Nachtrag zur Rhetorik von Fundamentalisten
Wie gefährlich ist Scientology?
Noch selten wurde ein Film unter derart strenger Geheimhaltung abgedreht wie das deutsche Drama «Bis nichts mehr bleibt». Es schildert das bewegende Schicksal eines jungen Familienvaters, einem Scientology-Aussteiger, der seine Familie an die umstrittene religiöse Organisation verliert. Laut Gegnern von Scientology sei die Geschichte zwar fiktiv, lehne sich aber an wahre Begebenheiten an. Scientology bestreitet dies vehement. Am Pfingstmontag, 24. Mai 2010 zeigt SF1 um 20.00 Uhr die ARD-Produktion «Bis nichts mehr bleibt». Direkt im Anschluss diskutieren unter der Leitung von Christine Maier in einem «Club»-Extra zwei Scientologen mit Aussteigern und Kritikern über die Frage: Wie gefährlich ist Scientology? Es diskutieren: Jürg Stettler, Präsident Scientology Zürich, Sprecher Scientology Deutschland Bernard de Uthemann, langjähriges Mitglied von Scientology, Arzt Ruth Dridi, Aussteigerin Hugo Stamm, Sektenexperte Jürg Acklin, Schriftsteller und Psychoanalytiker
Quelle SF ARCHIV
Im CLUB SF I (Pfingstmontag) konfrontierte Christine Maier zwei Vertreter der Scientologen - einer fundamentalistischen religiösen Bewegung - mit den harten Vorwürfen der anwesenden Kritiker. Vorgängig wurde dem Fernsehpublikum ein spannender Film gezeigt, wie man in die Fänge dieser "Psychosekte" geraten kann und darin gefangen bleibt.
Nachdem ich beim CLUB schon einmal die Rhetorik von Fundamentalisten (islamischer Zentralrat) analysiert hatte, interessierte es mich, welche Techniken die Scientologen in der neuen Diskussion anwenden.
Um es vorwegzunehmen:
Wiederum nutzten die Scientologen ähnliche Argumentationsmuster, wie die geschulten Vertreter des islamischen Zentralrates.
Die Sendung machte mir bewusst, dass es die fundamentalistischen Rhetoriker verstehen, ihre Mission stets in ein gutes Licht zu stellen. Beide fundamentalistischen Akteure:
- bauten eine Gegenwelt auf (Parallelwelt)
- stützten sich auf eine eigene Gerichtsbarkeit
- konnten sich beherrschen und sprachen ruhig, wenn sie vom Gegenüber hart angegriffen wurden (Sie können das antizyklische Verhalten anwenden).
Auch folgende Argumentationsmuster sind analog: - Wer selbst nicht bei den internen Veranstaltungen mit dabei gewesen ist, darf nicht über die genannten Vorwürfe urteilen.
- Anschuldigungen werden zurückgewiesen, sind generell übertrieben, einseitig und aus dem Zusammenhang herausgerissen
- Die Vorwürfe stammen von Aussteigen. Sie sind somit gefärbt und die angeblichen Tatsachen verfälscht (Der Film war dadurch unglaubwürdig und hatte ein falsches Bild vermittelt).
- Fragen werden nicht beantwortet. Die Fundamentalisten wurden beispielsweise gefragt: "Sind bei den Scientologen Zweifel erlaubt"? Die Frage wurde hernach nie beantwortet.
- Wenn Zitate aus Schriften vorgelegt werden, werden die extremen Texte entkräftet, indem gezeigt wird, dass man auch brutale Bibeltexte über ... zusammenschneiden kann. Die Zitate des Sektenexperten Stamms wurden umgehend mit der Bemerkung zurückgewiesen: "Sie sind aus dem Zusammenhang herausgeschnitten worden."
- Die Fundamentalisten kennen die Kraft der Gegenfrage. Beispielsweise: "Waren Sie schon einmal an einer Veranstaltung mit dabei?"
- Die freundliche entgegenkommende Geste war bei den Scientologen ebenfalls raffiniert: "Wir laden Sie gerne ein, bei einer Veranstaltung mit dabei zu sein!" (Damit erhalten sie die Chance, eine neue Person vor Ort mit der Technik der Gehirnwäsche zu gewinnen)
Nach den beiden aufschlussreichen CLUBdiskussionen mit Fundamentalisten darf gesagt werden:
Alle Fundamentalisten argumentieren ähnlich und verstehen das Handwerk des Taktierens, der Beschönigung und Vernebelung. Es lohnt sich deshalb, sich mit ihren dialektischen Techniken konkret auseinanderzusetzen.
Denn: Nur wer diese manipulativen Tricks erkennt, kann sie benennen und aufdecken.
Nachtrag 20 Min:
Ein Blick hinter die Scientology-Kulissen
von David Huber - Helen Galliker hat sich für ihre Maturaarbeit über Scientology in die Höhle des Löwen gewagt. Für ihre Arbeit gewann sie jetzt den Luzerner Religionspreis. 5 Kommentare
Helen Galliker hat Scientology unter die Lupe genommen.
«Ich interessiere mich schon lange für Sekten und finde es spannend, wie populär Scientology trotz ihrer viel kritisierten Methoden ist», sagt Maturandin Helen Galliker aus Luzern. Für ihre Maturaarbeit hat die 18-Jährige die zentrale Scientology-Technik, das so genannte Auditing, selber getestet. «Damit sollen die Menschen von negativen Spannungen befreit werden», erklärt Galliker. Als Hilfsmittel bei den Auditing-Gesprächen dient das E-Meter. «Ich musste zwei Elektroden in den Händen halten und dabei etwas Negatives denken», so die 18-Jährige.
Beim ersten Versuch habe das E-Meter ausgeschlagen, beim zweiten Mal nicht. Das sei laut der Versuchsbegleiterin von Scientology normal, so Galliker. «Mir bestätigte der Selbstversuch allerdings die Kritik, dass Scientology die Resultate so auslegt, wie es ihnen passt.»
Die Maturandin nahm die Methode zudem mit einem Psychologen unter die Lupe. Das Fazit ihrer Arbeit: «Auditing ist keine therapeutische Methode, sondern eine Geldmacherei.» Von Scientology war gestern für eine Stellungnahme niemand zu erreichen.
Galliker wurde für ihre Maturaarbeit mit dem Luzerner Religionspreis 2010 ausgezeichnet. Ihre unvoreingenommene Haltung, der originelle Zugang zum Thema und die gründliche Analyse seien beeindruckend, schreibt die Jury in ihrem gestern veröffentlichten Urteil.
LINKS:
rhetorik.ch aktuell: Zur Rhetorik der Fundamentalisten
Gedanken zur Rhetorik der Fundamentalisten: Muster und Techniken der Fundamentalisten - Weshalb haben religiöse Fanatiker in Diskussionen oft so leichtes ... www.rhetorik.ch/Aktuell/10/04_08/index.html -Cached - [PDF]
Zur Rhetorik von Fundamentalisten TeleVisionen
File Format: PDF/Adobe Acrobat - Quick View 8. Mai 2010 ... Zur Rhetorik von Fundamentalisten TeleVisionen. Kadetten machen den handball zum. tV-thema. Im Schweizer Fernsehen findet Hand- ... www.rhetorik.ch/Aktuell/10/05_08/sn.pdf rhetorik.ch aktuell: Zur Medienrhetorik von Fundamentalisten
8. Mai 2010 ... Zur Medienrhetorik von Fundamentalisten In den letzten Wochen kamen Mitglieder des islamischen Zentralrates in den elektronischen Medien ... www.rhetorik.ch/Aktuell/10/05_08/index.html -Cached