Sonntag, 5. Februar 2017

Die NZZ schliesst online Kommentare -- Kritik wird laut

Anstatt  offene Dialoge beizubehalten,
bestimmt künftig die NZZ die Diskussionkultur im Netz

Nachdem in offenen Foren vielfach mit harten Bandagen debattiert wird, hat die NZZ die Konsequenzen gezogen und schliesst gewisse Kommentarspalten.
Ich zitiere die NZZ:
Künftig können nicht mehr alle Artikel kommentiert werden.




Am Mittwoch, dem 8. Februar, werden wir die Kommentarspalte auf NZZ.ch bei den meisten Artikeln deaktivieren. Stattdessen wird es Leser- und Autorendebatten geben. (Bild: Dominic Steinmann / NZZ)

Am Mittwoch, dem 8. Februar, werden wir die Kommentarspalte auf NZZ.ch bei den meisten Artikeln deaktivieren. Stattdessen wird es Leser- und Autorendebatten geben. (Bild: Dominic Steinmann / NZZ)

Es hat sich etwas aufgestaut in der Kommentarspalte von NZZ.ch. Die Stimmung ist gehässiger geworden. Wir stellen – etwas zugespitzt – fest: Wo früher Leserinnen und Leser kontrovers miteinander diskutiert haben, beschimpfen sie sich immer öfter. Wir werden zunehmend als «Systempresse» oder «Propagandaschleuder» betitelt statt auf inhaltliche Fehler aufmerksam gemacht. In vielen Kommentaren wird nicht mehr Information ausgetauscht, sondern in einer Absolutheit doziert, die andere per se ausschliesst. Entsprechend schwer tun wir uns selber mit unserer Kommentarspalte. Viele NZZ-Journalisten lesen die Leserkommentare nicht mehr. Wir mussten darum auf diese Situation reagieren und einen Weg zurück zu einer konstruktiven Diskussionskultur einschlagen.

KOMMENTAR:

Weshalb wissen nur die NZZ Redaktoren, was eine richtige Debatte ist?

Die Schliessung der Kommentarspalten kommt eigentlich einer Zensur gleich und weckt ungute Gefühle. Künftig dürfen nur noch die Medienpriester bestimmen, welche Meinung korrekt ist und vertreten werden darf.

Gegen das Löschen von Beiträgen, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstossen (Persönlichkeitsrecht usw.) ist nichts einzuwenden. Wenn aber Redaktionen misslieblige Beiträge bewusst ausklammern und jene Kommentare bevorzugen, die der eigenen Ideologie entsprechen, wird es bedenklich.

Die offenen Kommentare haben auch einen positiven Effekt für die Psychohygiene der Leser. Wenn jemand Dampf in einem Kommentar ablassen kann, ist dies besser, als wenn er mundtot gemacht wird und sich der Aerger bei ihm aufstaut.

20 Min arbeitet hinsichtlich Kommentarspalten vorbildlich. Dort haben wir stets ein Abbild der Bevölkerungsmeinung. Und 20 Min lässt auch jene Beiträge stehen, die weniger zimperlich sind. Die Redaktoren zensurieren nicht wie beispielsweise der Tagesanzeiger.

Die offene Kommuniaktionskultur wird auch dort ersichtlich, wo die Leser ohne zusätzlichen Aufwand einen Kommentar beurteilen können.

Uebrigens sind die Spalten des Publikums nicht für die NZZ Redaktoren.  Die Kommentare sind fürs Publikum da. Und diese werden auch von den Leserinnen und Lesern beachtet. 

 

Bildergebnis für Zensur

NACHTRAG:

Ich zitiere die Meinung eines Lesers in der FAZ:

„Zur Sache: Ich finde das Abschalten der Kommentarbereiche bzw. die vergleichsweise starke Zensur, die manche bei politisch missliebigen Ansichten betreiben, auch bedauerlich. Andererseits kann natürlich jedes Presseunternehmen selbst entscheiden, was es zulässt und was nicht. Der Leser kann das nur in der Weise sanktionieren, dass er die entsprechende Publikation nicht mehr konsumiert, und das geschieht ja auch. 

Sie übersehen das eigentliche Problem in diesem Zusammenhang.
Das Unterdrücken abweichender Meinungen, und nichts anderes ist diese Zensur, hat dafür gesorgt, dass es keine öffentliche Meinung mehr gibt, weil diese durch die ver-öffentliche Meinung ersetzt worden ist.
Man hält also die Dummen dumm, und versucht den Rest zu verdummen.
Sogar das Thema, mit diese Verars….. begann, kennt man genau.
Es war die Ukraine Berichterstattung. Da begann eine gemeinsames Lügenkonzert der Medien ud jeder konnte sehen, dass die gesamte Landschaft gleichgeschlatet war."

Auch Klein report weist auf kritische Stimmen hin:

Personen vermuten eine Zensur, wenn
jene Meinungen ausgeklammert werden, die mit dem «eigenen Bild der Welt kollidieren».

«Wenn man die Kommentare in Relation zum Artikel liest, weiss man oft erst, wie die Bevölkerung wirklich darüber denkt. Dieser Realitätsabgleich fehlt dann eben, und es wird einseitig»,
kommentiert etwa ein NZZ-Leser. Ein anderer Nutzer schreibt:
«Wir sind (wieder mal) im Zeitalter, wo Eliten meinen, sie hätten die Wahrheit für sich gepachtet und müssten den gemeinen Pöbel führen.»



Im Kreuzfeuer der Medien

Nicht abstreiten und nicht überreagieren

Publiziert in den SN am
Zuerst überlegen und erst nach einer Denkpause antworten. Steht jemand im Kreuzfeuer der Medien, ist das oberstes Credo. Die Antwort muss wahr sein – aber nicht alles, was wahr ist, muss gesagt werden.

Das Medienhaus Ringier, das auch den «SonntagsBlick» herausgibt, entschuldigte sich bei Thomas Borer – und bezahlte ihm Schmerzensgeld. Die Geschichte um den ehemaligen Botschafter und seine angebliche Affäre zog riesige Kreise. 





von Marcus Knill
Berichte über Skandale sind Quotentreiber in den Medien. Vor allem der Mix aus prominenter Persönlichkeit, Sex, Fehlverhalten und Emotionen verkauft sich gut – nicht nur in der Regenbogenpresse. Wer hat nicht schon die Ohren gespitzt, wenn jemand eine Klatschgeschichte erzählte? Alltagsinformationen hingegen werden von vielen nur überflogen.
Als sich jüngst etwa der ehemalige CVP-Parteipräsident Christophe Darbellay zu seinem Seitensprung mit Folgen bekannte, wurde dies blitzartig zum Medienthema. «Darbellay wird nach Seitensprung erneut Vater» und ähnliche Titel prägten die Berichterstattung. Die Journalisten stellten sich die berechtigte Frage, ob der Seitensprung und das aussereheliche Kind des ehemaligen Chefs der CVP (ausgerechnet eine Familienpartei!) den Christdemokraten schaden könnten.

Homestory als Widerspruch

Auch ich analysierte das «Skandälchen» und kam zum Schluss: Darbellay kommunizierte richtig. Er informierte offen und ehrlich über die Situation. Er beschönigte nichts. Leider machte er während seiner Präsidialzeit den verbreiteten Fehler, sich in Homestorys als besonders fürsorglicher, liebender Vater feiern zu lassen. Deshalb steht er nun trotz seines Schuldeingeständnisses recht unglaubwürdig da. Ich bin bei dieser Geschichte der Meinung, dass Darbellays Fehltritt lediglich seiner persönlichen politischen Karriere schaden wird. Die CVP handelte richtig, indem sie zwischen Person und Partei differenzierte. Glück für die Partei war sicherlich, dass das Präsidium unter der neuen Führung von Gerhard Pfister einen klaren Kurs fährt.

Am Anfang die Weichen stellen

Skandalisierungen folgen bestimmten Gesetzesmässigkeiten. Wer nachgewiesene Skandale bestreitet, beschönigt oder unter den Teppich kehrt, beschleunigt lediglich die Eskalation. Rasche, offene Kommunikation und Schuldeingeständnisse helfen hingegen, die Skandalierungsspirale zu bremsen, wenn nicht sogar zu stoppen. Entscheidend ist dabei vor allem die erste Reaktion. Den wenigsten ist aber bewusst, wie man mit den ersten Worten die Weichen richtig stellen kann. Generell kann festgestellt werden, dass sich die Skandalierten in der Regel als Opfer fühlen und am Anfang meist falsch handeln. Wer gleich bei der ersten Anfrage den Kopf verliert und sich provozieren lässt, wird keinen Erfolg haben. Es ist aber auch völlig falsch, abzutauchen, im Glauben, alles gehe schon vorbei, bald würde eine andere Sau durchs Dorf getrieben. Dennoch dementieren viele Betroffene Fakten, lügen und stellen sich damit zwangsläufig selbst ein Bein.

Die Affäre Borer

Die Grundmuster der Skandale in den Medien sind ähnlich: Die Medien stellen den Sachverhalt einer bestimmten Richtung folgend dar. Aus einem Gerücht wird ein nachvollziehbares Bild entwickelt, in dem Emotionen dominieren. Das Beispiel von Thomas Borer ging in die Mediengeschichte ein. Die Story um die angebliche Affäre mit einer Nackttänzerin eskalierte Schritt für Schritt. Titel wie «Borer und die nackte Frau» oder «Was geschah in der Botschaft?» prangten in grossen Lettern auf den Titelseiten.
Der Diplomat machte bei der angehenden Skandalisierung genau das, was nach dem mittlerweile verstorbenen Mediensoziologen Kurt Imhof nie gemacht werden darf: Sich sofort über die Geschichte auslassen. Borer hätte den ganzen Wirbel verhindern können mit der eindeutigen Antwort: «Das ist eine private Angelegenheit!» Wäre nachher dennoch etwas publiziert worden, hätte er erfolgreich klagen können. Imhof wies damals darauf hin, dass der Skandalierte zwar nicht dementieren dürfe, wenn eine Geschichte stimme, dass er den Sachverhalt aber nicht diskutieren müsse. Wenn er sich auf das Medienspiel einlasse, sei es im Nachhinein für jeden Befreiungsschlag zu spät.
Anders sah das ein Kommunikationsberater von Thomas Borer. Noch bevor er für ihn arbeitete, sagte er einst in der NZZ: «Liegt ein schwerer Angriff vor, ist alles abzustreiten oder dann, wenn es gegeben ist, kurz und sofort zu erwidern.» Dies Sicht gilt heute als völlig überholt. Imhof lehnte diesen Rat eindeutig ab. Er kommentierte damals: «Wer dementiert, liefert Zündstoff für die Lügendiskussion und heizt die Sieg-Niederlage-Dynamik unnötig an. Das Abstreiten ist ebenso falsch wie das zu rasche Reagieren.»

«Mea culpa» als Rettungsring

Machtlos sind die Betroffenen bei einer Skandalisierung aber nicht. Es geht darum, Denkzeit zu gewinnen. Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren und die Nerven nicht zu verlieren. Es gilt, die Sachverhalte zu klären, sich mit Vorgesetzten, einem Berater oder einer Vertrauensperson abzusprechen. So kann eine plausible Antwort gefunden werden. Mich beeindruckte vor einigen Jahren der deutsch-französische Talkshowmoderator Michel Friedman. Er ist der Erfinder der Fernsehverhöre «Vorsicht Friedman». Nach den vermuteten Verfehlungen des Fernsehmanns wurde er dann selbst hart verhört. Friedman geriet in den Verdacht, gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen zu haben. Auch soll er unter dem Decknamen «Paolo Pinkel» bei einem Zuhälterring Prostituierte angefordert haben. Friedman verlor den Job als Moderator und wurde geächtet. Obwohl weder überführt noch verurteilt, musste er sich wochenlang harte Fragen gefallen lassen. Der Verdacht war Grund genug, den mutmasslichen Skandal an prominenter Stelle zu thematisieren. Wie verhielt sich nun dieser Medienprofi in der verzwickten Situation?
Im Tief bereitete er eine Medienkonferenz vor und entschuldigte sich in aller Form für seine Taten. Seine Devise: in heiklen Situation nie schweigen. Als er in einer Fernsehsendung hart angepackt wurde, unterstrich er mit engagierter Stimme: «Ich habe deutlich gesagt: Ich habe Mist gebaut. Sind wir eigentlich im Mittelalter? Muss ich noch den Kopf aufs Schafott legen? Ich wiederhole ohne Wenn und Aber: Ich habe Fehler begangen und werde dafür bestraft. Genügt das nicht? Ich akzeptiere die Strafe.» Friedman hatte die Grösse, zu seinen Fehlern zu stehen. Er bat um eine zweite Chance – und hat sie bekommen. Vier Monate nach seiner Kokain-Beichte war Michel Friedman auf dem Bildschirm zurück. Mehr als sechs Millionen Zuschauer sahen ihn am Sonntag als Talkgast bei Sabine Christiansen. Sein «Mea culpa» zahlte sich aus.
Auf meiner Website «rhetorik.ch» habe ich zahlreiche weitere Fälle von Skandalen ausführlich geschildert. Darunter den von Jörg Kachelmann, welcher der Vergewaltigung beschuldigt worden war, jenen von Geri Müllers Nackt­selfies oder den vom Zuger Sexskandal um Jolanda Spiess-Hegglin und Markus Hürlimann. All diese Skandale eskalierten durch ungeschicktes Kommunikationsverhalten der Betroffenen. Die Folgen – endlose Geschichten – waren somit weitgehend selbst verschuldet. Die Entschädigungen, die später entrichtet werden mussten, konnten den angerichteten Schaden nicht mehr wettmachen.

Marcus Knill: Experte für Medienrhetorik. Er schreibt in loser Folge für die SN.

Ist die Liebe nur eine Illusion?

 

 

Vielleicht ist Liebe nichts als Illusion - YouTube

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