Peking und die Medien
Dass die Befreiungsbewegung "Tibet free" die Olympiade nutzt, um sich in den Medien Aufmerksamkeit zu verschaffen, ist offensichtlich - aber auch verständlich, zumal China die eigene Information manipuliert, zensuriert und die Meinungsfreiheit mit Füssen tritt. Alle westlichen Journalisten wurden ausgewiesen. Internet, Handy selbst Google haben die Machthaber im Griff. Desinformation ist Alltag. Pressefreiheit ist ein Fremdwort. Selbst an der Olympiade wollten sie die Uebertragungen zeitverschoben übermitteln, damit sie allfällige Protestsignale sofort einschwärzen oder schneiden können. Nach dem Motto: Was nicht zu sehen ist, existiert nicht.
Peking greift nun in einer Kampagne die westlichen Medien an!
Wenn jemand weiss, was Manipulation der Medien heisst, so ist es China. Deshalb ist es grotesk, wenn nun Peking die westlichen Medien anprangert. Dass die Aktionen während des Fackellaufes in der ganzen Welt publiziert werden, muss die Machthaber schmerzen. Sonst würden sie nicht behaupten, die westlichen Medien würden ihre Bilder manipulieren mit besonderen Objektiven, die aus wenig Leuten eine grosse Masse suggerieren usw.
Angriff als Ablenkungsmanöver
Der Vorwurf an die ausländischen Medien, sie verfälschten die derzeitigen Berichterstattungen über die Proteste, ist der verzweifelte Versuch, mit einer Propagadakampagne von den eigenen Manipulationen abzulenken. Das Ausmass und die Schärfe der chinesischen Kritik ist ein Zeichen der Schwäche und ist als Information für das eigenen Volk gedacht, um die Nachrichten aus dem Ausland als Angriff gegen das eigenen Land zu sehen. Damit kann der Nationalismus geschürt werden. China schreibt, dass die Bevölkerung von den verzerrten Berichten einiger westlicher Medien in die Irre geführt wird. In China steht nichts von den Protesten gegen die Menschenrechtsverletzungen oder von Chinas umstrittener Rolle im Flüchtlingsdrama im sudanedischen Darfur. Die Verschwörungstheorien, die in den chinesischen Medien derzeit verbreitet werden, kommen in der Bevölkerung erstaunlich gut an. Das chinesische Fernsehen zeigt täglich Bilder von verletzten Chinesen, die den randalierenden Tibetern zum Opfer gefallen sind.
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Rein rechtlich gesehen kann das IOC das zum Spiessrutenlauf verkommene Spektakel gar nicht abbrechen. Verantwortlich ist als Veranstalter das Pekinger Organisationskomitee, welches mit den 19 Städten ausserhalb Chinas Verträge abgeschlossen hat.
Während Rogge heute in Peking eine Stunde mit Chinas Premierminister Wen Jiabao den derzeitigen Stand der Dinge diskutierte, knickten die 205 Nationalen Olympischen Komitees (ANOC) offenbar unter dem Druck der Chinesen ein. Die am Montag von ihnen verabschiedete Absichtserklärung zur Unterstützung der Sommerspiele wurde heute überraschend ratifiziert und wird morgen in veränderter Form der IOC-Exekutive vorgelegt – offenbar auf Drängen des Pekinger Organisationskomitees.
Wort «Tibet» gestrichen
Die überraschend überarbeitete Vorlage, in der das Wort Tibet fehlte, wirkt ferngesteuert. «Wir vertrauen darauf, dass die Volksrepublik China eine faire und vernünftige Lösung der internen Konflikte finden wird, und zwar zum Wohl der Spiele und der Athleten», heisst es in dem neuen Papier. Zwei Tage vorher hatte der Passus noch gelautet: «Wir vertrauen darauf, dass die Volksrepublik China eine faire und vernünftige Lösung des internen Konflikts finden wird, der die Tibet-Region betrifft.» Den Vorwurf, diese Einflussnahme sei von Seiten des Pekinger Organisationskomitees erfolgt, was einer Zensur gleichkäme, wies ANOC-Präsident Mario Vasquez-Rana als falsch zurück.
Die Welt hoffte, China halte dank der Olympiade die Menschenrechte ein
Peking erhielt 2001 den Zuschlag, nicht zuletzt in der Hoffnung, die mit den Spielen verbundene Aufmerksamkeit werde die chinesische Führung zur Einhaltung der Menschenrechte bewegen.
Aufräumen vor den Spielen
In der Tat scheint das Regime in Peking die Spiele sehr ernst zu nehmen. So ernst, dass es in deren Vorfeld tüchtig aufräumen will. Ganz abgesehen von der brachialen Art, in der die Demonstranten in Tibet zum Schweigen gebracht wurden, hat sich die Menschenrechtslage im Reich der Mitte deutlich verschärft.
Die chinesische Regierung habe die Repression gegenüber Aktivisten verstärkt, erklärte Irene Khan, Generalsekretärin von Amnesty International (AI).
«Bis jetzt haben die Olympischen Spiele nichts zur Förderung von Reformen beigetragen.»
Das Sündenregister
# Willkürliche Verhaftungen, unfaire Prozesse
Wegen «Aufhetzen zum Widerstand gegen die Staatsgewalt» wurde Ende März der Menschenrechtsaktivist Yang Chunlin zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der Prozess dauerte rund 20 Minuten. Seine Parole «Wir wollen keine Olympischen Spiele, wir wollen Menschenrechte» war den Machthabern in Peking in den falschen Hals geraten. Chunlin ist nicht der einzige. Hu Jia, ein in Peking lebender Aktivist, wurde am 18. März wegen «Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt» verurteilt. Seine Frau Zeng Jinyan und ihr Baby stehen zu Hause unter strenger Polizeibewachung.
# Folter
Nach Angaben von Amnesty International gehören in China «Fusstritte, Schläge, Elektroschocks, das Aufhängen an den Armen, das Anketten in schmerzhaften Positionen, Verbrennungen mit Zigaretten sowie Schlaf- und Nahrungsentzug zu den gängigen Foltermethoden». Gerichte gehen nicht auf die Versuche von Anwälten ein, Foltervorwürfe zur Entlastung der Angeklagten vorzubringen.
# Todesstrafe und Organhandel
China richtet jedes Jahr mehr Menschen hin als alle anderen Staaten der Welt zusammen. Schätzungen gehen bis zu 10 000 Todesurteilen pro Jahr. Chinesische Gerichte verhängen die Todesstrafe auch für Delikte wie Bestechung, Geld- und Scheckfälschung, und Steuerhinterziehung. Obwohl Organhandel in China inoffiziell verboten ist, werden die Organe von hingerichteten Menschen für Transplantationen verwendet und landen auch auf dem Schwarzmarkt.
# Verletzung der Religionsfreiheit
Mitglieder von religiösen oder spirituellen Gruppen müssen in China mit drakonischen Strafen bis hin zur Exekution rechnen. Insbesondere die Falun-Gong-Sekte wird von Peking konsequent verfolgt.
Aber auch andere Religionsgemeinschaften werden drangsaliert: So wurden Tausende von Mitgliedern offiziell nicht zugelassener protestantischer «Hauskirchen» und vatikantreuer katholischer Gemeinden festgenommen.
# Diskriminierung von Minderheiten
Die blutige Niederschlagung der Proteste in Lhasa und anderen Städten in Tibet warf im März ein grelles Licht auf den chinesischen Umgang mit ethnischen Minderheiten. Neben den Tibetern klagen aber auch die Uiguren in der riesigen Nordwest-Provinz Xinjiang über eine fortschreitende Sinisierung durch die massenhafte Einwanderung von Han-Chinesen. Die massiven Repressionsmassnahmen gegen die Uiguren sind laut Amnesty International fortgesetzt worden. Insbesondere das Recht auf freie Religionsausübung und der Zugang zu Bildung seien beschnitten worden.
# Diskriminierung von Wanderarbeitern
Millionen von Wanderarbeitern sind in China ständig unterwegs auf der Suche nach Arbeit. Diesen aus ländlichen Regionen stammenden Menschen verwehren die Behörden gemäss Amnesty International den Zugang zu «verschiedenen Formen der solidarischen Krankenversicherung, wie sie der städtischen Bevölkerung» offenstehen. Zudem werden ihnen oft die Löhne nicht ausbezahlt.
# Waffenexporte in Krisenregionen
Ungerührt von allen Appellen fährt Peking mit der Unterstützung des Militärregimes in Burma fort, obwohl die burmesischen Generäle unlängst friedliche Massenproteste blutig niederschlagen liessen. Auch Waffen werden weiterhin nach Burma geliefert; ebenso in den Sudan, wo die Menschenrechtslage ebenfalls äusserst prekär ist. Nur durch die chinesische Rückendeckung war es der sudanesischen Regierung bisher möglich, die Massaker in der Westprovinz Darfur zu unterstützen.
# Zensur
China hat während des Aufstands in Tibet bewiesen, dass es in der Lage ist, den Informationsfluss von der unruhigen Provinz ins Ausland trotz der modernen Kommunikationsmethoden weitgehend zu kontrollieren und zu unterbinden.
Presse und elektronische Medien werden am Gängelband geführt und auch die rund 130 Millionen Internet-Nutzer surfen in einer zensierten Version des Web. Chinesische User werden ständig ausgespäht und eingeschüchtert. Peking schränkt den Zugang ins Internet überdies mit technischen Massnahmen (Filter) ein, stellt zu diesem Zweck aber auch Forderungen an ausländische Internet-Firmen. Google, Yahoo und Microsoft zensieren ihre für China bestimmten Angebote, um am Markt partizipieren zu dürfen.
Quellen: Amnesty International, amnesty.ch, Wikipedia.org
FACKELLAUF
Aus Spiegel-online:
Route für Fackellauf in San Francisco verkürzt - massive Polizeipräsenz
Die Flamme ist entzündet: Dutzende Fackelläufer tragen das Olympische Feuer durch San Francisco - geschützt von Hunderten Einsatzkräften. Demonstranten riefen "Schande über China". Aus Sicherheitsgründen wurde die Route in letzter Sekunde auf wenige Kilometer verkürzt