Junge SVP duscht «Sommaruga» und «Leuthard» kalt ab
Die
Junge SVP hat ein Video veröffentlicht, das die Alt-Bundesrätinnen
Leuthard und Sommaruga bei einer kalten Dusche zeigen soll. Eine
Grenzüberschreitung? Ein Kommunikationsberater ordnet ein.
Stefan Michel
2.6.2023
Das Video hat ohne
Zweifel Zündstoff: Zwei Damen, aufgrund diverser Hinweise als «Doris
Leuthard» und «Simonetta Sommaruga» erkennbar, steigen zusammen unter
eine Gemeinschaftsdusche.
Unter dem offensichtlich
kalten Wasser schlottern sie erbärmlich. Daraufhin treten die beiden
Co-Präsidenten der Jungen SVP ins Bild, drehen zuerst das warme Wasser
auf und rufen dann im Off zu einem Nein zum Klima-Gesetz auf, während
sie grimmig in die Kamera blicken.
Zwei
Doubles, die die Alt-Bundesrätinnen nackt unter der Dusche verkörpern,
auch wenn nichts wirklich Anstössiges zu sehen ist, sind grenzwertig.
Schon der Aufruf der Jungen SVP, mit dem sie Darstellerinnen für den
Film suchte, sicherte ihnen Aufmerksamkeit.
«Eher zu wenig Provokation als zu viel»
Marcus
Knill, Kommunikationsberater, Dozent und Fachbuchautor, ist nicht
beeindruckt. «Ich hätte mehr Provokation erwartet», meint er, nachdem er
das Video gesehen hat. Gerade der Jungen SVP lasse die Allgemeinheit
mehr durchgehen als der SVP. Das Gleiche gelte für die Jungen Grünen und
die Juso.
Marcus Knill
Knill + Knill Kommunikationsberatung
Marcus Knill hat zu Kommunikations- und Rhetorikfragen publiziert
und doziert. Spitzenbeamte, Sportlerinnen und Sportler haben
Medientrainings bei ihm genossen.
Feststeht für
Knill aber, dass die Junge SVP mit dem Video provozieren will. Sobald
Medien berichten und die Menschen über eine Provokation sprechen, hätten
deren Urheber ihr Ziel erreicht.
Eine Grenzüberschreitung
sieht er im Video nicht. «Die beiden Damen gleichen Frau Sommaruga und
Frau Leuthard ja nicht einmal», urteilt er. Er gibt dem Video deshalb
wenig Chancen, einen Sturm der Entrüstung und damit die gewünschte
Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Einige Medien ignorieren das Dusch-Video
Ganz
so erfolglos ist der Duschfilm allerdings nicht. Einige grosse
Medienportale haben das Video bereits veröffentlicht. Damit hat die
Junge SVP das Schlimmste abgewendet, das ihr laut Marcus Knill hätte
passieren können: dass niemand über ihre Provokation spricht.
Es ist aber auch offensichtlich, dass andere grosse Medien dem Video keinen Platz auf ihren Portalen gewähren.
Eine
vergebene Chance sieht der Kommunikationsexperte am Ende des Videos.
«Da hätte eine Person aus dem Volk hingehört, die lautstark kundtut,
dass sie nicht zu zweit kalt duschen wolle und darum Nein zum
Klima-Gesetz stimme.» Die zwei JSVP-Co-Präsidenten hingegen haben laut
Knill nicht die gleiche Wirkung. «Die Geschichte ist nicht gut zu Ende
erzählt. Ich glaube nicht, dass man die Leute damit hinter dem Ofen
hervorholt.»
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