Super Gau für die Swisscom
«Ein Fehler, der nicht passieren darf»:
Swisscom-Chef Urs Schaeppi denkt nach dem jüngsten Ereignis der Pannenserie über personelle Konsequenzen nach.
Unvorstellbar, wenn der Ausfall der Notrufnummern drei Tage vorher erfolgt wäre, als der Sturm "Sabine" über die Schweiz fegte, Bäume wurden entwurzelt, zerstörten Felder und Gebäude brannten. Es gab Verletzte und einen Toten. Hunderte von Meldungen gingen bei der Notrufzentrale ein. Wenn der Supergau bei der Swisscom etwas früher die Leitungen lahm gelegt hätte und Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienste nicht erreichbar gewesen wäre, würde die Swisscom nicht go gut wegkomen. Der Kelch ist an der Swisscom vorbei gegangen.
Nichts
ging mehr bei Swisscom: Der Telekomriese hatte am 11. Februar 2020 mit
einer technischen Panne zu kämpfen.Nach der zweiten Panne innerhalb
eines Monats hat das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) nun «eine
vertiefte Abklärung der Ursachen» angekündigt.
Auch die Website des Unternehmens war down.
Auf
seiner Website gab das Bundesamt für Bevölkerungsschutz bekannt, dass
die Notrufnummern in mehreren Kantonen nicht mehr funktionieren. Auf
Twitter wurden daraufhin Handynummern veröffentlicht, die im Notfall
angerufen hätten werden können.
Die Website Allestoerungen.ch bestätigte ebenfalls den Vorfall. Nach etwa anderthalb Stunden beruhigte sich die Situation.
Wegen
der Panne wurden alle Zürcher Feuerwehren aufgefordert, ihre Depots
personell zu besetzen – wie hier bei der Stützpunktfeuerwehr Bülach.
Die
Swisscom entschuldigte sich auf ihrer Website für den Vorfall. Zuvor
schrieb das Unternehmen, dass Wartungsarbeiten Grund für den Ausfall
gewesen seien.
Das Swisscom-Netz versagte in diesem
Jahr bereits zweimal, zuletzt am vergangenen Mittwoch, als in weiten
Teilen der Schweiz die Notrufe ausgefallen sind. Die Panne dauerte von
22.33 Uhr am Dienstagabend bis 00.10 Uhr am Mittwoch. Polizei und
Sanität waren zum Teil nur noch via Mobilkommunikation erreichbar.
Doch
auch 2019 hatte die Swisscom mit Pannen zu kämpfen, so verschickte sie
im März E-Mails an die falschen Empfänger, im Juni löschte sie Fotos,
Videos und andere Daten von hunderten von MyCloud-Nutzern.
«Die Swisscom ist sehr pannenanfällig»
Das Unternehmen rühmt sein Netz derweil als das «beste der Schweiz». Wie Ralf Beyeler, Telekom-Experte beim Onlinevergleichsdienst Moneyland, gegenüber dem «Sonntagsblick» sagt, sei damit «über die Netzsicherheit und die Verbindung leider nichts gesagt.» Die Swisscom habe in letzter Zeit bewiesen, dass sie sehr pannenanfällig sei und dem eigenen Slogan kaum noch nachkomme.
Beyeler ist überzeugt, dass es nicht an den Technikern liegt – diese seien bestens ausgebildet. Gegenüber der «SonntagsZeitung» sagt er: «Die Swisscom hat ihre Technologie nicht im Griff.» Dies führt Beyeler auf ein «kulturelles Problem» zurück. «Das Management bremst bei den Investitionen in die Infrastruktur. Sie wird aus Kostengründen zu wenig gut gewartet.» Laut Beyeler bestehe der Unterschied zu den anderen grossen Anbietern UPC, Sunrise und Salt darin, dass diese Vorkehrungen im Fall von Störungen getroffen haben.
Vorstösse geplant
Laut dem «Sonntagsblick» würden nun die Fernmeldekommissionen von National- und Ständerat aktiv. So soll SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger am Montag einen Vorstoss einreichen, um Antworten auf Fragen zu erhalten wie: «Wie können weitere Pannen verhindert werden? Welche Risiken für Blaulichtorganisationen, Banken und Bevölkerung entstehen durch die Pannenserie von Swisscom?» Und SP-Nationalrat Matthias Aebischer will wissen: «Wie ist es möglich, dass aufgrund menschlichen Fehlverhaltens sämtliche Notruf-Back-ups ausser Kraft gesetzt werden?» Auch soll das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) die Vorfälle untersuchen.
Personelle Konsequenzen?
Swisscom-Chef
Urs Schaeppi schliesst personelle Konsequenzen nach der Panne von
vergangener Woche nicht aus. Es sei inakzeptabel, dass Notrufnummern
ausfallen, sagte er im Interview der «SonntagsZeitung». Mit den
Notfalldiensten sollen Möglichkeiten für zusätzliche «Rettungsschirme»
geprüft werden.
Über allfällige personelle Konsequenzen werde entschieden, wenn die Detailanalyse zu den Ereignissen vorliege, sagte Schaeppi. Er selber habe nicht an Rücktritt gedacht. Aber es sei ihm bewusst, dass er als Firmenchef letztlich die Verantwortung dafür trage. «Meine Aufgabe ist es, die richtigen Lehren aus den Vorfällen zu ziehen und die nötigen Massnahmen umzusetzen», sagte er weiter.
Er könne sich für die Vorfälle nur entschuldigen. Er verstehe auch die Kritik an der Swisscom. «Wir messen die Zuverlässigkeit unserer Netze laufend und verbessern sie», sagte Schaeppi weiter. In den vergangenen drei Jahren seien beispielsweise die Ausfallminuten bei Privatkunden um gegen 40 Prozent gesunken. Die Systeme sind insgesamt stabiler geworden.«
Die Risikostufe wurde falsch eingeschätzt
Schaeppi wies darauf hin, dass es eine Ausfallabsicherung bei den Notfallnummern gebe. Zusätzlich existiere eine zweite Rückfallebene, die in einigen Kantonen den Ausfall verhindert habe. Insgesamt werde aber noch mehr Sicherheit benötigt. »Wir werden uns deshalb mit den Notfalldiensten zusammensetzen und prüfen, wie wir gemeinsam weitere Rettungsschirme einbauen können«, sagte der Swisscom-Chef weiter.
Die Panne von vergangener Woche bezeichnete er als «eine Verkettung unglücklicher Umstände.» Wir wissen nun dass die Risikostufe bei einer Änderung am Netz von mehreren Spezialisten falsch eingeschätzt wurde. Das ist ein Fehler, der nicht passieren darf», sagte der Swisscom-Chef weiter.
Die Risikoeinschätzung der Änderung, welche die jüngste Störung ausgelöst habe, sei nun per sofort um zwei Stufen erhöht worden. Ausserdem habe er verfügt, dass die Spezialisten die Risikostufen sämtlicher Änderungen überprüften und wenn nötig neu beurteilten. Zudem laufe ein externer Audit zu den Notfalldiensten. «Und seit längerem läuft ein Programm, um die Verfügbarkeit und Betriebsstabilität unserer Netze weiter zu erhöhen», sagte Schaeppi weiter.
Er habe die Situation mit den Verantwortlichen genau geprüft: Es seien falsche Einschätzungen vorgelegen, welche diese fatalen Konsequenzen gehabt hätten. «Ich wehre mich gegen den unterschwelligen Vorwurf, dass wir zu wenig für den Netzunterhalt tun», sagte Schaeppi. In der Schweiz würden jährlich etwa 1,6 Milliarden Franken in die Infrastruktur investiert. Davon flössen etwas mehr als 500 Millionen Franken in die Wartung und in den Unterhalt.
«Die Swisscom ist sehr pannenanfällig»
Das Unternehmen rühmt sein Netz derweil als das «beste der Schweiz». Wie Ralf Beyeler, Telekom-Experte beim Onlinevergleichsdienst Moneyland, gegenüber dem «Sonntagsblick» sagt, sei damit «über die Netzsicherheit und die Verbindung leider nichts gesagt.» Die Swisscom habe in letzter Zeit bewiesen, dass sie sehr pannenanfällig sei und dem eigenen Slogan kaum noch nachkomme.
Beyeler ist überzeugt, dass es nicht an den Technikern liegt – diese seien bestens ausgebildet. Gegenüber der «SonntagsZeitung» sagt er: «Die Swisscom hat ihre Technologie nicht im Griff.» Dies führt Beyeler auf ein «kulturelles Problem» zurück. «Das Management bremst bei den Investitionen in die Infrastruktur. Sie wird aus Kostengründen zu wenig gut gewartet.» Laut Beyeler bestehe der Unterschied zu den anderen grossen Anbietern UPC, Sunrise und Salt darin, dass diese Vorkehrungen im Fall von Störungen getroffen haben.
Vorstösse geplant
Laut dem «Sonntagsblick» würden nun die Fernmeldekommissionen von National- und Ständerat aktiv. So soll SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger am Montag einen Vorstoss einreichen, um Antworten auf Fragen zu erhalten wie: «Wie können weitere Pannen verhindert werden? Welche Risiken für Blaulichtorganisationen, Banken und Bevölkerung entstehen durch die Pannenserie von Swisscom?» Und SP-Nationalrat Matthias Aebischer will wissen: «Wie ist es möglich, dass aufgrund menschlichen Fehlverhaltens sämtliche Notruf-Back-ups ausser Kraft gesetzt werden?» Auch soll das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) die Vorfälle untersuchen.
Personelle Konsequenzen?
Über allfällige personelle Konsequenzen werde entschieden, wenn die Detailanalyse zu den Ereignissen vorliege, sagte Schaeppi. Er selber habe nicht an Rücktritt gedacht. Aber es sei ihm bewusst, dass er als Firmenchef letztlich die Verantwortung dafür trage. «Meine Aufgabe ist es, die richtigen Lehren aus den Vorfällen zu ziehen und die nötigen Massnahmen umzusetzen», sagte er weiter.
Er könne sich für die Vorfälle nur entschuldigen. Er verstehe auch die Kritik an der Swisscom. «Wir messen die Zuverlässigkeit unserer Netze laufend und verbessern sie», sagte Schaeppi weiter. In den vergangenen drei Jahren seien beispielsweise die Ausfallminuten bei Privatkunden um gegen 40 Prozent gesunken. Die Systeme sind insgesamt stabiler geworden.«
Die Risikostufe wurde falsch eingeschätzt
Schaeppi wies darauf hin, dass es eine Ausfallabsicherung bei den Notfallnummern gebe. Zusätzlich existiere eine zweite Rückfallebene, die in einigen Kantonen den Ausfall verhindert habe. Insgesamt werde aber noch mehr Sicherheit benötigt. »Wir werden uns deshalb mit den Notfalldiensten zusammensetzen und prüfen, wie wir gemeinsam weitere Rettungsschirme einbauen können«, sagte der Swisscom-Chef weiter.
Die Panne von vergangener Woche bezeichnete er als «eine Verkettung unglücklicher Umstände.» Wir wissen nun dass die Risikostufe bei einer Änderung am Netz von mehreren Spezialisten falsch eingeschätzt wurde. Das ist ein Fehler, der nicht passieren darf», sagte der Swisscom-Chef weiter.
Die Risikoeinschätzung der Änderung, welche die jüngste Störung ausgelöst habe, sei nun per sofort um zwei Stufen erhöht worden. Ausserdem habe er verfügt, dass die Spezialisten die Risikostufen sämtlicher Änderungen überprüften und wenn nötig neu beurteilten. Zudem laufe ein externer Audit zu den Notfalldiensten. «Und seit längerem läuft ein Programm, um die Verfügbarkeit und Betriebsstabilität unserer Netze weiter zu erhöhen», sagte Schaeppi weiter.
Er habe die Situation mit den Verantwortlichen genau geprüft: Es seien falsche Einschätzungen vorgelegen, welche diese fatalen Konsequenzen gehabt hätten. «Ich wehre mich gegen den unterschwelligen Vorwurf, dass wir zu wenig für den Netzunterhalt tun», sagte Schaeppi. In der Schweiz würden jährlich etwa 1,6 Milliarden Franken in die Infrastruktur investiert. Davon flössen etwas mehr als 500 Millionen Franken in die Wartung und in den Unterhalt.
(rab/sda)
Kommentar:
Und einmal mehr die übliche CEO-Rechfertigung: Ich selber habe
nicht an Rücktritt gedacht. Aber es mir bewusst, dass ich als
Firmenchef letztlich die Verantwortung dafür trage. Wie kann diese Aussage mit den Boni vereinbart werden? Weshalb müssen andere gehen und der Verantwortliche darf bleiben? So kann das Vertrauen bei der Swisscom nicht wieder hergestellt werden.
Peinlich für die Swisscom. Wenn ein Grossteil der Schweiz keine Internetverbindung mehr hat, wenn die Swisscom Kunden über Stunden keine Möglichkeit haben im Notfall die Feuerwehr die Polizei oder einen Krankenwagen anzufordern, müssten bei der grossen Swisscom die Alarmglocken läuten. So etwas dürfte gar nicht geschehen. Bei der ersten Panne entschuldigte sich die Swisscom. Das gravierende Vorkommnis hatte aber keine Folgen. Unglaublich, aber wahr: Nach wenigen Wochen erfolgte noch einmal so ein grossflächiger Ausfall. Dies ist ein enormer Reputationsschaden, der nicht hingenommen werden dürfte. Die Begründung- „Wenn solche Pannen nicht mehr geschehen dürften, bräuchte es mehr Geld“ genügt nicht. Der Vorschlag, die Boni der Führungsspitze längerfristig zu kürzen, scheint mir gar nicht so abwegig. Jedenfalls darf jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden. Handlungsbedarf ist gefragt. Nur schon ein gravierender Ausfall ist eine Panne zu viel. Doch bei der Swisscom kam es sogar zu einer zweiten unverzeihlichen Panne, die katastrophale Folgen hätte haben können. Aller schlechten Dinge sind drei. Es folgte in kurzer Folge auch noch eine dritte Panne. Die flächendeckenden Ausfälle bei Notrufen haben jetzt immerhin ein politisches Nachspiel. Schäppi muss nun im Parlament antraben.
Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass die Grundversorgung der Schweiz nicht gesichert ist. Die Pannen sind keine Bagatellen. Entschuldigungen genügen nicht. Ich möchte jedenfalls nicht in der Haut Schäppis stecken. Wir dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen. Massnahmen sind gefragt, dass so etwas nie mehr vorkommen kann. Der nächste Sturm kommt bestimmt.