Samuel Schmid bricht das Schweigen
Zu spät tritt Samuel Schmid doch noch vor die Presse.
Nur deshalb, weil Roland Nef auch geredet hat. Ein sonderbares Kommunikationsmanagement. Konkrete Botschaften hatte Schmid keine. Botschaften, die überzeugen konnten. Dass er sich hinter den Chef Armee stellt und den Medien die Schuld zuweist ist keine Kernbotschaft, die den Medienwirbel hätten beruhigen können.
Der Verteidigungsminister verpasste seine Chance und verstärkte mit seinem diffusen Auftritt die Kommunikationskrise im VBS
Ich zitiere Blick-online:
Statt Transparenz und Zugeständnis : Schuldzuweisung und Beschönigungen:
Was mit Roland Nef in den vergangenen Tagen geschehen sei, verurteile er, tadelt Schmid. «Medien haben eine Kontrollaufgabe. Das garantiert die Verfassung. Aber sie haben auch eine Verantwortung.»
Und die verletzen die Medien – in Schmids Augen. Weil sie Fragen nach der Integrität «seines» Armeechefs, Fragen nach Schmids eigener Verantwortung stellen.
Der VBS-Chef will das endlich abstellen. Doch seine einstündige Pressekonferenz beweist vor allem eins: Samuel Schmid wollte Roland Nef so sehr als Armeechef haben – dass er die Sorgfalt beiseite liess. Dass er gar nicht erst wissen wollte, wie genau Nef seiner Ex-Freundin nachgestellt hatte. Dass er den Bundesratskollegen nichts von der Anzeige sagte, die Lynn S.* gegen Nef eingereicht hatte.
Der künftige Armeechef wurde beschuldigt, seine Ex mit Wutanfällen, hässlichen Mails und SMS geplagt zu haben. Die Polizei konfiszierte seine Computer. Zog vielleicht gar seine Armeewaffe ein. Doch der VBS-Vorsteher will darüber lieber nichts wissen: «Ich weiss nicht, ob das stimmt», sagt er noch heute über Dinge wie Roland Nefs Zahlung von Schmerzensgeld. Etwas, das Nef selber bestätigt.
Kommentar:
Statt Antworten hörte ich vor allem Weichspüler und ausweichende Antworten. Samuel Schmid konnte nicht begründen:
Warum er das Sicherheitsrisiko Nefs nicht vor dem Wahlvorschlag machen liess.
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Weshalb er die Akten "Stalking" nicht einsehen wollte (Aufhebung der Immunität)
Weshalb er den Bundesrat über die Untersuchung seines angeschuldigten Kandidaten nicht informiert hatte. Für Schmid war dies nur ein kalkulierbares Risiko.
Schmid wich aus, stellte Gegenfragen oder wählte die Methode der "Airbagrhetorik". Er sprach viel und sagte eigentlich nichts - nur warme Luft.
Ich bin sicher: Der Auftritt hat ihm und Nef geschadet. Es war kein Befreiungsschlag. Im Gegenteil: Die Geschichte ist nun noch diffuser, ist noch unklarer und geht bestimmt weiter. Wer vor die Medien tritt, müsste die Chance eines Medienauftrittes vorbereiten und nutzen!
Schmid weiss vielleicht: Er kann sich weitere Flops und Pannen leisten. Im Bundesrat wird er bestimmt trotz aller Mängel Rückendeckung haben. Denn der Bundesrat kann es sich nicht leisten - nach der Abwahl Blochers - der SVP indirekt Recht zu geben und eingestehen, dass Schmid Führungsprobleme und Kommunikationsprobleme im VBS hat (Er liess sich beispielsweise am Tag der Beerdigung beim Kanderdrama mit zwei schönen Frauen ablichten.) Gefährlich wird es vielmehr für Nef. Seine Glaubwürdigkeit wird heute von Politikern aus allen Parteien in Frage gestellt. Das könnte Folgen haben.
Unsere Prognose bewahrheitet sich: Wer in Krisensituationen nicht offen und transparent informiert macht ein Eigencoal. Weil Armeechef Nef bunkert, bohren die Medien nach. Und siehe: Sie werden fündig:
Aus 20 Minuten:
Affäre Nef
Nefs Anwalt widerspricht seinem Mandanten
Neue Unklarheiten im Fall Nef: Die ehemalige Lebensgefährtin hat die Desinteresse-Erklärung gemäss Nef-Anwalt Bernhard Rüdy erst nach der Wahl von Roland Nef zum Armeechef unterzeichnet.
Armeechef Roland Nef hatte dies am Donnerstag noch verneint.
Die Medien teilen unsere Analysen:
Medienspiegel nach blick-online:
Von "Sämi Prinzip" ist bereits die Rede:
Die Presse ist sich einig:
Bundesrat Schmid handelte alles andere als souverän. (Keystone)
Nicht nur bei den Parteien hat Bundesrat Schmid bei der Pressekonferenz gestern wenig überzeugt. Die Zeitungskommentatoren kritisieren, dem VBS-Vorsteher habe bei der Ernennung von Roland Nef
das Gespür für die politische Brisanz des Falles gefehlt.
Es erstaune, wie locker Schmid mit dem Verfahren wegen eines Streits zwischen Nef und seiner Ex-Partnerin umging, schreibt «Der Bund» am Samstag. «Gerade weil sich die Armee immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert sieht, sie fördere eine Macho-Mentalität, hätte er reflexartig darauf pochen müssen, von Nef das Wesentliche zu erfahren.»
Für den «Landboten» war das «kalkulierbare Risiko», wie Schmid Nefs Nomination am Freitag bezeichnet hatte, schlicht fahrlässig. «Einem alten Politfuchs wie Schmid hätte die Warnlampe aufleuchten müssen, dass bei einem Mann, der die Funktion des Armeechefs übernimmt, möglicherweise auch eine ‹rein private Angelegenheit› irgendwann politische Implikationen haben kann.»
«Mit Verlaub, das war ein Hochrisikounterfangen», meint auch die «Berner Zeitung». Schmid habe es nicht einmal für nötig erachtet, bei Nef nachzufragen, worum es beim Rechsstreit mit der Ex- Partnerin genau ging.
Jagdstimmung angestachelt
Der «Tages-Anzeiger» deutet Schmids Verhalten gar als
«Sämi-Prinzip»:
«Nichts sehen, nichts sagen und warten, bis es vorüber ist.» Das Tragische sei, dass sich dies zu lohnen scheine: Schmid habe bereits angedeutet, dass ihm der Bundesrat kaum die Leviten lesen werde.
Für «Le Temps» hat die Affäre Samuel Schmid weiter geschwächt.
«In seiner Unfähigkeit, die Krise zu meistern, hat er das Feuer nur noch mehr angeheizt.» Das sieht auch das «St. Galler Tagblatt» so: «Mit seinem Auftritt hat Bundesrat Schmid die Jagdstimmung der Medienmeute eher wieder angestachelt.»
Gar ein «Beresina» droht dem VBS-Vorsteher laut «24 Heures» und «Tribune de Genève». Schmid habe sich mit dem Plädoyer für seinen «Klienten» Nef selber belastet. Auch die beiden Westschweizer Zeitungen werfen dem Bundesrat vor, sich einzig auf Nefs Worte verlassen.
Differenzierter kommentierte die «Neue Zürcher Zeitung». Schmid habe einige Fragen «mit valablen Argumenten» klären können. So sei die Armee nie Gefahr gelaufen, von einem obersten Chef kommandiert zu werden, der in ein Strafverfahren verwickelt oder gar verurteilt sei.
«Weniger schlüssig» waren für die NZZ aber Schmids Erklärungen dafür, warum er den Bundesrat nicht über das laufende Verfahren gegen Nef ins Bild setzte – «es gab kaum gewichtige Argumente gegen die Schaffung voller Transparenz.»
Kommentar: Obwohl Samuel Schmid mit der Unterstützung des Bundesratskolegiums rechnen kann und aus der jetzigen parteipolitischen Situation im Bundesrat profitieren wird (er könnte sich noch viele weitere Fehler leisten und muss mit keinen harten Konsequenzen rechnen), so hat doch seine Marke, seine Glaubwürdigkeit erheblich gelitten. Sein kommunikatives Fehlverhalten wird aber dem Armeechef schaden und ich gehe davon aus. Nef müsste sich darauf vorbereiten, dass er über die Klinge springen muss.
So wie Korpskommandant Knutti im im Fall Kanderunglück überraschend schnell geopfert wurde (Er hatte bei der Beförderung einen Formfehler gemacht) - so wird Armeechef Nef damit rechnen müssen, dass auch er mit analogem Massstab gemessen werden wird und ihm schwere Tage bevorstehen.
Nachtrag: Wie vermutet werden in der Sonntagspresse pikante Details publik:
Quelle "SonntagsZeitung", aus 20 Min-online:
Affäre Nef
Bislang war unklar, weshalb Armeechef Nef von seiner Ex-Partnerin wegen Nötigung angeklagt worden ist. Jetzt kommen Details ans Tageslicht: Nef soll Sexinserate dazu benutzt haben, andere Männer auf seine Expartnerin zu hetzen. Bundesrat Schmid wusste davon, im Widerspruch zu seiner Erklärung vom Freitag. Mehr...