Samstag, 7. Dezember 2013

Auch das "Verzichten können" und das "Durchstehvermögen" müssten Kinder lernen!

So wurden Kinder zu Narzisten und Egomanen

 

Nach Michael Winterhoff, Jugendspsychiater, tun die Eltern mit Ihrer aufopfernden Liebe ihren Kindern keinen Gefallen. Bereits mit seinem letzten Buch "Warum werden Kinder zu Tyrannen" löste er eine heftige Erziehungsdebatte aus. Laut Winterhoff hat sich seither die Situation in den Augen des Autors und Arztes sogar weiter verschärft.
Die Kinder dominieren in zunehmendem Masse in der Gesellschaft. Sie werden nicht mehr zurechtgewiesen. Die Eltern sehen im Kind einen Teil der eigenen Persönlichkeit und können somit die Spannungen in der Beziehung nicht ertragen. Sie lesen ihren Kindern jeden Wunsch von den Augen ab und versuchen ihnen möglichst alle Wünsche zu erfüllen.


Wenn sich jedoch alles um ein Kind dreht,  wird seine Entwicklung gebremst. Die emotionale und soziale Psyche wird nicht mehr ausgebildet. Die Kinder werden lebensuntüchtig und beziehungsunfähig. Soziale Bindungen sind aber notwendige Voraussetzung, damit Menschen miteinander klarkommen.
Wenn Eltern Kindern nicht mehr lernen, auf Wünsche verzichten zu können, kommt es zu einem Entwicklungsdefizit. Es fehlt die Frustrationstoleranz und das Unrechtsbewusstsein wird nicht entwickelt. Die Empathie fehlt.  Kindern die auf nichts mehr verzichen können, sehen sich dauernd als Opfer. Alles muss sich um das Erfüllen Ihrer Bedürfnisse kümmern.
Die sogenannte Schulreife zeigte sich früher bei den Erstklässern, wenn sie vier Stunden lang auf einem Stuhl sitzen konnten und gelernt haben, Anforderungen zu akzeptieren und zuzuhören. Wer aber lustorientiert - im Moment lebt - meidet jegliche Anstrengung.
Wie kann ein Schulstoff erworben werden, wenn man nie gelernt hat, still zu sitzen und etwas zu tun, worauf man derzeit keine Lust hat? 



 

Das  Entwicklungsdefizit verunmöglicht dem Kind, die Intelligenz auszuschöpfen.
Die derzeitige imbefriedigende Situation müsste ernst genommen werden. Nach Winterhoff gab es 1995 pro Klasse zwei auffällige Schüler. Heute ist es umgekehrt. Es sind zwei die unauffällig sind. Das ist für ihn besorgniserregend.

Was hat sich in den letzten Jahren verändert?

Winterhoff erwähnt die gesellschaftlichen Veränderungen und den technischen Fortschritt. Der Computer veränderte sehr viel. Auch die Erwachsenen sind derzeit meist überfordert. Viele wissen  nicht mehr was sie eigentlich im Leben wollen.
Weil wir nicht mehr in der Lage sind, Freude und Zufriedenheit zu verspüren, wird stellvertretend die Freude  der Kinder zur eigenen Zufriedenheit gemacht. Erziehende denken und  fühlen durch das Kind.

Eltern wollen ihren Kindern vermeintlich Gutes tun, indem sie sich ständig um deren Bedürfnisse kümmern.
Lehrer, Eltern, Lehrer und Grosseltern wollen unbedingt von den Kindern geliebt werden. Dies führt zu einer Machtumkehr: Der Erwachsene ist bedürftig und braucht das Kind, um dessen Bedürfnis zu stillen.

Was wäre wichtig?

Erwachsene müssten in sich ruhen. Das überträgt sich aufs Kind. Doch dies ist heute selten der Fall. Die meisten Erwachsenen sind dauergestresst.
Ferner dürfen wir Selbständigkeit und Selbstbestimmung nicht verwechseln. Wir arbeiten zwar selbständig, sind aber immer wieder fremdbestimmt (durch die Familie  und den  Beruf)
Wenn ein Kind nicht lernt, dass es auch fremdbestimmt ist, dass es sich auf eine Situation oder ein Gegenüber einstellen und anpassen muss, wird es im Leben mit anderen Menschen nicht klarkommen. In Oesterreich soll es in Kindergärten allen Ernstes Kindern möglich sein, dass sie jederzeit individuell das Trinken und Essen beziehen können. Dies im Glauben, dies fördere die Individualität, weil jeder Mensch zu einem anderen Zeitpunkt Hunger oder Durst habe. Eigentlich ist diese Einstellung völlig absurd.

Autorität und Hierarchie wurden ausgeblendet

Die Negierung jeglicher Autorität oder Hierarchie basiert auf der irrigen Vorstellung, dass man einem Kind auf Augenhöhe nur alles genug lang erklären muss, damit es arbeitet. Entwicklungspsychologisch kann das nicht funktionieren, weil man so dem Kind Erwachseneneigenschaften abverlangt.

Die Auswirkungen dieser Haltung sind verheerend. Es gibt bereits viele Firmen, die finden für ihre Ausbildung kaum noch Jugendliche, weil diese zu hause und in der Schule nie gelernt haben, auf die Zähne zu beissen. Der Umgang mit Autorität oder Kritik wirft sie sofort aus der Bahn.
Wenn wir nicht sofort  Gegensteuer geben, muss die Gesellschaft später die Zeche bezahlen.

Was tun?

1. Die Symbiosebeziehung lösen.




2. Kinder zur Ruhe kommen lassen. Ein paar Stunden allein arbeiten lassen -  ohne Ablenkung - ohne Handy.

 

3. Das Kind muss lernen, dass es einen Unterschied gibt zwischen Menschen und Gegenständen.

6. Kinder müssen lernen, längere Zeit sich auf eine Tätigkeit zu konzentrieren.




Der Mensch reagiert nämlich nicht auf Knopfdruck.

Quelle: M. Winterhoff: SOS Kinderseele, Bertelsmann, München 2013

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