Trumps Trumpf:
Verzicht auf politische Korrektheit
Die Kandidatenkür der Republikaner dominiert Provokateur Donald Trump mit seiner Ein-Mann-Show. Medienrhetorisch ist bei Trump vieles ein No-go, doch hat er Erfolg.
Der Immobilienmilliardär und Quereinsteiger dominiert die Medien, Aufmerksamkeit ist ihm sicher. Er poltert, beleidigt, pöbelt, teilt ungefiltert aus und nimmt kein Blatt vor den Mund. Er beschimpft rücksichtslos etablierte Kritiker und frisst auch vor wichtigen TV- Debatten keine Kreide.
Das Erstaunlichste: Trotz Beleidigungen und extrem ungefilterter Aussagen liegt er in allen Umfragen weit vorn. Er kann alle Politikverdrossenen um sich scharen. Als Quereinsteiger spielt Trump den Gewährsmann für einen Wechsel im Weissen Haus.
Kein Politexperte gibt jedoch diesem „Clown der Nation“ eine echte Wahlchance.
Dennoch lässt sich das Enfant terrible nicht bremsen. Falls er nicht als Kandidat erkoren würde, schliesst er unverhohlen ein freie Kandidatur nicht aus.Täte er dies, würde er zum Steigbügelhalter von Hillary Clinton, weil sich dadurch die Stimmen für die Republikaner aufsplitten würden. Trump kennt weder Parteiraison noch rhetorische Zurückhaltung, er spricht immer frei - ohne Teleprompter - und verzichtet auf Redenschreiber.
Weil Aussergewöhnliches am besten vermarktet werden kann, wird Trump in der Medienpräsenz favorisiert. Und der Provokateur versteht es hervorragend, diese zu nutzen und punktet dank seiner Unverfrorenheit.
Offensichtlich kommt dies bei einem grossen Teil des Publikums an.
Nachdem ihn eine Moderatorin wegen seiner frauenfeindlichen Aeusserung festnageln will, kontert er: „Ich habe keine Zeit für Political Correctness und das Land hat dies auch nicht.“
Weil der Provokateur die Journalistin nachträglich beleidigte, handelte sich Trump erstmals ein Problem mit den Medien ein. Er wurde von dieser Journalistin bei einer Konferenz ausgeladen. Diese Massregelung wurde dann aber zum Rohrkrepierer, denn dadurch wurde er zum Märtyrer.
Was braucht es, um die Trump Show zu stoppen? Er könnte sich wohl nur selbst demontieren.
Die Liste seiner rhetorischen Patzer ist ellenlang.
Es gibt eine Fülle von Verunglimpfungen und verbalen Ausrutschern,
Der Medienhype um Trump begann, als er seine Kandidatur offiziell machte. In seiner Rede beleidigte er gleich Mexiko mit den Worten. „Wenn Mexiko seine Leute schickt, schickt es nicht seine besten. Sie schicken nicht euch. Sie schicken Leute, die viele Probleme haben, und die bringen diese Probleme mit. Sie bringen Drogen, sie bringen Kriminalität, sie sind Vergewaltiger. Und ein paar, nehme ich an, sind auch nette Leute."
Erstaunlich, dass Donald Trump trotz aller Fettnäpfchen als republikanischer Präsidentschaftskandidat punkten kann. Vielleicht ist es aber gerade diese unkonventionelle, "frei von der Leber Weg" Politik, die ihn populär gemacht hat, gibt es doch zu viele Politiker, die keine eindeutigen Aussagen mehr wagen. Sie wollen es allen recht machen.
Ähnlich wie beim "Palin Effekt" gibt es einen "Trump Effekt": Mit einem grossen Maul kommt man zwar in die Medien. Aber wie lange?
Die Meinung der Journalisten ist praktisch einhellig: Trump hat wenig Chancen, die Nomination zu gewinnen. Wie schon bei vielen unqualifizierten Anwärtern vor ihm, wird wohl auch sein Höhenflug von kurzer Dauer sein.
Aber wie auch bei Palin, kann man bei Aussenseitern nicht voraussehen, wie es wirklich kommt. Auf jeden Fall wird Trump mit seinen ungefilterten provokativen Aussagen noch weiter von sich reden machen.
Ungewöhnliches, Negatives, prominente Personen, Skandale sind stets ein
gefundenes Fressen für die Medien. Trump weiss dies genau. Er hat Spass, das politische Personal in den USA aufzumischen. Eines hat er geschafft, man schreibt und spricht von ihm. Die Einschaltquoten bei seinen Auftritten sind enorm.
Das schlimmste für Provokateure ist, totgeschwiegen zu werden.
Aber das können sich die Medien nicht leisten, skurrile Geschichten sind Geld wert.
In der New York Times war von Kolumnistin Maureen Dowd zu erfahren: Die Debatte mit Trump hatte ein fantastische Quote: die 9. beste Quote, die je im Kabelfernsehen gemessen wurde.24 Millionen Zuschauer haben die Fox Debatte gesehen. Das war Trump zu verdanken. Auch fragte sich Dowd: Was ist besser? Ein politisch korrekter Politiker, der lügt und Kriege anzettelt oder ein Politiker, der sagt was er denkt?
Vielleicht hat die Öffentlichkeit genug von zu der extremen politischer Korrektheit.
Donald Trump trifft wahrscheinlich mit seiner ungehobelten Art den Nerv vieler Amerikaner. Sie würden gerne so reden wie er, nur trauen sie sich nicht.
Viele sind sich der politischen Korrektheit überdrüssig.
Trump profitiert vom Unmut der Bevölkerung gegen die zu enge Auslegung der politischen Korrektheit mit der einhergehenden Sprachpolizei. Seine Direktheit wird dadurch goutiert. In den Staaten ist es heute ein Tabu, über Verbrechen von Afroamerikaner zu reden oder ein schlechtes Wort über Muslime zu sagen. Niemand darf die Kriminellen aus Mexiko kritisieren.
KOMMENTAR:
Obwohl Trump den Bogen überspannt hat, wird er noch lange ein Medienthema bleiben. Vor allem weil er es wagt, das auszusprechen, was in republikanischen Quartieren nur hinter vorgehaltener Hand gesagt wird. Er vertritt aber auch politische Positionen, die nicht mit der republikanischen Sicht vereinbar sind. Er war 2003 gegen den Krieg im Irak («ein Desaster»), er weigert sich, die Renten sowie die staatliche medizinische Versorgung für Senioren und Bedürftige zu kürzen («wir müssen uns um die Armen kümmern»), und er will den staatlichen Mindestlohn zumindest nicht abschaffen. Mal war Trump Demokrat, mal war er parteilos, jetzt ist er eben Republikaner.
Er ist kaum zu fassen, denn Kritik perlt bei ihm ab, wie von einer Teflonschicht. Sein disruptives Potential, den Wahlkampf zu stören, ist unermesslich.
An Dreistigkeit ist er kaum zu überbieten, vor allem, wenn er sich mit seinen perlweissen Zähnen überartikuliert selbst darstellt:
„Ich habe die besten Schule besucht.“
„ Ich habe die besten Noten bekommen.“
„ Ich habe ein Vermögen gemacht - ein unglaubliches Vermögen - eine grösseres als die Menschen begreifen können.“
„Ich bin wirklich ein kluger Mensch“
„Die Leute lieben mich. Jeder liebt mich.“
Der Erfolg des grossmauligen Kandidaten kommt auch daher:
Mit den frauenfeindlichen Sprüchen hat sich Trump jedoch enorm geschadet. Er brachte damit die grosse weibliche Wählerschaft gegen sich auf, was ihm das Genick schneller brechen könnte als alle andern Flegeleien. Da ging er sicherlich zu weit. Ich meine, der Provokateur hätte mit einer kleinen Chance auf Erfolg rechnen können, wenn es ihm gelungen wäre, die eigene Partei hinter sich zu scharen, doch das wird nicht der Fall sein. Für die Journalisten hingegen ist Trump ein Glücksfall, für die Medien bleibt er noch lange ein Goldesel. Trump ist jedenfalls ein Medienphänomen.
FAZIT:
Dank seines Reichtums ist Trump kaum angreifbar und kann sagen was er will, nach dem Motto: Was stört es eine Eiche, wenn sich die Sau an ihr reibt.
Richtig ist wohl, dass wegen der verständlichen Verdrossenheit der Wähler den rückmarklosen Politikern gegenüber, Trumps Auftreten Beachtung findet. Dass aber die Leute, die sein rüpelhaftes Wesen „ganz gut“ finden, ihn auch an der Spitze der USA sehen möchten, ist sehr unwahrscheinlich. Aber sehr wahrscheinlich ist es, dass er insgesamt den Republikanern schaden wird, sei es als unabhängiger und Stimmen von ihnen abziehender Kandidat oder als erkannter Rabauke, dem es nur um seine Person und deren „gebührende“ Beachtung geht und den „man“ nicht wählt.
NACHTRAG:
Jetzt kommt die Sprachpolizei. Redner werden ausgeladen, Wörter verbannt, Ideen ...