Freitag, 26. März 2010

Kachelmann bleibt stigmatisiert - auch wenn er unschuldig ist

Ich zitiere 20 Min:

Noch haben sich die Vorwürfe gegen Jörg Kachelmann nicht erhärtet. Doch der Fall seines Ex-Kollegen Andreas Türck zeigt: Der Wiedereinstieg ins TV-Geschäft ist nach dem Verdacht der Vergewaltigung fast unmöglich.

Mit dem Vorwurf der Vergewaltigung konfrontiert: die TV-Moderatoren Jörg Kachelmann (aktuell) und Andreas Türck (2005).

Mit dem Vorwurf der Vergewaltigung konfrontiert: die TV-Moderatoren Jörg Kachelmann (aktuell) und Andreas Türck (2005). Bild: Keystone

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Der Fall Türck

Andreas Türck wurde vorgeworfen, eine junge Frau zum Oralsex gezwungen zu haben. Je länger die Untersuchungen dauerten, desto klarer wurde jedoch, dass die Anklägerin keine verlässliche Quelle ist. Später hat man bei ihr gar Wahrnehmungsstörungen festgestellt. Das Verfahren wurde 2005 mangels Beweisen eingestellt.

Der Strahlemann aus dem deutschen Fernsehen erlebt bange Stunden. Jörg Kachelmann wird verdächtigt, seine langjährige Freundin vergewaltigt zu haben. Immer mehr «Details» geraten über die Medien ans Licht. So soll Kachelmann ein Doppelleben geführt und mehrere Frauen gleichzeitig bei der Stange gehalten haben. Bisher besteht jedoch nur ein Verdacht.

Doch dass ein solcher eine TV-Karriere zerstören kann, haben ähnliche Fälle aus der Vergangenheit gezeigt. So wurde der einst beliebte TV-Moderator Andreas Türck 2004 ebenfalls wegen Vergewaltigung angeklagt. Die deutschen Medien – vor allem das Boulevardblatt «Bild» - berichteten ausführlich über den «Skandal». Türck wurde vorgeführt – und vorverurteilt.

Unter Beobachtung - für immer

«Das Kopfkino der meisten Menschen ist darauf programmiert, sich negative Dinge zu merken, auch wenn sie unwahr sind», sagte die Psychologin Christine Baumanns damals zu «Bunte». Und: «Andreas Türck ist selbst nach einem Freispruch auf ewig stigmatisiert. Man wird in Zukunft ganz genau beobachten, wie er sich zu Frauen verhält.»

Tatsächlich wurde der Name Türck nur noch zusammen mit dem Wort Vergewaltigung genannt. Und auch nachdem er 2005 vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen wurde, hat seine Karriere einen gewaltigen Knick erlitten. Sein Auftraggeber Pro 7 trennte sich von ihm, Türck arbeitete fortan nur noch hinter der Kamera.

«Die Vorverurteilung, mit der ich zu kämpfen hatte, war mit meinem Freispruch noch lange nicht erledigt», sagte Türck 2007 der «Süddeutschen Zeitung». «Viele Menschen haben mich behandelt, als wäre ich verurteilt worden.»

«Riesige Wunden hinterlassen»

Auch wenn er es gewollt hätte, wäre ihm die Rückkehr vor die Kamera wohl verwehrt geblieben. Wer einmal in den Medienarchiven und im Internet mit Vergewaltigung in Verbindung gebracht wird, wird diese Bürde so einfach nicht mehr los.

Gegenüber der «Süddeutschen Zeitung» sprach Türck von einem «Albtraum»: «Zunächst war es unglaublich schwierig, ins normale Leben zurückzufinden. Der Prozess hat in meinem Leben riesige Wunden hinterlassen. Dennoch habe ich es geschafft, wieder auf die Beine zu kommen.»

Ein ähnliches Schicksal dürfte auch Jörg Kachelmann ereilen. Denn auch er ist eine Person von öffentlichem Interesse – ob er will oder nicht. Oder wie es Türck gegenüber news.de ausdrückt: «Was heisst, die Öffentlichkeit vermissen? Dass ich eine öffentliche Person bin, kann man so schnell nicht loswerden, sonst würden Sie wohl kaum ein Interview mit mir führen wollen.» (reh)

Kommentar:

Dass Menschen mit erfundenen Beschuldigungen "fertig " gemacht werden können ist hinlänglich bekannt. Anderseits muss die Polizei alle Anzeigen ernst nehmen. Die Medien haben ihrerseits auch die Pflicht, zu informieren. Die ARD, welche über die Verhaftung Ihres Moderators bewusst nichts gebracht hat, wurde vorgeworfen, sie würden etwas vertuschen. Wenngleich Medien einen Promi - wie Kachelmann - nicht vor verurteilen dürfen, gibt es auch eine Informationspflicht. Bei diesem einmaligen Medienevent kam es zu einem Selbstläufer und zu unzähligen Trittbrettartikeln. Die Oeffentlichkeithat selten so einen Mediengau erlebt. Kachelmanns Story - ob erfunden oder nicht - hat alle Voraussetzungen zu einer Boulevardgeschichte: Promi - Sex - Gewalt - Emotionen (Blut, Tränen, Sperma). Eines ist sicher: Die Geschichte geht weiter! Selbst wenn Kachelmann unschuldig ist, wird er nicht ungeschoren aus dem Strudel der Beschuldigungen davonkommen.

Nachtrag Blick:

Das Lächeln ist Kachelmanns Schutzmaske

Fernseh-Stars lächeln immer, auch wenn sie wissen müssten, dass der grosse Spass längst vorbei ist.

Jörg Kachelmann lächelnd nach seiner Vernehmung beim Haftrichter: Er wollte sich den Medien zeigen. (Reuters)
Jörg Kachelmann lächelnd nach seiner Vernehmung beim Haftrichter: Er wollte sich den Medien zeigen. (Reuters)

Kommentar: Es gibt tatsächlich ein Lächeln als "Antibeisshemmungsverhalten" - als Schutz. Zum Beispiel: Kinder, die in der Schule von einem Lehrer laut gemassregelt werden, schützen sie sich mit einem Lächeln, in der Hoffnung, man werde dann weniger "gebissen". Bei Jörg Kachelmann finde ich nichts von diesem spontanem Schutzverhalten. Für mich ist es ein bewusstes, inszeniertes Lachen vor den Medien.

Vom Umgang mit Komplikationen

Gestern hatte ich mit einem Spezialarzt ein aufschussreiches Gespräch über den Stellenwert der Kommunikation im Spital. Wir waren uns einig, dass generell im Umgang mit Menschen die Art des Kommunizierens eine zentrale Rolle spielt - vor allem das Einfühlungsvermögen. Das gilt übrigens bei allen Berufen, die mit Menschen zu tun haben!

Der Arzt bestätigte mir, dass auch bei Patienten die Vorgespräche enorm wichtig sind. Dazu benötige er genügend Zeit. Dieser angebliche Zeitverlust erweise sich später rasch als Zeitgewinn. Als Arzt erhalte er bei diesen Vorgesprächen hilfreiche Zusatzinformationen. Das Vertrauen werde aufgebaut und letztlich wirke sich diese Vertrauensbasis auch positiv auf die Heilungsprozesse aus.

Das wertvolle Gespräch bestätigte mir ferner:

1. FREUDE am Job ist etwas vom Wichtigsten.

Dies entspricht genau meiner These, dass man künftig weniger von Work-live balance sprechen sollte, weil das Arbeiten auch zum Leben gehört. Arbeiten darf nicht - als Gegensatz - dem Leben gegenübergestellt werden. Ich betrachte das Arbeiten Job auch zum Leben. Deshalb lohnt es sich, auch bei der Arbeit Freude zu haben.

2. Aus dem wertvollen Dialog mit dem Spitalarzt notierte ich mir folgenden Kernsatz über Komplexität, den ich hier im BLOG auf Komplikationen übertrage:

"Nicht Komplikationen sind das Problem, sondern der Umgang mit Komplikationen!"

Dieser Gedanke gefiel mir sehr. Als Ombudsman stelle ich seit Jahren fest, dass leider viele Menschen nie gelernt haben, mit Komplikationen, mit Störungen, mit Konflikten und Schwierigkeiten umzugehen. Würde dies schon in der frühen Lebensschule vermittelt, gäbe es möglicherweise weniger Scheidungen und weniger unzufriedene Menschen. Komplikationen und Schwierigkeiten gehören nämlich zum Leben wie das Amen in der Kirche.

Die Kommunikationsfähigkeit und Hirschmann

Aus 20 Min:

Kommunikationsexperte

25. März 2010

«Hirschmann sass da wie ein Sünder»

von Yvonne Zurbrügg - Für seinen Auftritt in «Talk täglich» erntet Carl Hirschmann Kritik. Kommunikationsexperte Marcus Knill sagt gegenüber 20 Minuten gar: «Hirschmann ist entweder schlecht gecoacht oder schlecht gebildet.»

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Für seinen TV-Auftritt erhält Hirschmann miserable Noten. (Bild: Tele Züri)

Eigentlich wollte Carl Hirschmann (29) seine Unschuld beteuern. In der Talkshow von Tele Züri hatte er am Mittwochabend 25 Minuten lang Zeit dafür. «Aber schon der Start ist misslungen», erklärt Marcus Knill. Der Kommunikations­experte hat für 20 Minuten die Sendung analysiert: «Die Hände in Gebetshaltung, unechtes Lächeln, unbestimmte Aussagen, Stottern: Ich rechne damit, dass 95 Prozent der Zuschauer dachten, er lügt! Er sass da wie ein Sünder.»

Seit gestern ist klar: Die Schlägerei zwischen Carl Hirschmann, Ex-Mister Sven Melig und dessen Begleiterin wurde tatsächlich gefilmt. Polizeisprecher Marco Cortesi bestätigte gegenüber 20 Minuten Online: «Der fragliche Zeitpunkt ist auf dem Band vorhanden.» Ein Detektiv der Polizei habe sich das Band gestern angesehen, aber: «Wir sagen nicht, was auf dem Band zu sehen ist.» Weil auf den Aufnahmen von der Lobby des Luxushotels Dolder zahlreiche Gäste zu sehen seien, bleibe die Kassette aus datenrechtlichen Gründen im Moment noch im Dolder.

Nicht nur das: Hirschmann habe sich punkto Alkoholkonsum und Erinnerungsvermögen widersprochen. «Das ist fahrlässig», so Knill. Für ihn ist klar: «Hirschmann ist entweder schlecht gecoacht oder schlecht gebildet.» Zum Ende der Sendung erklärte Hirschmann seine «neurologische Störung». «Er psychologisierte wirres Zeug», so Knill.

Sein Fazit: «Die Sendung hatte Unterhaltungswert. Für Hirschmann gings aber schief. In meinen Augen hätte er kurz und knapp seine Unschuld erklären und auf die laufende Untersuchung hinweisen sollen. Stattdessen hat er sich vorgeführt.» Hirschmann jedoch scheint zufrieden. Via Facebook bedankte er sich gestern «für die lieben Nachrichten nach dem TV-Auftritt».

Kommentar:

Wir könnten uns gut vorstellen, dass der Coach, der neben Hirschmann das Interview steuerte, den Medien einen kranken Hirschmann präsentieren wollte, der psychotherapeutisch behandelt wurde und unter einer "neurologischen" Krankheit leidet und dadurch bei einer allfälligen Klage profitieren könnte, weil er psychisch krank und zur "Tatzeit" alkoholisiert war. Vielleicht wollte der Coach mit dem fahrigen Auftritt seines Klienten der Oeffentlichkeit die "neurologische" Krankheit veranschaulichen. Doch: An diese Hypothese glaube ich nicht.