Montag, 28. Januar 2008

Hessen Wahl:

Nur mit Wortbruch regierungsfähig?

Die SP wollte vor den Wahlen nicht mit den Linken zusammenspannen und die FDP nur mit den Schwarzen. Nun zeigt sich, ob die neue Pattsituation nur mit einem Wortbruch überwunden werden kann.

Ich zitiere n-tv:

Hessische Farbenspiele

Wer regiert?

Nach den Landtagswahlen in Hessen zeichnet sich eine komplizierte Regierungsbildung ab.

In Hessen liegt die CDU von Regierungschef Roland Koch laut vorläufigem amtlichen Endergebnis trotz dramatischer Verluste mit 36,8 Prozent hauchdünn vor der SPD mit 36,7 Prozent. Beide Parteien haben 42 Sitze im Parlament. Die Union bekam lediglich 3.595 Stimmen mehr als die Sozialdemokraten, die in einem Wahlkrimi über Stunden in den Hochrechnungen prozentual knapp geführt hatten.

Wer hat das Mandat?

Nach Ansicht ihres Generalsekretärs Ronald Pofalla hat die CDU trotz der schweren Verluste in Hessen das Mandat, eine neue Regierung zu bilden. "Roland Koch hat den Regierungsauftrag, er bleibt der Kandidat und wird Gespräche führen", sagte Pofalla im ZDF. Es sei Teil der politischen Kultur, dass die stärkste Partei dazu vom Wähler beauftragt sei. Zwar erreiche ein Bündnis aus CDU und FDP keine absolute Mehrheit der Sitze im neuen Landtag, liege aber trotzdem vor Rot-Grün. "Frau Ypsilanti hat keine Mehrheit", betonte Pofalla.

Das sieht die SPD allerdings erwartungsgemäß anders. Die stellvertretende SPD-Chefin Andrea Nahles und Generalsekretär Hubertus Heil bestanden auf der Ablösung von Koch (CDU). Eine Zusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten und Linkspartei schlossen sie nochmals aus. "Der Ball liegt nicht mehr bei der CDU, sondern bei SPD, Grünen und auch FDP", sagte Heil im ZDF. "Koch ist weg, das ist keine Frage mehr." Es gebe in der Bevölkerung die Forderung nach Ablösung des Regierungschefs und eine Stimmung für eine sozialere, liberalere und ökologischere Politik. "Dafür sehe ich Mehrheiten." Mit der Linkspartei werde es weder eine Koalition noch eine Tolerierung geben. Die Führung der Sozialdemokraten favorisiert offenbar eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen.

In Berlin, Wiesbaden und Hannover werden die Parteigremien heute die Wahlergebnisse diskutieren. Koch und Wulff wollen in die Berliner CDU-Zentrale kommen. Bei der SPD trifft sich das Präsidium in Berlin mit den Spitzenkandidaten Ypsilanti (Hessen) und Wolfgang Jüttner (Niedersachsen). Auch ein schwarz-gelbes Bündnis kann nicht allein regieren. Grund ist der Einzug der Linken ins Parlament.

Möglich wären eine große Koalition, eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP sowie rechnerisch eine "Jamaika"-Regierung aus CDU, FDP und Grünen. Die SPD schloss nach großen Gewinnen ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis und jede Zusammenarbeit mit den Linken aus, die auch eine rot-grüne Minderheitsregierung tolerieren könnten.

Die Linke erklärte ihre Bereitschaft, SPD-Spitzenkandidatin Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen. Ypsilanti warb für ein rot-gelb-grünes Bündnis, obwohl die Freidemokraten eine Ampel bisher abgelehnt hatten. Eine große Koalition lehnte Ypsilanti ab.

Die Linke schaffte in Wiesbaden und Hannover erstmals den Einzug in Parlamente westdeutscher Flächenländer. In Wiesbaden gab es für sie eine stundenlange Zitterpartie.

Koch sieht eine "Diffamierungskampagne" gegen seine Person als einen der Hauptgründe für das schlechte CDU-Abschneiden, für das er eine Mitverantwortung übernahm. Das Ergebnis sei für seine Partei und ihn persönlich "nicht einfach"

Ergebnisse In Hessen stürzte die CDU nach dem vorläufigen Endergebnis auf 36,8 Prozent (2003: 48,8), die SPD legte auf 36,7 Prozent (29,1) zu. Die Grünen kamen mit 7,5 Prozent (10,1) auf ein einstelliges Ergebnis, die FDP erreichte 9,4 Prozent (7,9). Die Linke erzielte 5,1 Prozent. CDU und SPD kamen auf jeweils 42 Sitze, die Grünen auf 9, die FDP auf 11 Mandate und die Linke auf 6.

In Hessen betrug die Wahlbeteiligung 64,3 nach 64,6 Prozent 2003. In Niedersachsen gab es eine Beteiligung von nur 57 nach 67 Prozent vor fünf Jahren.

Ende Zitat

Kommentar: Ich vermute, dass beide Seiten alles tun werden, um regieren zu können. Auch mit einem Spagat. Falls es zum Wortbruch kommt und die alten Versprechen nicht mehr eingehalten werden, interessiert uns die Rhetorik (die Argumentation), wie dieser Wortbruch gerechtfertigt wird.

Aus BILD-online:

Welche Möglichkeiten hat Frau Triumphanti jetzt in Hessen?

Rot-Rot-Grün: Andrea Ypsilanti würde mit Hilfe der Linkspartei Ministerpräsidentin werden.

Eine solche Regierungskoalition hatte die SPD-Spitzenkandidatin allerdings im Vorfeld abgelehnt.

Eine Ampel-Koalition mit der FDP und den Grünen. Diese Möglichkeit ließ die SPD-Spitzenkandidatin noch offen – die FDP lehnte bereits ab. Am späten Abend machte Frau Ypsilanti einen ersten Schritt Richtung Liberale. Zu der Frage, ob sie der FDP ein Koalitionsangebot machen werde, sagte sie: „Ich habe immer gesagt, dass das Land nach dem 27. Januar regiert werden muss.“ Nun werde sich zeigen, „wer wann welche staatspolitische Verantwortung übernimmt.“

• Eine Große Koalition erklärten Ypsilanti und Koch trotz der schwierigen Machtverhältnisse in Hessen für kaum möglich.

„Da würden sich beide (Parteien) enorm verbiegen, um auf einen gemeinsamen Nenner zukommen“, sagte die SPD-Spitzenkandidatin.

Koch könnte zwar mit den Gelben und Grünen zusammen eine Regierung bilden. Doch:

Kaum vorstellbar. Würden die Grünen mitmachen?

Das lesen wir in Spiegel online:

Ein kniffliger Koalitionspoker beginnt:

  • In der SPD heißt es, man strebe jetzt eine Ampelkoalition mit Grünen und FDP an. Diese wird bisher von der FDP ausgeschlossen. Doch zu welchem Preis würde sie diese Haltung aufgeben? Ypsilanti sagte noch am Wahlabend, die FDP brauche jetzt Zeit, und die bekomme sie. Denn die konstituierende Sitzung des Landtags stehe erst für den 5. April an. Das weist darauf hin, dass sich die SPD auf einen langen, langen Poker einstellt.
  • Im Umfeld von Ypsilanti wird betont, eine rot-rot-grüne Koalition werde die SPD unter keinen Umständen eingehen - ebenso wenig eine rot-grüne Minderheitsregierung, die von den Linken toleriert wird. Wie vor der Wahl versprochen, soll die Linkspartei nicht das Zünglein an der Waage spielen dürfen.
  • Dann zur Not lieber noch eine Große Koalition mit einem CDU-Ministerpräsidenten und einem SPD-Vize - allerdings unter einer wichtigen Bedingung: In einem solchen Bündnis dürfte aus Sicht der SPD Koch wohl keinesfalls mehr eine Rolle spielen. Der Amtsinhaber ist schon deshalb in Hessen politisch am Ende. Denn die CDU kann überhaupt nur durch eine Große Koalition an der Macht bleiben. Andere Optionen hat sie nicht.

Eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen gilt als unvorstellbar - die Grünen pflegen eine tiefe Feindschaft mit Kochs Partei. Ihr Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir wollte dem Ministerpräsidenten bei der Fernsehdebatte nicht einmal die Hand geben.

"Die Zeit ist reif, der Löwe ist erwacht"

Klar ist: Ypsilanti wird alles daran setzen, die SPD an die Macht zu bringen. Das hat sie an diesem Abend klargemacht.

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Foto: AP

YPSILANTIS TRIUMPH: DAS LÄCHELN EINER SIEGERIN

Ypsilanti hingegen spielte bei ihrem frühen Auftritt nicht nur strahlende Wahlsiegerin in Hessen, sondern gleich die Retterin der ganzen Partei. Mit beiden Händen stützte sie sich auf das Rednerpult, beugte sich runter zum Mikro und rief: "Wir sagen heute Abend: Die Sozialdemokratie ist wieder da!"

Schon dieser erste, wohlgewählte Satz zeigte, dass sie sich der Signalwirkung ihres Sieges bewusst war. Sie habe in Hessen gezeigt, dass man mit dem Slogan "Gerechtigkeit für alle" Wahlen gewinnen könne, sagte Ypsilanti. "Das gilt auch für die Bundesebene, meine Damen und Herren."

FORUM

Wie die Zukunft aussieht, blieb an diesem Abend offen. Es ist denkbar, dass er sich für die anstehenden Koalitionsverhandlungen noch einmal zusammenreißt und maximale Forderungen aufstellt. So hatte Gerhard Schröder es 2005 gemacht.

Am Ende war Schröder Geschichte.

Koch könnte versuchen, Bundesminister zu werden. Oder auf einer anderen Ebene ein neues Amt zu finden. Doch seiner niedergeschlagenen Hessen-CDU hilft das nicht. Die Stimmung im Saal der Christdemokraten hellte sich in dieser Nacht nicht mehr auf. Auch nicht nach Bekanntgabe jenes Endergebnisses, in dem die CDU plötzlich auf Platz eins lag.

Laut CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla liegen CDU und FDP deutlich vor Rot-Grün. Ypsilanti könne nur Ministerpräsidentin werden, wenn sie einen „Wortbruch“ begehe und mit der Partei Die Linke zusammenarbeiten würde.

Spiegel:

In Hessen hängt viel an 3595 Stimmen. Trotz der herben Verluste ist die Position der Union durch diesen minimalen Vorsprung günstiger, als es am Wahlabend zunächst aussah. Kommt am Ende in Wiesbaden doch die Große Koalition - ohne Koch?

Tagesanzeiger- online:

Alles möglich, auch Neuwahlen

Ampel-, Jamaika- oder Grosse Koalition? Nach der Landtagswahl im deutschen Bundesland Hessen zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab.