu sprechen – sie
wirkt in den öffentlichen Auftritten nur in einem Moment lächerlich: Als er bei
der Verleihung des Bambi für sein Lebenswerk im Jahr 2010 spontan zu einem
Tänzchen mit Laudatorin Anna Loos ansetzt. Das wirkt bemüht jugendlich und ist
etwas, das man sonst nur bei Menschen sieht, die nicht mehr wissen, wie sie
sich verhalten sollen.
Interpretation
Udo Lindenberg hat seine Rolle, seine Figur längst verinnerlicht. Sie belastet
ihn überhaupt nicht mehr. Vom Inhalt her, sind seine Ansprachen ziemlich mager.
Sie sind floskelhaft, bestehen oft aus Leerformeln und Schüttelreimen. Dennoch
finden sie die Leute gut – weil er einzigartig und erfolgreich ist. Heute gilt
er zumindest in Deutschland als eine Art Lichtgestalt.
Jetzt kann man sich fragen: Warum hat er Erfolg? Vielleicht genau darum,
weil die Leute den Gegensatz schätzen. Den Gegensatz zwischen dem coolen
Individualisten und dem Mensch, der ganz klar Stellung bezieht. Den Gegensatz
zwischen dem Genussmenschen und dem politisch Engagierten. Den Gegensatz
zwischen dem Star, der ein Leben lebt, das alle gerne leben würden und dem
engagierten Staatsbürger, der sich in keinem Augenblick für was Besseres hält.
In der Meinung, in der Haltung ist er sehr eindeutig. Er ist eindeutig links,
setzt sich gegen eine Abschottung Europas und für die Flüchtlinge ein, er ist
eindeutig gegen die Aufrüstung. Und er war schon immer dieser Meinung. Und so
wie ich das interpretiere, meint er das auch wirklich ernst. Für mich ist sein
Auftritt stringent. Er ist in sich im Gleichgewicht. Seine Aussage: Ich habe es
nicht nötig, mich anzupassen.
In der Regel schätzen die Leute eine eindeutige Position. Udo Lindenberg macht keine
Konzessionen. Er hat immer das Gleiche an, ob er jetzt einen Preis bekommt oder
nicht. Er kommt nicht plötzlich im schwarzen Anzug daher. Er ist in jedem
Augenblick in der Öffentlichkeit der gleiche Udo.
Die
Erkenntnis, die wir aus dem Gespräch mit dem Medienrhetoriker Marcus Knill ziehen,
scheint die folgende zu sein:Wenn
man nach dem Lehrbuch ginge, dann macht Udo Lindenberg kommunikativ so ziemlich
alles falsch: Er wirkt in seiner Artikulation ziemlich unseriös, er versperrt
uns durch einen breitkrempigen Hut und eine Sonnenbrille den Blick in seine
Augen, er lässt die Schultern hängen und bindet sich die Krawatte nicht
richtig, was Nachlässigkeit suggeriert. Weil er das aber schon seit Jahren so
macht und sein Auftreten zugleich mysteriös wie auch komplett authentisch
wirkt, gereicht ihm seine Erscheinung zum Vorteil.
Er wirkt dadurch einzigartig, unkonventionell, engagiert, cool und sogar
liebenswürdig. «Früher habe ich noch Rhetorikseminare gehalten und den Leuten
erzählt, wie man Inhalte korrekt vermittelt. Seit ein paar Jahren habe ich davon
grösstenteils Abstand genommen», erzählt Knill noch, bevor er sein Esszimmer-Referat
zum Thema Lindenberg beschliesst und den abfahrenden Journalisten im Stile
eines erfahrenen Kadetten wieder in den Verkehr einweist. «Heute weiss ich,
dass vor allem eines zum Erfolg führt: Der Glaube an den vermittelten Inhalt.
Ist dieser stark genug, kann man sich so viele Fehler leisten, wie man will. Die
meisten erfolgreichen Rhetoriker halten sich überhaupt nicht an irgendwelche
Regeln. Udo inklusive.»
Zur
Person: Marcus Knill ist ein
Schweizer Experte für Medienrhetorik. Er analysiert seit Jahren
Persönlichkeiten im virtuellen Buch rhetorik.ch. Daneben berät er Figuren des
öffentlichen Lebens in allen Kommunikationsfragen.
Rocklegende der ersten Stunde, Sprachpionier,
politischer Geist und Maler: Udo Lindenberg ist einer der bekanntesten
deutschen Künstler, seine Songs gehören zum Soundtrack unserer
Geschichte. Er spielte vor Millionen von Fans in Ost und West und hat
sich während den letzten vier Jahrzehnten auf der Bühne immer wieder neu
erfunden. Dieses Buch versammelt alles Wissenswerte zur Karriere des
ersten…