Mit ihrer Familieninitiative fordert
die SVP Steuerabzüge für Eltern, die ihre Kinder selber betreuen. Dies
hat eine Diskussion über Familienmodelle ausgelöst: Die Gegnerinnen und
Gegner der Initiative werfen der SVP vor, sie wolle das Rad zurückdrehen
und die Frauen an den Herd verbannen.
Beide Seiten nehmen für sich in Anspruch, eine gerechte Besteuerung
anzustreben - eine Besteuerung, die kein Familienmodell bevorzugt. Für
den Bundesrat und das Parlament ist die heutige Regelung gerecht:
Eltern, die ihre Kinder in einer Krippe oder von einer Tagesmutter
betreuen lassen, können die Kosten bis zu einem bestimmten Betrag von
den Steuern abziehen. Für Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, gibt
es keinen solchen Abzug.
Eltern, die ihre Kinder selber betreuten, hätten für die
Kinderbetreuung keine Ausgaben. Es sei folglich richtig, dass sie keinen
Betreuungsabzug beanspruchen könnten.
Kommentar: Mit der heutigen Regelung werden nach der SVP jene Familien
benachteiligt, die ihre Kinder selber betreuen. Ihnen müsste ein
mindestens gleich hoher Steuerabzug gewährt werden, wie jenen Eltern, die ihre
Kinder fremd betreuen liessen.
Die Gegner der Initiative befürchten, dass mit der Annahme der Familieninitiative Mütter vermehrt zu Hause bleiben könnten, anstatt einem externen Job nachzugehen. Man dürfe das Rad nicht mehr zurückdrehen. Sie verweisen zudem auf die Kosten und finden:
Ich kann nicht Geld erhalten für etwas, was mich nichts kostet.
Die Initianten monieren entgegnen:
Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, geben zwar kein Geld für die
externe Betreuung aus, doch verzichten sie auf das Einkommen eines
Elternteils oder reduzieren die Arbeitspensen. Sie zahlen mit den Steuern die Krippenplätze, obschon sie diese nicht in Anspruch nehmen. Der Staat profitiere zudem zusätzlich von der familiären Betreuung. Laut Ansicht der Initianten verursachen jene Kinder, die durch die Eltern betreut werden, dem Staat nachträglich weniger Kosten.
Jeder Krippenplatz sei in der Schweiz recht kostspielig. Es habe sich ferner erwiesen, dass jene Kinder, die vom Staat betreut werden, in der Regel durch den Wechsel von Bezugspersonen später mehr kosten (Therapien usw.). Deshalb sollten Eltern, die den Staat entlasten, auch
von einem Steuerabzug profitieren können. Ich zitiere 20 Min:
Wärme und Geborgenheit für Kinder
Die
SVP stellt die Einwände in Abrede, spricht aber im Zusammenhang mit
Kinderkrippen von einer drohenden «Verstaatlichung» der Kinder. Der
gesellschaftliche Wert der Erziehung von Kindern werde heute zu wenig
geschätzt.
Gerade Kleinkinder bräuchten Bezugspersonen, die ihnen Wärme und Geborgenheit vermittelten, sagt etwa Nationalrätin Sylvia Flückiger (SVP/AG). «Schützen wir die Familien, es gibt nichts, das wertvoller ist auf dieser Welt.»
Unterstützung aus der CVP
Unterstützung
erhält die SVP aus den Reihen der EVP und der CVP. Die Mehrheit der
CVP-Bundeshausfraktion sprach sich für die Initiative aus. Allerdings
lehnte die Frauensektion das Volksbegehren ab. Die Parole fasst die
Partei am 26. Oktober.
Schon auf kantonaler Ebene setzte sich die
CVP dafür ein, dass alle Familien Anspruch auf einen Betreuungsabzug
haben. In den Kantonen Zug, Wallis und Luzern gibt es heute einen Abzug
für die Eigenbetreuung. In den Kantonen Zug und Wallis ist dieser gleich
hoch wie der Abzug für die Fremdbetreuung, im Kanton Luzern weniger
hoch.
Pauschalabzug für alle Familien?
Wird die
SVP-Initiative angenommen, sind verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung
denkbar. Im Initiativtext heisst es nur, dass der Steuerabzug für die
Eigenbetreuung «mindestens gleich hoch» sein muss wie jener für die
Fremdbetreuung.
Möglich wäre, dass künftig ein Pauschalabzug für
alle Haushalte mit Kindern gewährt würde, in der Höhe des heutigen
maximalen Betreuungsabzugs. Heute können bei den Bundessteuern für die
Betreuung maximal 10'100 Franken pro Jahr und Kind abgezogen werden. Bei
den kantonalen Steuern gibt es grosse Unterschiede.