Sonntag, 28. Dezember 2008

Gute Berater sind Mahner

Quelle: Spiegel

Am Abend des 3. November tritt Andrea Ypsilanti erst spät vor die Presse. Mit gedrückter Stimme und hängenden Schultern schildert die SPD-Chefin ihre Sicht des Tages. Eines Tages, an dem ihr geplantes Linksbündnis mit Grünen und Linkspartei am Widerstand von vier Abgeordneten scheiterte – und die hessische Sozialdemokratie ins Chaos taumelte.

Andrea Ypsilanti: Sie wollte das Gegenmodell zur Politikerkaste sein
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Andrea Ypsilanti: Sie wollte das Gegenmodell zur Politikerkaste sein

Ypsilanti spricht nur sehr kurz, es sind müde, inhaltsleere und hoffnungslose Sätze, die ihre ganze Verzweiflung offenbaren. Dies sei ein "dramatischer Tag", alle Sozialdemokraten seien "maßlos enttäuscht", sie habe sich doch "immer um breite Kommunikation" ihres Kurses bemüht.

Was war geschehen?

Statt der Schleswig-Holsteinerin Heide Simonis zu folgen und zweite Ministerpräsidentin eines deutschen Bundeslandes zu werden, führt Ypsilanti ihre Partei in die Krise. Bei den Neuwahlen im Januar muss ihr Nachfolger, der Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel, mit einer bitteren Niederlage rechnen.

Ypsilanti wollte das Gegenmodell zur allseits unbeliebten Politikerkaste sein - links, weich, weiblich. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte waren eine gerechtere Bildungspolitik sowie die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien. Und im Wahlkampf gegen den CDU-Hardliner Roland Koch konnte sie mit ihrer Strategie ohne Zweifel reüssieren. Der 27. Januar wurde zum Debakel für den Kronprinzen der Christdemokraten. Koch verlor zwölf Prozentpunkte, Ypsilanti gewann 7,6 Punkte dazu.

Es folgten schwere strategische Fehler!

Obwohl sie es im Wahlkampf mit beständiger Vehemenz ausgeschlossen hatte, ließ sie sich daraufhin auf eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ein. Schon bei der Vorbereitung dieses Kurswechsels unterliefen Ypsilanti und ihren Getreuen schwere strategische Fehler. Die Fraktionsführung versäumte es, alle Abgeordneten auf eine Tolerierung durch die Linken einzuschwören. So fehlte die Darmstädter Abgeordnete Dagmar Metzger bei der entscheidenden Fraktionssitzung – sie weilte im Skiurlaub und ließ das Linksbündnis nach ihrer Rückkehr zum ersten Mal scheitern.

HESSISCHES ROULETTE: YPSILANTI UND DIE VIER REBELLEN

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Ypsilanti fehlten die Mahner

Ypsilantis größtes Problem bestand in der Auswahl ihrer Berater und Vertrauten. Allesamt sind dies Menschen, die ihr politisch und charakterlich sehr nahe sind. Dadurch bekam sie Unterstützung und Bestätigung, die sie brauchte, um einen zweifellos sehr schwierigen Weg zu gehen. Doch fehlte ihr damit der ausgleichende Pol, der für Widerspruch und Kritik hätte sorgen können.

In ihrem engsten Kreis gab es keine Mahner, keine Skeptiker, die ihr die Gefahren ihres Vorgehens aufzeigen konnten. Die aber zugleich auch – und daran fehlte es ihr vor allem - den ewig stichelnden Walter kraftvoll und erbarmungslos in seine Schranken verwiesen hätten.

Kommentar: Ein guter Berater ist ein Hofnarr, der auch dem "König" ungeschminkt den Spiegel hinhält. Wo waren Ypsilantis professionelle Berater?

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