Nicht nur der Zeitgeist bläst der SP ins Gesicht.
Auch viele Parteiangehörige sind mit der Führung der SP nicht zufrieden.
Für mich ist das Leitbild und die Strategie der SP reformbedürftig.
Blick online:
Gebetsmühlenartig wiederholte SP-Parteipräsident Christian
Levrat die zwei grossen Ziele seiner Partei für das Wahljahr 2015: einen
Wähleranteil von 20 Prozent und das Verhindern einer FDP/SVP-Mehrheit
im Bundesrat. Um keinen Preis dürfe es zu einer Neuauflage der
Blocher-Ära von 2003 bis 2007 kommen, erklärte Levrat bei jeder
Gelegenheit. Selbstbewusst hielt er bis zuletzt an diesen Vorgaben fest.
Doch
gemessen an den hohen Zielen fällt die rote Bilanz dürftig aus. Seit
dem 18. Oktober ist klar: Die SP stagniert bei 18,8 Prozent
Wähleranteil, ein Plus von lediglich 0,1 Prozentpunkten gegenüber 2011.
Dazu kommt, dass die Partner der Sozialdemokraten – Grüne und
Mitteparteien – stark verloren haben.
Die Fakten:
Und ab Januar
sitzen je zwei Vertreter der Freisinnigen und der Volkspartei in der
Landesregierung. Mit Ueli Maurer (65) als Finanzminister hat die SVP
jetzt gar ein Schlüsseldepartement inne. Quasi als Beilage setzte es im
Juni beim linken Prestigeprojekt Erbschaftssteuer noch eine
Kanterniederlage an der Urne ab.
2015 geriet zum Annus horribilis,
zum Schreckensjahr für die Sozialdemokraten. Besonders ärgerlich aus
ihrer Sicht: Acht Jahre betonten ihre Kader, die Rechte dürfe keine
Mehrheit in der Exekutive haben. Sie verfüge schliesslich auch im
Parlament über keine Mehrheit. Das hat sich auch nach den Wahlen nicht
geändert. Trotzdem haben die Gegner der Linken künftig ein Übergewicht
im Bundesrat.
Bis heute sind die Genossen aber nicht von dieser
Arithmetik der Blöcke abgerückt. Kein Wunder, reagiert Chefgenosse
Christian Levrat kurz angebunden, wenn er auf die Jahresbilanz seiner
Partei angesprochen wird. Die Schuld sieht er bei seinen langjährigen
Partnern: Die Rechte könne sich bei den Christdemokraten bedanken. Diese
hätten trotz linker Offerte keine Kandidatur zustande gebracht.
KOMMENTAR:
Stolz weist Levrat auch seinen Erfolg hin:
«Die Wirtschaft wollte Thomas Aeschi. Das haben wir verhindert.»
Der Parteipräsident kennt das Wort Selbstkritik nicht. So als hätte er einen Berater, der ihm eingebläut hat: Betone immer nur das Gute und sprich die eigenen Fehler nie an.
In verschiedenen Analysen stellte ich fest, dass man als Parteistratege nicht verschiedene Leitbilder haben kann.
Immer wieder hatte die SP ihre Ziele überladen und wollte zu viel auf einmal. (Abschaffung der Armee, Kapitalismus bekämpfen und, und, und...)
Doch der Hauptfehler:
Die SP wollte die Thematik Einwanderung, Ausschaffung der Kriminellen bewusst auskammern, im Glauben, man würde damit nur noch der SVP helfen.
Die Partei sah nicht, was den Stimmberechtigten unter den Nägeln brennt. Es sind genau jene Probleme, welche die SVP auf ihre Fahne geschrieben hat (Unabhängigkeit, Sicherheit, Einwanderung, Arbeitslosigkeit).
Fazit: Selbstkritik führt uns weiter. Beschönigungen bringen keine Verbesserungen. Man darf die Schuld nicht immer nur bei den anderen Parteien suchen. Eine Partei sollte nicht über den Köpfen der Bürger politisieren. Wer Augen und Ohren offen hat, erkennt rasch: Viele echte Proletarier und auch Bevölkerungsgruppen aus dem Mittelstand kehren der SP den Rücken zu. Eine Standortbestimmung wäre für Levrat dringend notwendig.
Dies bestätigte mir jüngst ein linker Journalist, mit dem ich an einer Medienveranstaltung länger diskutiert hatte.