Samstag, 31. August 2013

Das DUELL


Zum bevorstehenden TV Duell des Jahres

Am Sonntagabend den 1. September - zur Tatortzeit - übertragen ARD, ZDF, RTL und ProSieben das Kreuzverhör mit den beiden Kanzlerkandidaten Angela Merkel-Peer Steinbrück. 2009 - beim letzten Duell schalteten 14,2 Millionen Zuschauer ein. Man rechnet dieses Jahr mit noch mehr.
Vier Moderatoren werden die Fragen stellen. Wer fragt führt. Vier Profis werden fragen und das Gespräch lenken: Maybrit Illner (ZDF), Stefan Raab (Pro7), Anne Will (ARD) und Peter Kloeppel (RTL).


 

Gemäss Beobachtungen rechne ich bei Kloeppel mit ruhigen, unaufgeregten Fragen, bei denen seine fundierten Kenntnisse der Wahlprogramm für beide gefährlich werden könnten.


Will wird mit ihrer Körperbeherrschung (sie wird Lady Pokerface genannt) streng, hart und fair fragen. Merkel muss sich vor ihr fürchten.


Raab anderseits ist sonst als "Rampensau" unberechenbar. Vermutlich bemüht er sich aber bei diesem Einsatz, ernst genommen zu werden Er wird sich sich weniger von seiner chaotischen Seite zeigen. Sein Trumpf: Er ist neu, in dieser Runde ein unbeschriebenes Blatt. Doch bringt er Farbe ins jüngste TV Duell, denn er ist schlau und kennt als Profi sein Metier.
Möglicherweise hält es sich nicht an die Abmachungen der Kollegen. Ich rechne jedenfalls mit überraschenden Fragen.




Illner ist bekannt durch ihre mutigen, verbindlichen Fragen. Sie spricht mit allen Politikern auf Augenhöhe.
Mit Kloeppel moderieren sie oft zusammen. Da sie ohne Spickzettel auskommt, wird sie auf den Kollegen kaum Rücksicht nehmen.
Laut Maybrit Illner haben die vier Moderatoren die Themen unkompliziert aufgeteilt. Wer macht das Entrée, wer den Schluss? Auch die Aufteilung der Pärchen zu den Themenfeldern  sind bereits abgesprochen.

Aufgabe aller Moderatoren ist es, den beiden Kandidaten Antworten zu entlocken, die vorbereitet wurden oder von den Beratern eingetrichtert worden sind.


Zum Antwortverhalten der Kandidaten:




Angela Merkel wird  vom Kanzlerbonus profitieren. Sie punktet wahrscheinlich einmal mehr mit ihrer Airbagrhetorik. Sie lässt sich nicht konkret festlegen. Die Antworten klingen gut. Sie versteht es, schön zu sprechen ohne etwas zu sagen. Man darf damit rechnen, dass einmal mehr der Satz von der Kanzlerin zu hören sein wird: "Deutschland ist besser aus der Krise gekommen, als es hineingegangen ist." Oder dass Steinbrück meint: "Es muss in diesem Land wieder gerechter zugehen."
 Merkel ist eine Machtfrau, die sich nicht gerne festlegen lässt und bislang  mit der Politik der kleinen Schritte und ihren allgemeingültigen Sprüchen Erfolg hatte.
Als Preussin hat sie ein erstaunlich grosses Durchstehvermögen.



Peer Steinbrück hat so tiefe Umfragewerte, dass er nur gewinnen kann.
Er wird Merkels Politik peitschen. Die Schweizer lernten seine scharfen Attacken hautnah kennen. Er muss aber aufpassen, dass er während des Duelles nicht persönlich wird.
Es ist immer wieder in Fettnäpfchen getreten. Man wird merken, dass es ihm schwer fällt, sich im Ton zu mässigen. Steinbrück ist nicht der einzige Kandidat, der vor der Wahl hart kritisiert worden ist. Steinbrück könnte aber dank seiner rhetorischen Kompetenz punkten.

Der Grund, weshalb das Duell von vier Sendern gleichzeitig übertragen wird, liegt darin, weil die Kanzlerin nur EIN Duell wollte.

Dies führt zwangsläufig zu einer Fokussierung des Interesses auf diesen EINmaligen Auftritt.

Was mich interessiert:


Wer überzeugt mehr?

Wer wirkt wie? 

Verstehen es die Journalisten die Politikerrhetorik zu hinterfragen und bei Ausweichmanövern oder vagen Aussagen nachzuhaken?

Journalisten ist die Technik des Antwortens auf nicht gestellte Fragen oder die Technik des Nichtantwortens bestens bekannt
Gelingt es, die Kandidaten zu destabilisieren, ohne sie zu verletzen?
Journalisten sind auf der Lauer nach einem Satz, der von allen Medien aufgenommen wird. Entweder, weil dieser Satz schlagfertig ist oder die Nation noch lange nervt. Wir erinnern uns an die spontane Liebeserklärung Schröders an seine Frau, Wie in eine Seifenoper wurde damals das Publikum gerührt.


Wie immer wollten Kandidaten  das letzte Wort haben. Deshalb wurde das letzte Statement ausgelost. Angela Merkel hat bei dieser Wahl gewonnen. Dafür darf Steinbrück die erste Frage beantworten.


Ich werde das Duell am Sonntagabend genau beobachten und sofort analysieren.



Bis zum Duell versuchte Merkel den Kontrahenten völlig zu ignorieren. Am Sonntag muss sie nun mit ihm auf Augenhöhe diskutieren. Steinbrück wird versuchen, einen wirkungsvollen Treffer zu landen. Ob
ihm das gelingt?

FAZIT:

Zum Argumentationsverhalten der Akteure:

Angela Merkel agierte bei allen Problemen bislang eher defensiv. Sie argumentierte meist flexibel, passte Ihre Position den jeweiligen Gegebenheiten an: Deutschland darf keine Schulden-Union werden! Wir müssen damit rechnen, dass ihr ambivalentes, vorsichtiges Verhalten auch bei Ihren Aussagen am Duell dominiert.  Merkel wird auch im Duell eher zurückhaltend argumentieren.
Sie spielt mit der Karte "Erfahrung". Ich habe einmal gelesen: Angela Merkel lässt es menscheln.
Ich bin bei Ihr auf der Suche nach ihren typischen Floskeln nach Mutti-Art:
"Wir müssen mal schauen"
"Wir müssen das verbessern" (obwohl ja eigentlich alles gut sein soll..."seit ich Kanzlerin bin")



Peer Steinbrück hingegen muss den Spagat schaffen, aggressiv zu sein ohne die Kontrahentin zu verletzen. Offensiv zu argumentieren ohne verbal in einen neuen Fettnapf zu treten. Sein erstes Votum ist für mich aufschlussreich.
Steinbrücks Stärke: Die rhetorische Gewandtheit, Schlagfertigkeit. Er wird wahrscheinlich der Kanzlerin erneut vorwerfen, sie lulle die Bevölkerung ein, statt Probleme anzugehen. Sie verbreite eine trügerische Wohlfühlstimmung. Steinbrücks Anspruch ist es, die Ruder in die Hand zu nehmen, sich nicht weg zu ducken und den Kurs sofort zu bestimmen. Steinbrück wird sich bemühen, schlagfertig zu sein.

Zu den Themenblöcken:

AKTUELLES: Hier wird Syrien eine Rolle spielen

ARBEIT und SOZIALES

GELD und FINANZEN

SICHERHEIT


LINKS:

Ich musste vor Jahren Fotos von Angela Merkel analysieren:


Ausstellung im Museum für Gestaltung in Zürich: Kopf an Kopf - Politikerporträts, 31.10.2008 - 22.02.2009 "Kopf an Kopf - Politikerporträts" zeigt auf, welcher ...
www.rhetorik.ch/Politikerportraits/Politikerportraits.html

Beiträge über Steinbrück:

15. März 2009 ... Quelle: Schweizer Fernsehen vom 14. März. Ein schlitzohriger Peer Steinbrück meinte am 14. März, er wisse gar nicht von einer Liste, auf der ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/09/03_15/
27. Febr. 2013 ... Die Wahlen wurden auch in Deutschland kommentiert. Peer Steinbrück hat sich mit Bemerkungen wieder in die Schlagzeilen gebracht: ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/13/02_27/index.html
Dateiformat: PDF/Adobe Acrobat
21. Aug. 2013 ... daten Peer Steinbrück, war nicht fähig, den deutschen Spitzenpolitiker davon abzuhalten, in zahlreiche Fettnäpfe zu treten. Wir erinnern uns an ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/13/08_21/sn.pdf
25. Okt. 2008 ... Der Deutsche Finanzminister Peer Steinbrück hat an einem Ministertreffen von 17 Mitgliedstaaten der OECD die Schweizer Steuerpraxis ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/08/10_25/
28. Sept. 2012 ... Die SPD hat sich für Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat entschieden. Ob die Karte Steinbrück für die SP stechen wird, ist aber noch nicht klar, ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/12/09_28/
28. Mai 2009 ... Nach sechs Stunden harter Verhandlungen verkündete Finanzminister Peer Steinbrück am Samstagmorgen, es sei "eine Lösung gefunden ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/09/05_28/
28. Mai 2012 ... Der frühere deutsche Finanzminister Peer Steinbrück appellierte an die von SPD und Grünen regierten Bundesländer, das geplante ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/12/05_28/