Drohungen, Gang in die Opposition, Chaos?
Vor den Bundesratswahlen kommt allmählich Hektik auf. Bedingungen werden artikuliert. Jede Partei versucht zu ihren Gunsten Druck auszuüben. Niemand scheint sich auf die anderen Parteien verlassen zu können.
Ich zitiere TAGI:
Wildwest, Wahlabbruch, Vertrauensfrage
Was planen die beiden für den Wahltag? Bundesratskandidat Bruno Zuppiger und Fraktionschef Caspar Baader.
Bild: Reuters
Was CVP und BDP planen
CVP und BDP haben sich noch nicht darauf geeinigt, wie ihre
Zusammenarbeit in Zukunft aussehen soll. Klar ist vorerst nur, dass sie
die Kräfte in der Mitte bündeln wollen. Ein Projektausschuss soll bis im
Sommer alle Möglichkeiten durchspielen. Dies haben die beiden Parteien
am Montag in einer gemeinsamen Absichtserklärung festgelegt.
«Nur wegen der Fernsehkameras und Radiomikrofone muss man die
Bundesratswahlen nicht am selben Tag abschliessen», sagt SVP-Präsident
Toni Brunner dem «Sonntag». Was ist los? Warum soll plötzlich nicht mehr
möglich sein, was in Dutzenden Wahlen zuvor der Fall war?
Der St.
Galler Nationalrat überlegt sich, wie seine Partei reagieren könnte,
wenn ihre Kandidaten in einer Kampfwahl gegen Eveline Widmer-Schlumpf
nicht erfolgreich sind. Dass dann die Konkordanz in den Augen der SVP
gebrochen ist, hörte man in den letzten Tagen und Wochen zur Genüge.
Aber: «Dann könnten wir zum Beispiel einen Unterbruch der Wahlen
beantragen.» Laut Brunner nicht nur für eine Stunde, sondern eher für
einen Tag. «Dann müsste nicht nur die SVP über die Bücher», so der
Parteipräsident.
Wenn das nur gut geht. Über die Bücher sollten
die Parteien eigentlich jetzt schon. Zwar gab es auch bei der Wahl von
Widmer-Schlumpf einen Tag Pause – weil die Bündnerin Bedenkzeit
brauchte. Aber diesmal droht nicht nur die Familienpause einer
Gewählten, sondern ein Durcheinander. Selbst der gemässigte
Bundesratsanwärter Bruno Zuppiger nimmt inzwischen martialische Worte in
den Mund, wenn er sagt, «dann ist Wildwest». Das sagte er der
«Tagesschau». Auch der Zürcher Oberländer nahm Bezug auf eine Wiederwahl
von Widmer-Schlumpf.
Die «Vertrauensfrage» in der Schweiz
Wieder
anders – aber nicht weniger befremdend – tönt es beim Walliser
Nationalrat Oskar Freysinger: Wenn das Parlament Widmer-Schlumpf
wiederwähle, habe es beschlossen, dass die Konkordanz nicht mehr
funktioniert. «Und das bedeutet dann, dass wir dem Parlament die
Vertrauensfrage stellen werden», so der Walliser in «10vor10».
Vertrauensfrage? So etwas kennen wir Schweizer nur vom Ausland.
Regierungen verbinden wichtige und umstrittene Geschäfte mit der
Vertrauensfrage. Sprich, sie drohen mit Rücktritt, falls sie beim
Parlament nicht durchkommen. Es ist auch eine Art von Erpressung.
Freysinger schob noch den Satz nach: «Dann treten wir gegen den SP-Sitz
an.»
Der Verwirrung nicht genug, brachte GLP-Chef Martin Bäumle in
der «SonntagsZeitung» auch noch den Plan ins Spiel, nicht nach
Reihenfolge des Dienstalters zu wählen. Will für ihn heissen: alle
sicheren Wahlen zuerst und ganz am Schluss Widmer-Schlumpf gegen den am
meisten gefährdeten Johann Schneider-Ammann antreten zu lassen. Zu aller
Verwunderung zeigten sich Vertreter von SP und SVP nicht von vornherein
abgeneigt.
Aber kurz vor der Wahl noch an den Regeln zu schrauben, kann
wohl nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Die Unsicherheiten
würden nur noch grösser.
Parteien müssen ihre Positionen klarstellen
Was
also ist zu tun?
Es braucht Klarheit und keine unnötigen
24-Stunden-Pausen. Es gilt, eine turbulente Bundesratswahl zu
verhindern, damit die Landesregierung nicht schon vorbelastet in die
neue Legislatur geht. So wie die Grünen sich bereits jetzt klar für die
Wiederwahl von Widmer-Schlumpf sowie zwei SP-Mandate entschieden haben,
so deutliche Zeichen müssen auch von den anderen Parteien kommen.
Ebendiese Grünen haben auch versprochen, noch vor den Wahlen Klarheit zu
schaffen, ob sie einen zweiten SVP-Sitz zulasten der FDP befürworten
oder nicht. Die SVP muss klarstellen, ob sie auch bereit ist, einen
FDP-Vertreter anzugreifen. Von der SP will man wissen, ob sie neben der
Widmer-Schlumpf-Wiederwahl auch einen zweiten SVP-Sitz oder zwei
FDP-Bundesräte will. Gleiches gilt für CVP, BDP und GLP. Die Hearings
bei den Parteien stehen noch an. Und die geforderten Klarstellungen
hängen wohl auch mit deren Resultaten zusammen.
(Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
Kommentar: Ich gehe davon aus, dass die Parteistrategen ihre Trümpfe vor dem Wahltag nicht offenlegen.