Mit Kritikern besser fertig werden
Dein Chef ist nicht zufrieden mit dir. Und du nicht damit, wie er dies laut, uncharmant und vor allen Kollegen kund tut. Was machst du?
Der andere mag etwas nicht an dir und tut dies kund. Das ist legal und schmerzt. «Kritik tut immer weh», sagt der Kommunikationsexperte Marcus Knill. «Aber ohne Kritik kommt man nicht weiter.»
Kritik kommt manchmal berechtigt, unvermittelt, zuweilen ungerechtfertigt, hin und wieder in einer sehr unangenehmen Art und Weise. Wie soll man darauf reagieren? Marcus Knill kennt ein Reaktionsschema, mit dem man sich und auch das Gegenüber nicht blossstellt.
Die Ausgangssituation: Dein Chef kritisiert dich an einer Sitzung, vor deinen Kollegen. Das richtige Verhalten:
- Zuhören: «Sie müssen sich die Kritik anhören», sagt Knill.
«Unterbrechen Sie ihn nicht, rechtfertigen Sie sich nicht, und wenn er schreit, brüllen Sie auf keinen Fall zurück. Das müssen Sie einfach durchstehen.»
- Quittieren: «Nehmen Sie die Kritik ernst und zeigen Sie, welche Botschaft bei Ihnen angekommen ist. Zum Beispiel: ‹Habe ich richtig verstanden, Sie haben das Gefühl, ich bin nicht vorbereitet?›»
- Fragen und klären: «Stellen Sie Rückfragen. Lassen Sie ihn genauer erklären, was er nicht gut findet. ‹Meinen Sie nur heute? oder ganz allgemein?›»
- Beschreiben: «Wenn er schreit oder sie persönlich angreift, gibt es nichts Wirksameres, als ihm einen Spiegel vorzuhalten. Stellen Sie fest, was passiert, ohne es zu kommentieren oder interpretieren: ‹Sie unterbrechen mich› zum Beispiel, oder: ‹Sie schreien mich an›, ‹Sie greifen mich jetzt vor allen hier persönlich an›. Gehen Sie nicht darauf ein, wenn er persönlich wird. Bleiben Sie auf jeden Fall sachlich.»
In die Augen sehen
«Wenn Sie kritisiert werden, blicken Sie automatisch nach unten. Sie machen einen Buckel oder verkrampfen sich, der Atem stockt», sagt Knill. «Das ist eine natürliche Reaktion. Wer dies erkennt, hält so Gegensteuer: Tief durchatmen, sich lockern, aufrichten und dem Chef in die Augen schauen - so fassen Sie Fuss und wirken präsent.»
Schlagfertigkeit sei in solchen Momenten bedingt gefragt. «Eine humorvolle Bemerkung, ein kluger Kommentar ist hilfreicher, als den Vorgesetzten blöd hinzustellen. Schlagfertigkeit wird leider oft gesehen als ‹den andern fertig zu machen und zu schlagen›. Das bringt meist nichts und kann sogar kontraproduktiv sein.»
Überraschung
«Wenn Sie eine Situation entschärfen wollen, müssen Sie sich antizyklisch verhalten», sagt Knill. «Es lohnt sich meist, das Gegenteil von dem zu machen, was das Gegenüber tut: Schreit jemand, reden Sie leise, ist er unfreundlich ist, seien Sie bewusst freundlich, wenn Sie gefragt werden, fragen Sie mit einer Klärungsfrage zurück.» Man mache damit genau das, was das Gegenüber nicht erwarte und entziehe sich dem Effekt, manipuliert zu werden. «Durch den Überraschungseffekt erhält Ihre Aussage mehr Aufmerksamkeit.»
Knallhart in der Sache
Das Gegenüber verstehen heisst nicht, mit dieser Person einverstanden sein. Seien Sie freundlich im Ton, weich mit dem Menschen, aber knallhart in der Sache.»
www.knill.com und www.rhetorik.ch--->Harvard Prinzip
Antworten auf Reserve
«Man muss immer ein paar Pfeile im Köcher haben», sagt Knill. «Wenn man kritisiert wird oder in Bedrängnis gerät, muss man zuweilen etwas Zeit gewinnen, damit man überlegen kann, wie man reagieren will.» Im Folgenden ein paar Pfeile von Marcus Knill, die in einer Notsituation zum Einsatz kommen können.
Erwischt
Man ist an einer Sitzung abgeschweift und wird nun nach der Meinung gefragt. Man hat keine Ahnung, worum es gerade geht.
Antwort 1: «Ich habe gerade an etwas anderes gedacht. Könnten Sie die Frage bitte wiederholen?»
Antwort 2: «Wie meinen Sie diese Frage?» Er wird sie wiederholen, aber anders formulieren - das gibt Anhaltspunkte, worum es geht.
Die Echo-Frage
Der Chef fragt: «Haben Sie das E-Mail gelesen, das ich Ihnen gestern geschickt habe? » Sie müssen nachdenken, um welches Mail es sich handelt.
Antwort: «Gestern?» Mit dieser Echo-Frage können Sie Zeit gewinnen, Sie steuern die Diskussion nun um die Zeit. War es gestern oder vorgestern?
Kritik nicht als solche verstehen
Antwort: «Wie kommen Sie darauf? War das wegen meiner Stimme?» Interessieren Sie sich für dieses Statement, indem Sie Rückfragen stellen. Auf keinen Fall sollten Sie sich rechtfertigen oder ihn als Vorwurf interpretieren.
Beschwichtigen
Jemand ist sehr aufgebracht und schreit Sie an. «Es reicht manchmal nur schon, ein ‹so, so› von sich zu geben oder ‹aber, aber›. Wenn Sie mit Vorwürfen konfrontiert werden: ‹Stimmt nicht. Aber haben wir jetzt Zeit, darüber zu reden?› oder: ‹Das sagen Sie!›.»
Helen Iten interviewte Marcus Knill
Quelle: Montag, das junge Magazin der Zentralschweiz
Link zum Artikel:
http://www.zisch.ch/navigation/top_main_nav/detail.htm?
Neue Luzerner Zeitung AG