Obamas Fehlerkultur
Was mich an der Vereidigung des neuen Präsidenten beeindruckt hat: Er liess sich vom sprachlichen Stolperer nicht aus der Ruhe bringen. Obama ist so intelligent, dass er weiss, dass es immer und überall Versprecher, Pannen oder Aussetzer geben kann - vor allem in Stresssituationen. Wer über der Sache steht und zu solchen Patzern stehen kann, der ist Profi und beweist damit, dass er gut ist. Was mir bei dieser Stolperer-Sequenz auch aufgefallen ist: Das Ehepaar Obama spielt keine Harmonie vor. Michelle steht voll und ganz zu ihrem Mann und hat ihn bei dieser historischen Szene mental unterstützt. Das wohlwollende, unterstützende Lächeln war echt und glaubwürdig. Es war kein aufgesetztes Verlegenheitsverhalten. Nach meinem Dafürhalten stimmt die Chemie der Beiden. Das Ehepaar ist für mich eine Einheit. Das veranschaulicht auch folgendes Bild:
Die Hamonie ist nicht gespielt
Blick online:
WASHINGTON – Barack Obama leistete sich bei seiner Vereidigung zum 44. US-Präsidenten nur einen kleinen Versprecher (siehe Video). Viel schlimmer ergings einzelnen seiner Vorgänger.
Das fing ja gut an: Als Barack Obama gestern Mittag vor dem Capitol in Washington den Eid (siehe Kasten) ablegen sollte, stolperte er bereits nach seinem Namen. Er fiel seinem Vorsprecher John Roberts ins Wort, liess ein Lächeln folgen. Dann verlor Obama den Faden, musste sich die nächsten Worte zweimal vorlesen lassen.
Denn die waren in der falschen Reihenfolge: Richter Roberts hatte das Wort «faithfully» (getreulich) im Eid nach hinten verschoben. Obama merkte zwar, da war was faul – doch irgendwie brachte er den Eid ins Trockene. Seither ist er US-Präsident, und seine folgende Antrittsrede glänzte mit Inhalt und sprachlicher Form.
Schlimmer gehts immer
Die Tücken der Amtseinführung kommen US-Präsidenten seit 1829 in die Quere: Andrew Jackson gab sich besonders volksnah und öffnete die Türen des Weissen Hauses. Seine Anhänger stürmten die Villa, zerschlugen Geschirr und rissen Vorhänge herunter. Jackson flüchtete und verbrachte seine erste Nacht als US-Präsident im Hotel. William Harrison hielt 1841 die längste Antrittsrede in der Geschichte der USA. Der klirrenden Kälte trotzte er dabei ohne Mantel und Hut, die anschliessende Parade bestritt Harrison hoch zu Ross. Einen Monat später erlag der 9. US-Präsident einer Lungenentzündung. Zu warm verpackt, zu viel getrunken Acht Jahre später wars wieder saukalt, doch Zachary Taylor hüllte sich für seinen grossen Tag dick ein – bis ihn die Menge nicht mehr erkannte. Als er auf die Bühne trat, wurde der vermeintliche Vagabund ausgebuht, bis das Missverständnis geklärt war. 1861 trat Abraham Lincoln seine erste Amtszeit an. Der 16. US-Präsident, einer der bedeutendsten überhaupt, durfte die damaligen 34 Bundesstaaten symbolisch begrüssen: 34 hübsche Girls liessen sich von Lincoln küssen. Seine zweite Amtseinführung aber ging in die Hose. Lincolns Stellvertreter und späterer Nachfolger Andrew Johnson trat völlig betrunken ans Rednerpult und hielt eine flammende, aber zusammenhangslose Rede. Vogelschlag beim Frost-Bankett Als Ulysses Grant 1873 zum zweiten Mal vereidigt wurde, war Väterchen Frost wieder zur Stelle. Mehrere Kadetten von der berühmten Militärakademie West Point kippten in der Kälte, Truthahn und Champagner gefroren im ungeheizten Bankettszelt. Hunderte von Kanarienvögeln, die dem Fest eine elegante Note verleihen sollten, erfroren im Flug und fielen auf die Gäste. (dip)
Kommentar: Es ist völlig normal, dass wir gelegentlich den Faden verlieren können. Unser Gehirn ist so konstruiert, dass es nach x tausend Worte plötzlich einen Aussetzer haben kann. Wichtig ist, dass wir darob die Nerven nicht verlieren.