Da wo Einigkeit herrscht - Gemeinden, die sich nicht dreinreden lassen wollen
Alpthal SZ
Das Dorf der Unbeugsamen
92 Prozent stimmten in Alpthal gegen die Waffeninitiative. Eine Reportage aus einem Ort, wo man Veränderungen nicht mag.
Aus TAGI:
Zwei Gemeinden mit 100 Prozent Nein-Stimmen
Alpthal ist nicht das einzige Dorf, das die Waffenschutzinitiative
mit über 90 Prozent verworfen hat. Alpthal erreicht bei den Gemeinden,
in welchen mehr als 200 Personen abstimmten, aber einen Höchstwert. Nur
in Schangnau BE waren noch mehr (über 93 Prozent) dagegen. Zwei
Kleingemeinden (weniger als 60 gingen dort je zur Urne) erreichten einen
Nein-Anteil von 100 Prozent. In Ederswiler JU und in Zwischbergen VS lehnten die Waffenschutzinitiative sämtliche Stimmenden ab.
Quelle: MicroGIS AG
Weil die Vögel es nicht von den Dächern zwitschern
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Hier wohnen sie also, die Waffenschutzinitiativ-Gegner. Am
vergangenen Sonntag stimmten in Alpthal über 92 Prozent gegen die
Initiative. 17 Ja-Stimmen standen 204 Nein gegenüber. Dass hier Nein
gestimmt werden würde, ahnten die Einwohner. Über das Resultat ist
niemand wirklich überrascht – auch nicht in dieser Deutlichkeit. Darüber
reden möchten aber nur die wenigsten. Das Dorf ist fast menschenleer am
Montag nach der Abstimmung. «Fremde» Autos fahren ab und zu durch die
Gemeinde. Zürcher, St. Galler und Luzerner Nummernschilder sind
auszumachen. Ein Mann überquert die Strasse. «Ich bin nicht von hier,
kann nichts dazu sagen.» Am Ende des Dorfes möchte eine Frau keine
Auskunft geben, weil sie nur hier arbeite.
«Die Abstimmung lief sehr gut»
Im
Poscht-Kafi sitzt eine Schulklasse mit Lehrer und zwei Frauen. Man
kennt sich. Die Bedienung weiss den Namen aller Gäste, der Umgang ist
herzlich. Das Poscht-Kafi ist Restaurant, Bar, Kiosk, Bäckerei und Post
in einem. Einen Lebensmittelladen gibt es nicht in Alpthal.
Nachdem
die Schulklasse den Dorf-Treffpunkt verlassen hat, sprechen die beiden
Gäste über die Abstimmung. «Das Resultat der Waffenschutzinitiative ist
sehr gut, sehr gut», beginnt die etwas ältere Frau das Gespräch. Die
andere nickt. Man hätte sich das Ganze auch sparen können. Selbst wenn
die Initiative angenommen worden wäre, hätten die Menschen im Tal die
Waffen zuhause behalten. Die Frauen haben die Abstimmung deshalb von
Anfang an sinnlos gefunden. Das alles habe nur wieder Geld gekostet.
«Hier auf dem Land sind die Menschen stolzere Schweizer»
Gibt
es den «Güllengraben»? Warum wird der Unterschied zwischen Stadt und
Land immer grösser? «Schauen sie doch mal aus dem Fenster», antwortet
die eine auf die Frage. «Die Sonne scheint, die Kinder spielen, es ist
ruhig.» «Der Unterschied zur Stadt ist riesig», sagt die andere. Auf dem
Land seien die Menschen stolzer als in der Stadt. «Bei uns zählen
Schweizer Werte noch mehr.» Fotografieren lassen sich die beiden nicht,
auch wollen sie ihre Namen nicht in der Zeitung lesen.
Draussen
macht der Arbeiter einer Sägerei Pause. Er raucht. Sägereien dominieren
nebst dem Kirchturm das Dorfbild von Alpthal. Vielerorts liegen
Baumstämme, zugesägtes Holz, im Wald fällen ein paar Männer Bäume. Der
Arbeiter trägt einen geschwungenen grauen Schnauz und zieht genüsslich
an seiner Zigarette bevor er spricht: «Wir lassen uns vom Staat nicht
gerne alles verbieten.» Alles werde vorgeschrieben. Das Rauchverbot sei
so ein Beispiel. Jetzt sei genug.
Sprengstoff im Schrank
Mit
dem Naturschutz sei es auch so eine Sache. «Am Schluss verbieten die
uns in unseren Wäldern spazieren zu gehen», so der Mann. Sein Vater habe
schon immer eine Waffe im Haus gehabt. Er sehe nicht ein, warum sich
das ändern sollte. «Früher hatten wir Sprengstoff im Schrank», er
verstehe das Problem mit den Waffen nicht, deshalb habe er Nein
gestimmt. «Der Alpthaler lässt sich nicht gerne massregeln.» «Schreiben
Sie, was Sie wollen», fügt er an. Ablichten lässt er sich auch nicht.
Einer,
der sich hinstellt, mit Namen und Bild, ist Urs Beeler. Beeler ist der
Gemeindepräsident von Alpthal, arbeitet aber 100 Prozent als
Postautochauffeur. Dass Alpthal die Waffenschutzinitiative ablehnen
werde, das sei ihm schon klar gewesen. Die 92 Prozent überraschten ihn
aber schon, obwohl Alpthal bereits bei der Ausschaffungsinitiative mit
rund 84 Prozent Ja-Stimmen auffiel. Einige Schützen wohnen laut Beeler
im Dorf, auch Jäger. Sie alleine genügen aber nicht, um das wuchtige
Nein zu erklären. «Alpthal hat gemischt Nein gestimmt», sagt Beeler.
Jung, Alt und auch die Zugezogenen. Einen speziellen Bezug seiner Bürger
zur Waffe könne er nicht ausmachen. Und auch wenn einige der SVP sicher
nahe seien; «Parteien gibt es keine im Dorf, alle Gemeinderäte sind
parteilos.»
Kritisch gegenüber Veränderungen
An der
Wand des Sitzungszimmers in der Gemeindeverwaltung hängt ein riesiges
Kreuz. Beeler versucht den Graben zwischen Stadt und Land zu erklären.
Der Alpthaler sei kein Hinterwäldler. Nach Zürich sind es knapp 45
Minuten, jeder sei schon einmal dort gewesen. «Aber im Gegensatz zu den
Städtern wissen die Leute hier noch, woher die Milch kommt, dass eine
Sau geschlachtet werden muss, bevor sie gegessen werden kann.» Man habe
nichts gegen die aus der Stadt, lebe durch die Wander- und
Skimöglichkeiten zu einem Teil von denen. Aber die Menschen hätten eine
klare Meinung. «Wir lassen uns nicht gerne dreinreden.»
Veränderungen
mögen die Alpthaler nicht und wenn, dann nur zu ihrem Vorteil, fügt der
Gemeindepräsident augenzwinkernd an. Alpthal sei kritisch gegenüber
Neuem. «Bei uns fliesst das Wasser immer noch vorwärts», sagt Beeler
abschliessend, greift nach seinem Schlüsselbund und macht sich bereit
für seinen Einsatz. In 15 Minuten hat er Dienst als Postautochauffeur.
Kommentar: Der Drang, Bestehendes stehen zu lassen, ist normal und verständlich. Es ist in allen Bereichen schwer, Veränderungen durchzusetzen. Veränderungen dürfen nie Selbstzweck sein. Veränderungen könnten nämlich auch Verschlechterungen sein. Aus meiner Sicht müssen somit Veränderungen stets zu Verbesserungen führen. Deshalb spreche ich nicht von Veränderungsmanagement, sondern von VERBESSERUNGSmanagement. Wenn Veränderungen zu keiner Verbesserung führen, können wir darauf verzichten.
Aber die verbreitete Haltung "Wir sind gegen jede Veränderung!" führt zu einer Stagnation d.h. wir bleiben stehen.
LINKS:
Verbesserungen durch selbstverantwortliche Veränderung ... " Veränderungen in der Beziehung, im Beruf machen manchmal Angst und erfordern Mut und Ausdauer. ...www.rhetorik.ch/Verbesserung/Verbesserung.html - Cached - Similar
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Veränderung an sich genügt noch nicht; denn auch eine Verschlechterung ist ... Es geht deshalb bei den nachfolgenden Ausführungen nur um Veränderungen zum ...www.rhetorik.ch/Verbesserung/Management.html - Cached - Similar
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