Montag, 7. Mai 2012

Alle warten auf das Resultat in Frankreich.


Dass Sarkozy die Sensation  schafft und doch noch aufholen wird,  glaubt niemand.


Aus Spiegel:

Präsidentschaftswahl in Frankreich: Kämpfen bis zum bitteren Ende
Fotos

Bald schließen die Wahllokale, François Hollande und Nicolas Sarkozy haben ihre Stimmen abgegeben. Bis zuletzt schenkten sich die beiden Kandidaten nichts, es wurde beleidigt, bepöbelt, diskreditiert. Der Wahlkampf ist ab morgen Geschichte, die Probleme Frankreichs werden bleiben. 



Kommentar: Man muss kein Kaffeesatzleser sein. Mit grösster Wahrscheinlichkeit wird er siegen.


Nachtrag: Und er siegte!!!!!!!!!!



Die besten Karikaturen aus Zeitungen in aller Welt.
Daryl Cagle, MSNBC.com
Bild: Cagle.com


Kommentar:



Jetzt muss Hollande zeigen und beweisen, was er wirklich kann!



Mit folgenden Versprechen gewann Hollande die Wahl. An diesen Versprechen wird er gemessen werden:




1. "Meine Minister dürfen nicht mehr gleichzeitig Bürgermeister sein."




2. "Ich fordere eine Politik des Wachstums."




3. "Ich führe das Proporzsystem bei Parlamentswahlen ein."




4. "Ich möchte Präsident der EINHEIT sein."




5. "Für Einkünfte über eine Million Franken gilt ein Steuersatz von 75%."




6. "Ich werde eine normaler Präsident."




7. "Ich werde nicht als Mehrheitschef auftreten."




Nun folgt die Nagelprobe.


Tagi fand fünf Baustellen:


1. Wachstumsprogramm für Europa
Bis Ende Juni will Hollande seine europapolitischen Pflöcke einrammen. Hollande forderte im Wahlkampf wiederholt ein Ende der europäischen Austeritätspolitik. Noch diese Woche möchte er sein «Memorandum» mit der Forderung nach einem Wachstumsprogramm als Ergänzung zum Fiskalpaket in der EU an die anderen Staats- und Regierungschefs verschicken. Seine erste Auslandsreise wird den neuen französischen Präsidenten nach Berlin führen, wo er mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel über einen Wachstumspakt verhandeln will. Damit führt Hollande eine Tradition fort, die den besonderen Stellenwert der deutsch-französischen Beziehungen unterstreicht. Das Ziel ist ein Beschluss am EU-Gipfel vom 28./29. Juni. Nach dem Wahlsieg Hollandes gibt es aus Deutschland Anzeichen der Annäherung. Zuerst sprach Merkel von der Notwendigkeit einer «Wachstumsagenda», dann sicherte Aussenminister Guido Westerwelle Unterstützung für einen «Wachstumspakt» zu.
2. «Re-Industrialisierung» Frankreichs und mehr Jobs
Ein Thema, das Hollande auf seine Agenda gesetzt hat, ist die «Re-Industrialisierung» Frankreichs. Unbestritten ist, dass Frankreich im Industriesektor – etwa im Vergleich mit Deutschland – deutlich an Boden verloren hat. Die Arbeitslosigkeit liegt bei zehn Prozent, und es gibt eine ganze Generation von Einwandererkindern mit wenig Chancen, eine Arbeitsstelle zu finden. Diese Probleme will Hollande mit mehreren Massnahmen angehen. Ab August bis Juni 2013 sollen eine öffentliche Investitionsbank für kleine und mittlere Firmen sowie ein «Generationenvertrag» für Jobs und 150'000 «Zukunftsstellen» vor allem für Jugendliche geschaffen werden. Zudem sollen im Juni die ersten der versprochenen 60'000 Stellen im Bildungsbereich besetzt werden. Im Weiteren verspricht Hollande steuerliche Entlastungen, die kleine und mittlere Unternehmen sowie Investitionen begünstigen sollen. Frankreich braucht mehr Jobs.
3. Ausgeglichener Haushalt bis 2017
Frankreich ist nicht nur wegen der hohen Arbeitslosigkeit und der langjährigen Stagnation ein wirtschaftlich krankes Land. Dazu kommt eine Staatsschuld, die 90 Prozent des Bruttoinlandprodukts beträgt. Der Haushalt ist seit Jahrzehnten nicht mehr ausgeglichen. Die Staatsverschuldung führte dazu, dass die Ratingagentur Standard & Poor's dem Land die Top-Bonitätsnote AAA entzog. Im Sommer will Hollande mit dem Parlament die mittelfristige Finanzplanung festlegen, die bis 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorsieht. Eine Schuldenbremse in der Verfassung lehnt Hollande jedoch ab. Direkt nach der Wahl soll als erste Massnahme wie versprochen das Gehalt des Staatschefs und der Regierungsmitglieder um 30 Prozent reduziert werden. Damit will Hollande nicht nur ein Zeichen für den Sparwillen der neuen Regierung setzen, sondern sich von Sarkozy absetzen, der zuletzt auch wegen seiner milliardenschweren Freunde und seines neureichen Lebensstils unbeliebt war.
Hollande plant auch eine Steuer- und eine Bankreform. In der Steuerpolitik stehen eine ganze Reihe gewichtiger Änderungen bevor: So soll eine Reichensteuer in Höhe von 75 Prozent für Einkommen über einer Million Euro eingeführt und die unter Nicolas Sarkozy beschlossene Mehrwertsteuer-Erhöhung rückgängig gemacht werden. Nicht zuletzt sollen Steuerschlupflöcher geschlossen und Massnahmen gegen Steuerparadiese ergriffen werden. Die Finanzmärkte, die Hollande im Wahlkampf zu seinem «Gegner» erklärt hatte, müssen mit dem Verbot hochspekulativer Produkte rechnen. Bei den Banken sollen der Geschäfts- und Investmentbereich getrennt werden.
4. Mehr Kaufkraft für die Franzosen
Wie im Wahlkampf versprochen, will Hollande Entscheide fällen, die den Menschen möglichst rasch zugutekommen. Der sozialistische Präsident möchte schon in den nächsten Wochen die Kaufkraft der Franzosen stärken. So soll der Benzinpreis für drei Monate eingefroren werden, in dieser Zeit wird der Staat seine Energiesteuer der Höhe des Ölpreises anpassen und damit künstlich stabil halten. Ausserdem sollen die Bedingungen für staatlich unterstützte Sparmodelle deutlich verbessert und die Schulstarthilfe für Familien um 25 Prozent erhöht werden. Ausserdem will Hollande die Rentenreform seines Vorgängers korrigieren: Wer 41 Jahre einbezahlt hat, soll wieder ab 60 ohne Abschläge in Rente gehen können.
5. Neues Selbstbewusstsein für Frankreich
Eine grosse Herausforderung für Hollande ist, der Präsident aller Franzosen zu sein. Der neue Präsident trifft ein Land vor, das verunsichert und gespalten ist. Ein Land, in dem die Zahl der Enttäuschten und Frustrierten gewachsen ist. Der erste Wahlgang am 22. April zeigte, dass fast 20 Prozent der Wählenden für den Front National stimmten. Und am linken Rand versammelten sich um Jean-Luc Melanchon rund zehn Prozent der Franzosen. Abgesehen davon ist die mangelnde Integration von Einwanderern aus dem Maghreb und anderen afrikanischen Ländern ein Dauerproblem.
«Die erste Pflicht eines Präsidenten ist, seine Bürger zu einen», sagte Hollande in seiner Ansprache auf dem «Place de la Bastille» in Paris, wo die Sozialisten den Wahlsieg feierten. Seine ausgleichende Art ist sicher von Vorteil für Hollande, der auf einen Erfolg seiner Partei bei den Parlamentswahlen im Juni hoffen muss. Falls die Sozialisten nicht gewinnen, droht eine «Cohabitation» mit einer konservativen Regierung. Und dies könnte die Reformpläne von Hollande durcheinanderbringen. Im Moment sehen verschiedene Umfragen zu den Juni-Wahlen die Sozialisten knapp vor der Sarkozy-Partei UMP.


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