Mittwoch, 26. Januar 2011

Phänomen Dschungel TV: Weshalb dieser Erfolg?


Das Rezept, um zu Einschaltquoten zu kommen, ist simpel.













Die spinnen, die Leute! Acht Millionen Deutsche sitzen jeden Abend vor dem Fernseher und sehen, wie weitgehend unbekannte C-Promis im australischen Dschungel an Känguru-Hoden lutschen, auf dem Zahnfleisch kriechen und sich einen Psycho-Krieg mit Nuklear-Sprengkopf-Worten liefern.

Nun forderte die Show ein erstes Opfer: Pseudo-Model und Urwald-Zicke ­Sarah Knappik (24) ist freiwillig ausgestiegen. Und das ist gut für die Quote! Aber was, verdammt, macht das Dschungelcamp so erfolgreich?

Klar, das Fernsehen wird zum Circus Maximus. Hungrige Menschen werden mit Spinnen, Schleim und Ratten gefoltert. So lange, bis sie nur noch archaische Kreaturen sind.

Urmenschen mit nackten Gefühlen. Wilde Tiere, die Liebe suchen oder übereinander herfallen – je nach Testosteron-, Nikotin- und Zuckerspiegel. TV als existenzielles Versuchslabor. Unter dem TV-Mikroskop: der zivilisierte Mensch, der sich zum Affen macht!

Eigentlich würde sich kein Mensch die Dschungel-Promis freiwillig ansehen. Die Stars, die keine sind, nehmen für bis zu 50 000 Euro an Deutschlands bösestem Promi-Bashing teil.


Freiwillig, nur um noch einmal im Fernsehen zu sein!


Sie lassen sich als namenlose «Sarah Dingens» verhohnepipeln, als bankrotte Möchtegern-Stars und mediengeile Rampensäue.

Die Menschen werden zu Maden. Das Schönste ist: Der Zuschauer muss kein schlechtes Gewissen haben. Die Kandidaten wissen, worauf sie sich einlassen. Selten ist Fernsehen so ehrlich und hemmungslos. In Australien zeigt es, dass auch das Showgeschäft den Prinzipien der Natur folgt: Der Fittere überlebt!

Kein Zweifel: Diese Staffel ist so erfolgreich, weil es das Möchtegern-Model Sarah Knappik gibt. Erst versemmelt sie ihre Dschungel-Prüfungen (und wird von den Zuschauern immer wieder zu Ekel-Tests gewählt), dann driften ihr Ego und ihr Charakter so weit auseinander, dass sie zum Psycho-Fall wird und ihre «asoziale Art» die anderen Camper nervte. Ein Millionenpublikum staunt, wie die Dschungel-Zicke mit immer neuen Ausreden und Profilierungsneurosen die Nerven ihrer Mitcamper abnagt. Bis die Dschungel-Insassen im Chor drohen: «Entweder gehen wir oder sie.» Die Quote explodiert – und Sarah verlässt das Camp.

Natürlich hat sie zuvor noch eine verbale Stinkbombe gezündet, den schönen, warmherzigen Jay beschuldigt, ihr im Vorfeld angeboten zu haben, eine Affäre mit ihr zu inszenieren. Nun würde er diesen Betrug eben mit Indira durchziehen. Jetzt sind die Camper endgültig im Psycho-Krieg. Keiner traut keinem, und


das Trash-TV wird so spannend wie das kannibalische Nobelpreis-Buch «Herr der Fliegen». Das TV bekommt, was es sonst so selten hat: menschliche Wahrhaftigkeit! Gegen so eine Show sind «Psycho» und «Nightmare On Elmstreet» popelige Kinderfilme.

Und dann sind da noch der dicke, grelle Dirk Bach und die aufgedrehte Sonja Zietlow.


Die Moderatoren stellen das Trash-Fernsehen auf den Kopf. Sie machen das Dschungelcamp als Unterschichten-TV fertig und wollen dem Bildungsbürger beweisen, dass es immer Grenzen nach unten gibt.


Einer der schönsten Sprüche von Bach: «Sonja, das Niveau ist zu hoch. Wir müssen wieder schlechter werden. Los, zerdrück’ die Bierdose – mit deinen Brüsten!»

Sätze wie diese erheben das Niveaulos-Format zur Kunst. Das Fernsehen strahlt, während es sich selbst demontiert. Das ist: genial! So kann selbst der pensionierte Oberstudienrat die demütigende Dschungel-Psycho-Show mit Chips und Weissweinschorle geniessen, statt sich fremdzuschämen.

Jetzt wird es im Dschungel etwas ruhiger werden. Nach Sarahs Ausstieg lebt leider eine Schlange weniger im australischen Urwald. Aber vielleicht wirkt ihr Gift nach, und die letzten Menschen-Kreaturen zerfleischen sich in den nächsten Tagen selbst.


teaser image

Kommentar: Dem RTL geht es nur um Einschaltquoten. Das Modell ist einfach - das Rezept   dem Boulevardjournalismus entlehnt. Es braucht folgende Mischung: EMOTIONEN - PERSONALISIEREN - EKEL - SEX- TRAENEN - AUSSERGEWOEHNLICHES - MOBBING - KLAMAUK - PSYCHOSPIELE - SCHWARZWEISS MALEREI (GUTE und BOESE) - EIN ANSPRUCHSLOSES DREHBUCH - EIN BISSCHEN ENTRUECKUNG AUS DEM ALLTAG (Dschungel, Feuer, gemeinsamens Zusammensein, triviale Spielregeln usw.) AUCH EINE GROTESKE MODERATION - völlig überdreht - dermassen verspielt, dass die kitschige Ueberzeichnung Kultcharakter bekommt und dadurch wieder akzeptiert wird. Dieses Menu hat sich jedenfalls bewährt und mit dieser Mischung lässt sich ein Millionenpublikum an der Nase herumführen. Es ist offensichtlich, dass auch  mit gezinkten Karten gespielt wird. Doch das wird alles in Kauf genommen. Das RTL bringt es trotz aller Fragezeichen fertig, dass  das Publikum nicht wegzappt. Die Aufmerksamkeit bleibt erhalten - dank eines angenehmen Nervenkitzels aus Distanz. Das Verhalten der Akteure ist in groben Zügen vorhersehbar. Aus der Anonymität heraus kann manchmal auch stellvertretend ein gedämpfter Sadismus ausgelebt werden. Die Comedy hat zwar  zahlreiche menschenverachtende Elemente. Doch werden diese  übersehen. Das Publikum schätzt es heute,  ins Geschehen eingreifen zu können.
Das Fernsehen orientiert sich an der Niveaulosigkeit und hat damit grossen Erfolg. Uebrigens: Auch ich zappte nicht weg. Es interessierte mich vor allem, herauszufinden, weshalb dieses plumpe Modell das Publikum fasziniert. Ich würde mich  wundern, wenn  das Schweizer Fernsehen - unter der neuen Führung - dieses Erfolgsmodell kopiert,  nur der Einschaltquote wegen. Ich bin mir durchaus bewusst, wenn ich im BLOG ebenfalls über diese fragwürdige Sendung schreibe, damit  indirekt dieses  Machwerk medial unterstütze. Erstaunlich: In der Schweiz haben sich die Zuschauerzahlen bei dieser Dschungel-Geschichte schnell verdoppelt! Je mehr über diese Sendung geredet wird, desto mehr werden die Akteure zum Medienthema und die Eigendynamik nimmt seinen Lauf.
Wenn derzeit 10 % der Bevölkerung in Deutschland das Dschungelcamp am Bildschirm  mitverfolgt,  so gibt uns die Feststellung jenes Engländers zu denken, der behauptet hatte, dass 10% der Völker Idioten sind. 


Für all jene, die gebannt diese Sendung dennoch mit verfolgen, sollten sich wenigstens fragen: Warum tue ich das eigentlich?


Schummel-Camp Vorgetäuschter Sex im Dschungel?



Dschungelcamp-Schummel: Das passierte nach der BILD-Enthüllung


Nachtrag Analyse eines Diplompsychologen:




Nach dem Streit zwischen Sarah und Jay „Hinter ihrem Handeln steckt eindeutig ein Plan"

Die Dschungelcamp-Analyse von Diplom-Psychologe Michael Thiel

 Sarah Knappik, Jay Khan
Wer lügt? Sarah Knappik wirft Jay Khan vor, er habe ihr vorgeschlagen, im Camp ein Liebespaar zu spielen. Doch Jay wehrt sich gegen den Vorwurf
Foto: RTL
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Dschungelcamp: Süße, hab ich Mundgeruch?


Michael Thiel
Diplom-Psychologe Michael Thiel hat ein neues Buch veröffentlicht. Der Titel passt wunderbar zu Nerv-Natter Sarah: „Deutschland, einig Jammerland: Warum uns Nörgeln nach vorne bringt“






Der Vorwurf ist heftig...
Dschungel-Bewohner Jay Khan (28) soll Möchtegern-Model Sarah Knappik (24) im Vorfeld der RTL-Show vorgeschlagen haben, in Australien ein Liebespaar zu spielen – um so bei den Zuschauern zu punkten.
Jay weist alle Vorwürfe von sich. Und ganz Deutschland rätselt nun, wer von den beiden die Wahrheit sagt.
Diplom-Psychologe Michael Thiel hat sich den Dschungel-Streit genau angesehen, die Kontrahenten Sarah und Jay unter die Lupe genommen.
Warum zum Beispiel hat Jay eigentlich so emotional und wütend auf Sarahs Behauptungen reagiert?
Der Psychologe sagt: „Jay hat es lange Zeit geschafft, ein Bild von sich rüberzubringen, das ihn als charmanten, attraktiven, gefühlvollen und trotzdem taffen Mann kennzeichnet. Durch Sarahs Vorwürfe bröckelt dieses Bild nun. Es gibt Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Deshalb hat er so heftig reagiert. Jay hat lange an seiner Präsentation gearbeitet. Durch Sarah ist sie beinahe zerstört.“
Bedeutet Jays Reaktion, dass er gelogen hat – und Sarahs Anschuldigungen stimmen?
„Als Jay mit Sarahs Vorwürfen konfrontiert wurde, sah man echte Überraschung in seinem Gesicht. Die war nicht gespielt. Er war emotional getroffen von dem, was Sarah gesagt hat. Jay hat in dieser Situation seine Felle davonschwimmen sehen, sein ganzes Image, an dem er so hart gearbeitet hat. Das erklärt seine heftige Reaktion. Ob er allerdings lügt und Sarahs Anschuldigungen stimmen, kann man nicht sicher sagen. Das wissen nur die beiden. Das kann man nicht nur anhand eines Blicks oder der Gestik analysieren.“
Michael Thiel ist aber überzeugt davon, dass Sarah mit einem durchdachten Plan ins Camp gegangen ist.
„Sarah ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie man durch Dauerjammern eine Präsenz erlangt, die die anderen dazu drängt, sich um einen zu kümmern. Ich schätze sie nicht als dumm ein. Hinter ihrem Handeln steckt eindeutig ein Plan. Sie hat es geschafft, eine unglaubliche Außenwirkung zu erzielen, wird in nächster Zeit weiterhin häufig in den Medien auftauchen. Ob sie allerdings eine dauerhafte Karriere aus ihrem Camp-Aufenthalt ziehen kann, ist zweifelhaft.“
Und Jays heißer Flirt mit Indira – ist der denn echt?
Eine Beobachtung Thiels spricht dagegen: „Bei Indira ist mir aufgefallen, dass ihre Reaktion in dem Streit etwas seltsam war. Sie hat Jay nicht so gestützt und verteidigt, wie man das von einer Frischverliebten erwarten kann. Das ist sehr interessant, denn wenn man jemanden wirklich liebt, steht man in einer Situation des Angriffs gegen den Partner voll und ganz für ihn ein. Indira hat das nicht getan.“
Auch Michael Thiel hält die Liebelei von Jay und Indira also für ein Stück weit inszeniert. Gerüchte über eine Fake-Beziehung von Jay gab es übrigens auch schon nach seiner Liaison mit Top-Model Lena Gercke. Seiner Glaubwürdigkeit dürfte das nicht helfen... 
* Der Psychologe Michael Thiel hat gerade ein Buch unter dem Titel „Deutschland, einig Jammerland: Warum uns Nörgeln nach vorne bringt“ veröffentlicht.


NACHTRAG:



Die späte Einsicht des Dchungel-Langhans:


Quelle Blick


Rainer Langhans hats nicht leicht: Erst wählen ihn die Zuschauer aus dem Dschungelcamp, dann zieht auch noch seine Ex Uschi Obermaier über ihn her, bezeichnet ihn als Witzfigur. Jetzt fühlt sich der Alt-Hippie von RTL betrogen:


«Das ist abstrus, was die draus machen. Eine billige Zoff-, Läster- und Ich-weiss-nicht-was-Krawall-Show!»
Der Sender zeige gar nicht, wie die Gruppe dort lebe und beeinflusse die Wahl zum Dschungelkönig «gewaltig». Ausserdem hätten die Verantwortlichen aus Langhans einen Langweiler gemacht. Ein RTL-Sprecher meinte dazu trocken: «Hätten wir die Aktivitäten von Rainer nur abgefilmt, hätte die Show wohl nicht über 8 Mio. Zuschauer.»


Kommentar: Damit bestätigt der RTL Sprecher, um was es eigentlich geht:
Um Einschaltquoten!!!