Mittwoch, 23. Juli 2008

Ob diese Fragen am Freitag beantwortet werden?

Offene Fragen zur Sicherheitsprüfung

Roland Nef sei kein Sicherheitsrisiko, befanden Schmids Kontrolleure vor dem Amtsantritt des Armeechefs. Nun fragt sich, ob sie patzten.

Vorerst hat Armeechef Roland Nef Urlaub.

<> Vorerst hat Armeechef Roland Nef Urlaub.

Hat der inzwischen beurlaubte Roland Nef seiner früheren Lebenspartnerin Männer auf den Hals gehetzt, die auf Sex aus waren?

Der Vorwurf, den die «SonntagsZeitung» publik gemacht hat, steht weiterhin unwidersprochen im Raum – und wirft Fragen nach der Qualität der Personensicherheitsprüfung auf, der Nef vor seinem Amtsantritt als Armeechef unterzogen wurde.

Die nationale Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen, die im Departement von Verteidigungsminister Samuel Schmid angesiedelt ist, erliess im Fall Nef eine «positive Risikoverfügung», wie Departementssprecher Sebastian Hueber am Dienstag bekräftigte. Dies bedeutet, dass sie in Nef kein Sicherheitsrisiko sah.

Risiko der «Erpressbarkeit»

«Als Sicherheitsrisiken gelten nach der Praxis der Fachstelle insbesondere Terrorismus, verbotener Nachrichtendienst, gewalttätiger Extremismus, kriminelle Handlungen, Korruption, finanzielle Probleme, Abhängigkeiten, Erpressbarkeit und exzessiver Lebenswandel», wie die frühere Rekurskommission VBS in ihren Entscheiden zu Personensicherheitsprüfungen wiederholt festgehalten hat. Sind all diese Risiken laut den Prüfern des VBS bei Nef also nicht vorhanden gewesen ?

Es fragt sich allerdings, ob der angehende Armeechef tatsächlich nicht erpressbar war. Ein genereller Hinweis, wie sich dieses Risiko einschätzen lässt, findet sich in einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom August 2007: «Bei der Beurteilung einer allfälligen Erpressbarkeit gilt es herauszufinden, ob die betroffene Person bestimmte Tatsachen, welche sie in ein schlechtes Licht rücken könnten, gegenüber seinem Arbeitgeber oder seinem privaten Umfeld verschweigen will.»

Sollte es tatsächlich zutreffen, dass Nef im Namen seiner ehemaligen Lebenspartnerin auf Sexinserate geantwortet und sogar solche aufgegeben hatte , würde ihn dies zweifellos in ein schlechtes Licht rücken. Seinem Vorgesetzten Schmid hatte Nef  soweit bekannt  nur gesagt, dass eine Strafuntersuchung wegen einer privaten Sache laufe, die Einstellung aber absehbar sei.

«Spektakelwert eines Delikts»

Die frühere Rekurskommission VBS ist in einem Urteil von 2004 noch auf einen anderen Aspekt der Erpressbarkeit eingegangen: den «Spektakelwert eines Delikts». Dieser falle bei der Risikobeurteilung dann ins Gewicht, wenn der Beurteilte aus Furcht vor einer «öffentlichen Anprangerung» erpressbar werden könnte.

Vorderhand bleibt unklar, ob die Fachstelle in Nefs Fall eine allfällige Erpressbarkeit sorgfältig abgeklärt hat. Sie könne wegen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes keine weiteren Auskünfte geben, teilte Armeesprecher Christoph Brunner mit.

Wenn Nef einverstanden ist, kann aber Bundesrat Schmid als Arbeitgeber die Unterlagen zur Sicherheitsprüfung anschauen. Diese wird auch am kommenden Freitag ein Thema sein, wenn die Sicherheitspolitischen Kommissionen von National- und Ständerat zusammentreten. «Im Zusammenhang mit dem Wahlverfahren werden wir auch Fragen zur Zweckmässigkeit sowie zur Art und Weise der Personensicherheitsprüfung stellen», ist für SVP-Nationalrat und Kommissionspräsident Bruno Zuppiger klar. Ein Thema werde auch sein, wann eine Sicherheitsprüfung durchgeführt werden solle – ob bereits vor der Wahl oder erst vor dem Amtsantritt. Nach bisheriger Praxis werden Bundesangestellte oft erst bei Amtsantritt geprüft.

Familie, Freunde, Schulden

Dem Sicherheitscheck müssen sich alle jene stellen, die beim Bund regelmässig weit reichenden Einblick in die Regierungstätigkeit oder wichtige sicherheitspolitische Geschäfte haben – oder die über wesentliche Geheimnisse Bescheid wissen. Das können nicht nur Angestellte des Bundes, sondern auch Armeeangehörige, Angestellte der Kantone oder Mitarbeiter von Firmen sein, die zum Beispiel Rüstungsaufträge ausführen.

Je wichtiger die Position ist, die jemand einnimmt, desto genauer wird er in der Regel durchleuchtet: enge persönliche Beziehungen, familiäre Verhältnisse, finanzielle Lage, Beziehungen zum Ausland, Aktivitäten, welche die Sicherheit der Schweiz gefährden könnten – all das ist im Staatsschutzgesetz ausdrücklich vorgesehen. Wer überprüft wird, weiss das, weil er sich vorgängig mit seiner Unterschrift einverstanden erklären muss. Er erlaubt damit den Kontrolleuren, alle möglichen Datenbanken von Polizei-, Staatsschutz- oder Betreibungsbehörden zu durchforsten.

36'000 Sicherheitsprüfungen

Sicherheitsprüfungen sind viel häufiger, als gemeinhin vermutet wird. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 36'000 Prüfungen eingeleitet. Im Departement Schmid sind für diese Arbeit normalerweise 9,8 Vollzeitstellen eingeplant. «Momentan ist dieses Team mit 3 zusätzlichen temporären Arbeitskräften verstärkt», wie Armeesprecher Brunner bekannt gab.

2007 wurde etwa in der Hälfte der Fälle der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) – also die Staatsschützer im Bundesamt für Polizei – beigezogen, wie aus dem Rechenschaftsbericht des Amtes hervorgeht. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) konsultiert die Kantonspolizeien an all jenen Orten, an denen der zu Prüfende in den fünf Jahren vor dem Sicherheitscheck wohnhaft war, wie Fedpol-Sprecherin Danièle Bersier erklärt. Das Fedpol gebe die Informationsberichte der Polizeistellen an die Fachstelle im VBS weiter, sagt Bersier. Es nehme aber selber keine Einschätzungen vor.

Quelle Blick online

Wir werden am Freitag auf die Beantwortung dieser Fragen zurückkommen

Angela Merkel wird immer beliebter

Obschon die Deutsche Bundeskanzlerin das konkrete Aussagen vermeidet und sich bei Auseinandersetzungen absetzt und gleichsam von der Metaebene aus regiert, wächst bei der Bevölkerung der Beliebtheitsgrad. Merkel ist fleissig, intelligent und pflegt ihren Brand ganz bewusst in den Medien. Sie kleidet sich uniform-mässig, wie man es in der DDR gewohnt war. Jetzt sind es Blazer in verschiedenen Farben. Ich verfolgte ihr Erscheinungsbild während ihrer politischen Laufbahn und werde mich später darüber ääussern.

Heute im Spiegel online gelesen:

MERKELS KOALITIONSBILANZ

Die Alles-ist-gut-Kanzlerin

Sommertheater 2008: Der Außenminister stichelt gegen die Kanzlerin, Parteifreunde spekulieren schon mal über ein vorzeitiges Ende der Regierung. Doch Angela Merkel hält eisern durch - und lässt sich die Große Koalition ja nicht kleinreden.

Pünktlich vor der Sommerpressekonferenz der Kanzlerin hat der Außenminister und Vizekanzler noch einmal nachgelegt. In der "Zeit" wird Frank-Walter Steinmeier an diesem Tag mit dem Satz zitiert, er halte die Debatte über Barack Obamas Rede vor dem Brandenburger Tor "für kleinlich". Es ist eine erneute Stichelei gegen die Kanzlerin. Angela Merkel hat sich bekanntlich gegen einen Auftritt des demokratischen US-Senators vor dem Symbol der deutschen Einheit ausgesprochen.

Sie habe ihre Meinung "einfach zum Ausdruck gebracht, das wird ja in einem freien Land möglich sein", sagt die Kanzlerin dann im Saal der Bundespressekonferenz. Und fügt hinzu:

"Manchmal wird ja gesagt, ich hab' keine Meinung."

Bundeskanzlerin Merkel: "Harmonische und intensive Kabinettssitzung"
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AP

Bundeskanzlerin Merkel: "Harmonische und intensive Kabinettssitzung"

Merkel gegen Steinmeier - es ist auffällig, wie oft in den vergangenen zwei Wochen beide öffentlich auseinanderlagen. Deshalb wird die Kanzlerin gleich zu Beginn ihres Auftritts danach gefragt, warum sie eigentlich nicht mit dem Vizekanzler erschienen ist. Schließlich sei sie mit Franz Müntefering am selben Ort dreimal aufgetreten. Es ist eine verfängliche Frage, denn Steinmeier könnte der nächste Spitzenkandidat der SPD sein.

Angela Merkel lässt sich nicht beirren. Sie wolle einen Auftritt mit ihrem Vize in Zukunft nicht ausschließen, aber das sei auch immer "von der Sache abhängig". Heute sei sie in der "Tradition der Einzelpressekonferenz" hier. Im Übrigen habe sie heute "ausführlich mit dem Vizekanzler gesprochen", auch habe es eine "harmonische und intensive Kabinettssitzung" gegeben.

Alles ist gut, lautet die Botschaft. Oder in den Worten Merkels: Alle Minister bekämen die Gelegenheit, sich zu profilieren.

Nur nicht die Koalition kleinreden lassen

Auftritte der Kanzlerin vor der Bundespressekonferenz sind für Journalisten immer eine Gelegenheit, all das zu fragen, was sich angestaut hat. Und so wird Merkel auch mit Bemerkungen ihres Parteifreundes Peter Müller konfrontiert, der vor fast zwei Monaten öffentlich über ein vorzeitiges Ende der Großen Koalition nachgedacht hatte. Auf den saarländischen Ministerpräsidenten angesprochen sagt Merkel, sie erwarte, dass sich nicht nur SPD und Union "zusammensetzen und zusammenraufen". Das gelte auch für das Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Wenn man die "Kraft und den Willen" dazu nicht aufbringe, dann würden die Wähler bei den nächsten Wahlen den Verantwortlichen "wenig Ernsthaftigkeit" vorwerfen.

Eines wird an diesem Mittwoch schnell klar - die Kanzlerin will sich vor ihrem Urlaub die Große Koalition nicht kleinreden lassen. Merkel liegt offenbar auch daran, in der Bundespressekonferenz dem unterschwelligen Vorwurf zu begegnen, die Große Koalition verwalte nur noch den Stillstand. Und so zählt sie eine Reihe von Projekten auf, die noch anstehen:

  • Da gebe es die Gesundheitsreform mit dem Gesundheitsfonds, die zwar angeschoben, aber noch nicht umgesetzt sei,
  • im Herbst sei über die Erhöhung des Kindergeldes und Kinderfreibetrags zu entscheiden,
  • da sei die Erbschaftsteuerreform,
  • die Fortsetzung der Haushaltspolitik
  • sowie der Bildungsgipfel zwischen Bund und Länder

Merkel, die arbeitende Kanzlerin - das ist eine der Botschaften, die an diesem Tag vermittelt wird. "Mein Ziel ist es, die Sacharbeit weiterzuführen." Diese Voraussage könne sie für den Herbst machen, fügt sie ironisch hinzu.

Von der Innen- zur Außenpolitik und zurück

Die Kanzlerin in der Bundespressekonferenz, das ist aber auch immer Angela Merkel als CDU-Vorsitzende. Ihr größter Wunsch für dieses Jahr? Dass die CSU "50 plus X" erreiche.

Wen sie lieber habe als Konkurrenten ums Kanzleramt, SPD-Chef Kurt Beck oder Steinmeier? Antwort: "Ich nehme die Dinge so, wie sie kommen."

Erst am Wochenende hatte Merkel erneut für eine schwarz-gelbe Koalition nach 2009 geworben. FDP-Chef Guido Westerwelle hat darauf eher verhalten reagiert. (mehr...) In der Bundespressekonferenz sagt sie zur Lage der Union, man habe "alle Chancen, sehr, sehr gut bei den nächsten Wahlen abzuschneiden". Und fügt hinzu, man habe "gute Chancen" auf eine "andere Koalition". Doch folgt solch einer Auslassung als CDU-Vorsitzende sofort die Einschränkung, man habe den Wählerauftrag, diese Große Koalition "ordentlich" zu Ende zu bringen.

Kommentar: Angela Merkel antwortet stets so, dass die Aussage nie zum Stolperstein werden kann.
Es ist, wie bei Sommerpressekonferenzen der Kanzler üblich, ein buntes Repertoire an Themen, das abgefragt wird - an diesem Tag geht es von Mindestlöhnen und Umfrageergebnissen zu Managergehältern und Atomkraft, von der Lage im Libanon zum drohenden Arbeitsplatzabbau bei Siemens in Tschechien, von den Problemen auf dem Balkan zur künftigen Leitung der Wagner-Festspiele in Bayreuth. Eines aber durchzieht das Frage-Antwort-Spiel - der kommende Auftritt von Barack Obama. Am Donnerstag wird der designierte US-Präsidentschaftskandidat vor seinem abendlichen Auftritt an der Siegessäule am Vormittag von der Kanzlerin empfangen.

"Wichtige Erfahrung" mit Obama

Auf die Frage nach seiner Persönlichkeit sagt sie diplomatisch, wer sich durch den US-Vorwahlkampf geschlagen habe, der sei "durchaus mit guten Kräften ausgestattet - physisch, psychisch und politisch".

Für Merkel ist die Zusammenkunft mit Obama eine Premiere. Den republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain kenne sie aus der Vergangenheit von der Münchner Sicherheitskonferenz, sagt sie. Insofern sei ihr morgiges Treffen mit Obama "eine wichtige Erfahrung".

Was wird sie ihm sagen, falls Obama sie auf ein verstärktes deutsches Engagement in Afghanistan anspricht? Auf die tausend zusätzlichen Soldaten hinweisen, die Deutschland nach Afghanistan nun schicken wolle, sagt sie. Deutlich machen, dass sich Deutschland verstärktem Engagement nicht entziehe. Aber auch "unsere Begrenzungen" aufzeigen - so wie sie es auch gegenüber dem jetzigen US-Präsidenten tue.

Wenn Obama in Berlin um 19 Uhr spricht, wird die Kanzlerin nicht mehr in der Hauptstadt sein. Dann sei sie "hoffentlich schon in Bayreuth", sagt sie. Dort will Merkel, eine bekennende Opernliebhaberin, der Eröffnung der Wagner-Festspiele beiwohnen. Aufgeführt wird "Parsifal". "Vielleicht" schalte sie um 19 Uhr den Fernseher ein, sagt sie und fügt nach einer Pause hinzu: "Um natürlich die 'Heute'-Nachrichten zu sehen."

Da lacht der Saal.

Kommentar: Die Bundeskanzlerin gelang es, der Bevölkerung das Gefühl zu vermitteln: Ich habe alles im Griff. Ich kann deshalb beruhigt in die Ferien fahren.

Wenn ich zurückkomme, werde ich das Land weiter so regieren, dass alle gut schlafen können.

Die Journalisten wurden mit Merkels Art des Kommunizierens besänftigt. Die Pressfotografen werden sich beim bevorstehenden Opernbesuch wieder dem Outfit der Kanzlerin widmen und rätseln, weshalb sie welchen Ausschnitt gewählt hat.

Weshalb Bundesrat Schmid im Regen steht

Obwohl der Veteidigungsminister nicht zum Rücktritt gezwungen werden kann, ist sein Pelz recht nass geworden. Er hat wichtige Fragen nicht beantwortet. Fachleute vertreten einhellig die Auffassung, dass er einen gravierenden Fehler gemacht hat, indem er seinen Lieblingskandidaten nicht vor der Ernennung hat überprüfen lassen. Er hat es also nicht nur unterlassen den Bundesrat über das hängige Strafverfahren zu orientieren.

Der Tagi-online schreibt:

Nun steht Schmid im Regen

Für die Schweizer Kommentatoren ist klar, Armeechef Roland Nef wird nicht auf seinen Posten zurückkehren. Immer unbequemer werde die Situation auch für Bundesrat Samuel Schmid.

Schmid verlässt das Medienzentrum nach dem gestrigen Auftritt durch den Hinterausgang.

Keystone Schmid verlässt das Medienzentrum nach dem gestrigen Auftritt durch den Hinterausgang.

Deutlich wird die «Neue Luzerner Zeitung». Mit der Beurlaubung lenke Schmid von der Tatsache ab, dass er es war, der bei der Rekrutierung Nefs einige Dinge übersehen habe.

«Wer einen anderen für eigene Fehler büssen lässt, anstatt selbst die Konsequenzen zu tragen, hat das Vertrauen nicht mehr verdient.»

«Brillant und perfid»

Als «brillant und perfid zugleich» wird in der «Südostschweiz» Schmids Vorgehen dargestellt.

Die Beurlaubung Nefs zeige fast schulbuchmässig, welch perfide Intelligenz Politiker entwickeln könnten, wenn es darum gehe, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Der Vorwurf des Vertrauensbruchs falle auf Schmid zurück, heisst es in der «Basler Zeitung». Schmid habe mehrfach Gelegenheit gehabt, den Dingen auf den Grund zu gehen, doch er schaute weg nach dem Motto

«Mein Name ist Schmid, ich weiss von nichts.»

Ohne Schmids Führungsschwäche wäre es nie zur Affäre Nef gekommen, meint die «Berner Zeitung». Nef müsse jetzt nachliefern, was der Verteidigungsminister nicht rechtzeitig abklären wollte. «Zwar kann Schmid nicht zum Rücktritt gezwungen werden, doch was wäre dann ein Grund für einen Rücktritt, wenn nicht dieser?».

«Für alle ein Desaster», titelt der «Bund». Für Nef sei es ein Desaster, weil er wahrscheinlich seinen Posten räumen müsse, für die Armee, weil sie einen neuen Chef suchen müsse und für Schmid weil dessen exponierte Lage nach seinem SVP-Austritt auch ohne Affäre Nef schon unbequem sei.

Das «St. Galler Tagblatt» glaubt allerdings, dass Bundesrat Schmid die Affäre Nef unbeschadet übersteht. Draussen vor dem Bundesratszimmer schreie es jetzt «Führungsschwäche». Das aber sei, wie nicht nur die drinnen wissen, ein ziemlich relativer Begriff.

Auch die «Neue Zürcher Zeitung» urteilt vorsichtig. «Es wäre zu einfach, jetzt zu verlangen, Schmid müsse sein Amt zur Verfügung stellen.» Dass es die Armeebelange zurzeit derart schwer hätten, sei vorab auf die stark divergierenden Auffassungen von den Aufträgen und der Rolle der Armee im Parlament zurückzuführen.

«Unglaubwürdig und unberechenbar»

Hart mit Nef geht der «Blick» ins Gericht. «Ein Mensch, der so eiskalt mit den eigenen Widersprüchen umgeht, macht sich nicht nur unglaubwürdig, sondern ist unberechenbar und als Chef für eine Institution wie die Armee unzumutbar». Nef könne den Schaden ein wenig begrenzen, wenn er aus seiner Beurlaubung «jetzt möglichst rasch einen Rücktritt» mache.

Nef habe kaum mehr eine Chance, das Amt des Armeechefs noch glaubwürdig auszuüben, meint auch die «Aargauer Zeitung». Es sei anzunehmen, dass Nef sich und seiner Ex-Freundin das mit dem Unschuldsbeweis verbundene Schlammschlacht-Risiko erspare.

Die Westschweizer Zeitungen «Le Matin» und «24 heures»/»Tribune de Genève» fordern ebenfalls den Rücktritt Nefs. «Le Matin» fragt, ob es nicht besser wäre, wenn der Gesamtbundesrat Schmid die Aufsicht über den weiteren Gang der Dinge entziehe, weil dieser schliesslich Partei sei.

Kommentar: Auch bei dieser unrühmlichen Geschichte wird sich das Sämi-Prinzip bewähren. Ruhig bleiben - die Geschichte aussitzen - die politische Situation ausspielen , abwarten, die Nerven nicht verlieren und weiter regieren, als sei nichts geschehen. Was mir zu denken gibt: Wie es möglich ist, so lange im Regen zu stehen, sich zu schütteln und immer wieder trocken dazustehen. Samuel Schmid wird es auch bei einem allfälligen künftigen Gewitter fertig bringen, die riesigen Regentropfen an sich abperlen zu lassen. Ich habe selten einen Politiker getroffen, der so kritikresistent ist.