Montag, 25. April 2016
Weshalb so viele Sekschüler am Gymi scheitern
Sek und Gymi - Zwei unterschiedliche Schulwelten.
Viele Sekschüler haben am Gymi Schwierigkeiten. Jeder Fünfte scheitert während der Probezeit.
Soll nun das Niveau am Gymi angepasst werden indem man weniger verlangt oder müsste nicht die Sekundarschulstufe über die Bücher?
Den Sekundarlehrern darf der schwarze Peter nicht in die Schuhe geschoben werden.
Die Diskrepanz ist verständlich, weil die Sekundarschule zusätzliche Probleme schultern muss (integrativer Unterricht), indem beispielsweise im Französischunterricht die Grammatik eine untergeordnete Rolle spielt und Lernziele zu wenig eingefordert werden müssen.
Wenn Schülerinnen und Schülern auf der Sekundarschulstufe Noten geschönt und hinsichtlich Leistung geschont werden, ist der Konflikt vorprogrammiert,
An der diesjährigen Gymiprüfung entzündete sich ein Konflikt, der schon lange schwelt: Sek und Gymi stimmen ihre Lehrpläne nicht aufeinander ab.
Aus Tagi-online
Dieses Jahr stand die Aufnahmeprüfung ans Kurzgymnasium nach der
zweiten oder dritten Sek unter einem besonderen Fokus: Zum ersten Mal
konnten sich die Sekschülerinnen und Sekschüler nicht mehr auf ihre
Vornoten verlassen. Allein das Resultat der Aufnahmeprüfung bestimmte,
wer auf den Sommer hin ans Gymi wechseln darf. Und ausgerechnet dieses
Jahr geriet die Deutschprüfung so schwer, dass die Notenskala deutlich
nach unten korrigiert werden musste.
An sich ist das kein ungewöhnlicher Vorgang, sondern einer, der den meisten Lehrpersonen bekannt sein dürfte. Nicht immer ist es im Voraus abschätzbar, ob Kinder eine Aufgabe lösen können. Auch bei den Gymiprüfungen muss die Skala in einzelnen Fächern immer mal wieder angepasst werden. Letztes Jahr etwa enthielt die Mathematikprüfung für die Sechstklässler eine Aufgabe, welche überdurchschnittlich viele Kinder nicht lösen konnten.
Die Krux mit der Mengenlehre
Trotzdem hat die diesjährige Prüfung unter Seklehrpersonen für Diskussionen und Unmut gesorgt. Denn aus Sicht vieler Lehrerinnen und Lehrer ist die Prüfung ein Symptom für ein tiefer liegendes Problem. «Der Übertritt ins Gymi ist unbefriedigend», sagt der Präsident des Seklehrerverbands SekZH, Kaspar Vogel. «Die Stoffpläne von Sek und Gymi korrespondieren nicht miteinander. Der Dialog zwischen den Schulstufen klappt schlecht.» Diesen Eindruck hat auch Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands ZLV: «Die Mittelschulen klagen, die Sekschüler hätten nicht mehr die Kompetenzen, die sie fürs Gymi brauchten – aber sie kümmern sich nicht darum, was und wie wir an der Sek unterrichten.»
Das zeige sich nicht nur an der Aufnahmeprüfung, sondern vor allem in der Probezeit, sagen Lätzsch und Vogel. Etliche Jugendliche, die von der Sek ins Gymi wechseln, kommen dort schwer ins Schwimmen, weil sie im Gymi mit Stoff konfrontiert sind, von dem sie in den ersten zwei Sekjahren nie gehört haben – Stoff, den die Gymilehrer aber als bekannt voraussetzen, weil er im ersten und zweiten Jahr des Langgymnasiums behandelt wird.
Brennpunkt ist vor allem die Mathematik. So gehört Mengenlehre im Langgymnasium zum Schulstoff, in der Sek nicht. Immer wieder scheitern Schülerinnen und Schüler in der Probezeit an der Mathe, obwohl sie eigentlich das Potenzial fürs Gymi hätten. «Das macht auch uns Sorgen», sagt Rolf Bosshard, der Präsident des Mittelschullehrerverbands. Für ihn ist klar, dass Handlungsbedarf besteht.
Den Dialog pflegen
Dieser Ansicht sind auch die Rektoren der Mittelschulen. Cornel Jacquemart, Rektor der Kantonsschule Büelrain in Winterthur und Präsident der Schulleiterkonferenz der Zürcher Kantonsschulen, findet das Thema extrem wichtig: «Wir müssen den Dialog pflegen.» Letztes Jahr versuchte die Kantonsschule Zürich Nord, das Problem mit freiwilligen Kursen noch vor Gymibeginn zu lösen – und handelte sich Ärger von allen Seiten ein. Cornel Jacquemart etwa sagt: «Wir sollten nicht zu Einzelübungen greifen, sondern das Problem systematisch angehen.»
Wohin die Reise geht, ist offen. Das sagt Christoph Wittmer, Rektor der Kantonsschule Enge und Delegierter der Mittelschulen im VSGYM: «Im Moment diskutieren wir die Organisation und die Aufgaben des Projektes, das die Koordination sicherstellen soll. Im Sommer werden wir sagen können, wie wir den Dialog aufgleisen wollen.»
Gemeinsamer Lehrplan?
Einfach dürfte es nicht sein, eine Lösung zu finden. Klar ist eines: Den Sekundarschulen sind die Hände punkto Schulstoff mehr gebunden als den Gymnasien. Denn der Lehrplan der Sekundarschulen ist vom Kanton vorgegeben, und auch die Lehrmittel dürfen nicht frei gewählt werden. Die Gymnasien hingegen haben von jeher Lehrmittelfreiheit; die Stoffpläne arbeiten die Fachschaften selbst aus. Sie müssen aber die übergeordneten Vorgaben erfüllen, die im Maturitätsanerkennungsreglement festgehalten sind.
Auf den ersten Blick wäre es am einfachsten, die Gymis würden sich an den Lehrplan der Sek anpassen. Das wäre im Sinn der Sekundarschulen, und auch Rektorenpräsident Jacquemart glaubt: «Die Bereitschaft, mindestens den Schulstoff im ersten Semester des Gymnasiums vermehrt mit der Sek zu koordinieren, ist da.» Doch es gibt aus Sicht der Gymilehrer Grenzen. Denn die Kantonsschulen müssen ihrerseits den Anschluss an die Universitäten sicherstellen. Und an der Lehrmittelfreiheit wollen viele Gymilehrer festhalten. Enge-Rektor Christoph Wittmer ist überzeugt: «Die Lehrmittelfreiheit auf gymnasialer Stufe ist ein zentraler Motor eines guten Unterrichts.» Dieser Meinung ist auch Rolf Bosshard: «Entscheidender als ein einheitliches Lehrmittel und ein gemeinsamer Lehrplan ist, dass wir wissen, wie die Alltagspraxis in der Sek aussieht.» (Tages-Anzeiger)
(Erstellt: 08.04.2015, 23:21 Uhr)
An sich ist das kein ungewöhnlicher Vorgang, sondern einer, der den meisten Lehrpersonen bekannt sein dürfte. Nicht immer ist es im Voraus abschätzbar, ob Kinder eine Aufgabe lösen können. Auch bei den Gymiprüfungen muss die Skala in einzelnen Fächern immer mal wieder angepasst werden. Letztes Jahr etwa enthielt die Mathematikprüfung für die Sechstklässler eine Aufgabe, welche überdurchschnittlich viele Kinder nicht lösen konnten.
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Trotzdem hat die diesjährige Prüfung unter Seklehrpersonen für Diskussionen und Unmut gesorgt. Denn aus Sicht vieler Lehrerinnen und Lehrer ist die Prüfung ein Symptom für ein tiefer liegendes Problem. «Der Übertritt ins Gymi ist unbefriedigend», sagt der Präsident des Seklehrerverbands SekZH, Kaspar Vogel. «Die Stoffpläne von Sek und Gymi korrespondieren nicht miteinander. Der Dialog zwischen den Schulstufen klappt schlecht.» Diesen Eindruck hat auch Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands ZLV: «Die Mittelschulen klagen, die Sekschüler hätten nicht mehr die Kompetenzen, die sie fürs Gymi brauchten – aber sie kümmern sich nicht darum, was und wie wir an der Sek unterrichten.»
Das zeige sich nicht nur an der Aufnahmeprüfung, sondern vor allem in der Probezeit, sagen Lätzsch und Vogel. Etliche Jugendliche, die von der Sek ins Gymi wechseln, kommen dort schwer ins Schwimmen, weil sie im Gymi mit Stoff konfrontiert sind, von dem sie in den ersten zwei Sekjahren nie gehört haben – Stoff, den die Gymilehrer aber als bekannt voraussetzen, weil er im ersten und zweiten Jahr des Langgymnasiums behandelt wird.
Brennpunkt ist vor allem die Mathematik. So gehört Mengenlehre im Langgymnasium zum Schulstoff, in der Sek nicht. Immer wieder scheitern Schülerinnen und Schüler in der Probezeit an der Mathe, obwohl sie eigentlich das Potenzial fürs Gymi hätten. «Das macht auch uns Sorgen», sagt Rolf Bosshard, der Präsident des Mittelschullehrerverbands. Für ihn ist klar, dass Handlungsbedarf besteht.
Den Dialog pflegen
Dieser Ansicht sind auch die Rektoren der Mittelschulen. Cornel Jacquemart, Rektor der Kantonsschule Büelrain in Winterthur und Präsident der Schulleiterkonferenz der Zürcher Kantonsschulen, findet das Thema extrem wichtig: «Wir müssen den Dialog pflegen.» Letztes Jahr versuchte die Kantonsschule Zürich Nord, das Problem mit freiwilligen Kursen noch vor Gymibeginn zu lösen – und handelte sich Ärger von allen Seiten ein. Cornel Jacquemart etwa sagt: «Wir sollten nicht zu Einzelübungen greifen, sondern das Problem systematisch angehen.»
Wohin die Reise geht, ist offen. Das sagt Christoph Wittmer, Rektor der Kantonsschule Enge und Delegierter der Mittelschulen im VSGYM: «Im Moment diskutieren wir die Organisation und die Aufgaben des Projektes, das die Koordination sicherstellen soll. Im Sommer werden wir sagen können, wie wir den Dialog aufgleisen wollen.»
Gemeinsamer Lehrplan?
Einfach dürfte es nicht sein, eine Lösung zu finden. Klar ist eines: Den Sekundarschulen sind die Hände punkto Schulstoff mehr gebunden als den Gymnasien. Denn der Lehrplan der Sekundarschulen ist vom Kanton vorgegeben, und auch die Lehrmittel dürfen nicht frei gewählt werden. Die Gymnasien hingegen haben von jeher Lehrmittelfreiheit; die Stoffpläne arbeiten die Fachschaften selbst aus. Sie müssen aber die übergeordneten Vorgaben erfüllen, die im Maturitätsanerkennungsreglement festgehalten sind.
Auf den ersten Blick wäre es am einfachsten, die Gymis würden sich an den Lehrplan der Sek anpassen. Das wäre im Sinn der Sekundarschulen, und auch Rektorenpräsident Jacquemart glaubt: «Die Bereitschaft, mindestens den Schulstoff im ersten Semester des Gymnasiums vermehrt mit der Sek zu koordinieren, ist da.» Doch es gibt aus Sicht der Gymilehrer Grenzen. Denn die Kantonsschulen müssen ihrerseits den Anschluss an die Universitäten sicherstellen. Und an der Lehrmittelfreiheit wollen viele Gymilehrer festhalten. Enge-Rektor Christoph Wittmer ist überzeugt: «Die Lehrmittelfreiheit auf gymnasialer Stufe ist ein zentraler Motor eines guten Unterrichts.» Dieser Meinung ist auch Rolf Bosshard: «Entscheidender als ein einheitliches Lehrmittel und ein gemeinsamer Lehrplan ist, dass wir wissen, wie die Alltagspraxis in der Sek aussieht.» (Tages-Anzeiger)
(Erstellt: 08.04.2015, 23:21 Uhr)
KOMMENTAR: Es wäre völlig falsch, wenn die Mittelschulen sich dem Lehrplan der Sekundarschulstufe anpassen und weniger verlangen würden. Die Kantonsschule müssen den Anschluss an die Universitäten sicherstellen. Die Sekundarschullehrpläne müssten sich deshalb vielmehr den Anforderungen der Mittelschulen angleichen. Der Bund ist auf dem richtigen Weg, wenn er die Matura verschärfen will. Wir benötigen keine Taxifahrer mit Maturität. Es gibt derzeit viel zu viele Lehrstellen und die Verakademisierung führt zu einem Fachkräftemangel. Die Maturität muss aufgewertet werden. Aber auch der Erwerb eines Handwerks.
Notiert von marcus knill um 03:15
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