EINE REDE MIT FOLGEN - MIT KONSEQUENZEN? _____________________________________________________________ Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger hat mit seiner Trauerrede für den verstorbenen Ex-Regierungschef Hans Filbinger (beide CDU) bundesweit Empörung ausgelöst. Er hat Hans Filbinger hinsichtlich seiner fragwürdigen NS-Vergangenheit eine Persilschein erteilt. Auszüge aus der Rede im Wortlaut: „Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. Allerdings konnte er sich den Zwängen des Regimes ebenso wenig entziehen wie Millionen Andere. Wenn wir als Nachgeborene über Soldaten von damals urteilen, dürfen wir nie vergessen: Die Menschen lebten damals unter einer brutalen und schlimmen Diktatur!“ __________________________________________________________________ "Hans Filbinger wurde – gegen seinen Willen – zum Ende des Krieges als Marinerichter nach Norwegen abkommandiert. Er musste sich wegen seiner Beteiligung an Verfahren der Militärjustiz immer wieder gegen Anschuldigungen erwehren. Es bleibt festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte. Und bei den Urteilen, die ihm angelastet werden, hatte er entweder nicht die Entscheidungsmacht oder aber nicht die Entscheidungsfreiheit, die viele ihm unterstellen." _________________________________________________________________ "Hans Filbinger hat mindestens zwei Soldaten das Leben gerettet. Einer von ihnen, Guido Forstmeier, weilt noch heute unter uns und kann bezeugen, dass sich Filbinger dabei großer Gefahr ausgesetzt hat.“ „Mann der ersten Stunde“ "Für mich und meine Generation ist es leicht, die Kriegszeit zu beurteilen. Vielleicht aber in Wahrheit schwer oder auch unmöglich, weil wir sie nicht erleben mussten. Und wir nicht ermessen können, wie brutal und diktatorisch die Umstände damals gewesen sind. Hans Filbinger hat vor allem viel dazu beigetragen, dass die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts in unserem Land einen ganz anderen, einen guten Verlauf genommen hat. Er war ein Mann der ersten Stunde. Es gibt nur wenige, die von Beginn an und bis heute um das Wohl unseres Landes so besorgt und so erfolgreich tätig waren wie er. Unser Land, Baden-Württemberg, stünde heute nicht so gut da, wenn er nicht seine ganze Kraft, seine Ideen und Ideale, seine geschichtliche Erfahrung und sein Können eingebracht hätte.“ __________________________________________________________________ Diese Rede brachte Oettinger in Bedrängnis. Die Aussage Filbinger sei ein Gegner des NS Regimes gewesen, lässt sich nicht vereinbaren mit den Todesurteilen, die Filbinger unterschrieben hatte. Der Wirbel war vorhersehbar. Oettinger wollte zuerst nicht unternehmen und die Kritik ausstehen. Erst als Angela Merkel die Rede kritisierte, kam Ottinger unter enormen Druck. Entschuldigen oder Berichtigen? Er wählte den offenen Brief und bedauerte, dass er missverstanden worden sei. ____________________________________________________________ Kommentar: Dem Länderchef fehlt möglicherweise das Gespür für die richtigen Worte zur richtigen Zeit. Mit seiner misslungenen Rede auf seinen Vorgänger Filbinger hat er das wieder einmal bewiesen. Denn Oettinger verhält sich nicht nicht dar erste Mal ungeschickt. Sein offener Brief vom Wochenende, hat dabei die wenigsten überzeugt. Die Kritik ebbt seitdem keineswegs ab – ganz im Gegenteil: Oettingers zurückhaltende Worte („Soweit Missverständnisse entstanden sind, bedauere ich dies“) sind alles andere als ein Befreiungsschlag für den Ministerpräsidenten im „Ländle“. ______________________________________________________________ Wie konnte es überhaupt soweit kommen? Innerhalb der Südwest-CDU fragt man sich, wie es zu Oettingers Ungeschicklichkeiten überhaupt kommen konnte: Warum wurde ein rechtskonservativer Redenschreiber für diesen heiklen Anlass engagiert? Wieso musste Oettinger sich ganz am Manuskript orientieren? „Normalerweise schwächt er spitze Aussagen ab“, sagt ein Mitglied des CDU- Landesvorstandes, um die entstandene Lage sogleich mit einer Schwäche des Ministerpräsidenten zu erklären: „Oettinger will eben seinen Auditorien gefallen.“ heisst es in den eigenen Reihen, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Oettinger, der wirtschaftsfreundlich-liberale Technokrat, ist zwar unverdächtig, einen Rechtsaussen zu sein. Doch fehlt ihm oftmals das Gespür für das richtige Wort zur richtigen Zeit. Die Intervention der Bundeskanzlerin ist ein ungewöhnlicher Vorgang. Mit den deutlichen Worten aus Ischia hatten Oettinger und die gesamte Landespartei nicht gerechnet. Zwar ist bekannt, dass sich Kanzlerin und Ministerpräsident wenig bis nichts zu sagen haben, zumal Merkel Oettingers Intimfeindin, Bildungsministerin Annnette Schavan, zu ihren Freundinnen zählt. Doch die derart harsche Reaktion von „Frau Doktor Merkel“, wie Oettinger seine Parteivorsitzende stets nennt, kam unerwartet. „Hier sind einige aus allen Wolken gefallen“, heißt es im CDU-Landesvorstand. Die meisten seien „verschnupft“ über Merkels öffentliche Kritik an Oettinger: „Der Groll ist gross über die Kanzlerin.“ Und Günther Oettinger? Er verteidigte am Sonntag seine Rede abermals, bezeichnete sie gar als „sehr vertretbar“. An seinen Worten, wonach Filbinger ein „Gegner des NS-Regimes“ gewesen sei, will er nicht rütteln. Wie lange noch? __________________________________________________________ Es dauerte nicht lange und Oettinger benutzte den Notausgang __________________________________________________________ Quelle: Spiegel online 16. April: __________________________________________________________ CDU-Chefin Merkel ist die Gewinnerin der Oettinger-Krise. Der baden-württembergische Ministerpräsident hat sich wie von ihr verlangt von seinem Satz distanziert, der verstorbene Vorgänger Filbinger sei NS-Gegner gewesen - jetzt hofft die Partei auf Ruhe. Dass Oettinger handeln musste, lag in der Luft! Sonst hätte ihm die Rede den Job kosten können. __________________________________________________________________