Donnerstag, 16. März 2017

Abitur für alle?

Oder: Das Recht auf einen Abiabschluss?

Immer mehr Schüler wollen studieren und für immer mehr Unternehmen ist das Abitur eine Voraussetzung für eine „normale“ Ausbildung. Kein Wunder, dass Eltern ihre Sprösslinge frühzeitig auf das Abitur einschwören, koste es, was es wolle.
Für viele scheint es eine Erziehungskatastrophe zu sein, wenn das Kind nicht auf dem Gymnasium landet.

Hier geht es primär um Show, weniger um Inhalte

Experten haben sich in Hamburg die Abituraufgaben in Mathematik angesehen. Ihr Fazit ist eindeutig: Von 2005 bis 2013 gibt es einen klaren Abstieg in den Anforderungen. In Biologieaufgaben wird Lernstoff schon im Klausurtext mitgeliefert.
Und in Berlin wurde vor ein paar Jahren in der Oberstufe der Maßstab verändert: Schüler erhalten nun bereits bei 95 Prozent eine 1+ (15 Punkte). Darüber hinaus wurde in vielen Bundesländern die „Präsentationsprüfung“ eingeführt.
Lehrer halten sie für keine „richtige“ Abiturprüfung. Hier gehe es primär um Show und weniger um Inhalte. Und weil bei diesem Prüfungsformat die meisten Schüler gut abschneiden und kaum einer durchfällt, hebt es am Ende den Abi-Schnitt an.

Defizite in Orthografie und Rechnen

Andererseits steht außer Frage, dass das Präsentieren heutzutage mehr denn je zu den Basics gehört: Inhalte strukturiert und anschaulich darzubieten, ist eine wichtige Kompetenz - in der Wirtschaft und in der Wissenschaft.
Aber Uni-Professoren und Personalchefs befürchten, dass andere Kompetenzen stattdessen auf der Strecke bleiben.
Sie beklagen die zunehmenden Defizite in Orthografie und in elementaren Rechentechniken. „Wie sind denn Ihre Schüler durch die Abi-Klausur gekommen?“, fragte kopfschüttelnd ein Dozent.

„Irgendwann dürfen wir im Abi twittern“

Ganz einfach: Man kann mit einer Fünf in der Mathe-Prüfung durchaus das Abitur erreichen. „Und der Fehlerquotient im Deutschen?“ Ist abgeschafft oder wird pauschal mit „sprachlicher Qualität“ vermengt.
In Hessen nahm das Bildungsministerium 2016 in der Oberstufe die Abwertung von Klausuren bei sprachlichen Mitteln zurück.
„Irgendwann, ich sag’s Ihnen“, meinte ein Schüler neulich zu mir, „irgendwann dürfen wir im Abi twittern.“ Sprachliche Inkompetenz first.

KOMMENTAR: Wenn die Anforderungen zurückgeschraubt werden, führt dies zu einer Abwertung der Maturität.
Das Abi ist dann nichts mehr wert.
Lehrkräfte, die im Interesse derKinder die Noten frisiert hatten, damit sie Schüler eine Lehrstelle bekommen, schaden sich langfristig.
Die Betriebe nahmen die Noten nicht mehr ernst und prüften die Kandidaten in der Probezeit mit eigenen Prüfungen.
Wenn jedes Kind ein Recht auf einen Hochschulabschluss hätte, würde diese Ueberakademisierung dazu führen, dass auch Taxichauffeure mit einem Hochschulstudium ihr Geld verdienen müssen.
Die Abwertung von Prüfungen rächt sich früher oder später.
 

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